Fußball Fairness ist wichtig

Am Wochenende beginnt die Rückrunde im Fußball. Ein Interview mit Magdeburgs Schiedsrichterobmann Marco Uhlmann.

21.02.2017, 04:00

Magdeburg l Im Mittelpunkt des Interviews, welches Volksstimme-Sportredakteur Roland Schulz führte, stehen Fragen rings um die Schiedsrichter, die Woche für Woche den Spielbetrieb von den Männern bis runter zum Nachwuchs absichern.

Reicht die vorhandene Zahl an Schiedsrichtern zur Absicherung des Spielbetriebes?

Marco Uhlmann: Bereits seit mehreren Jahren sind wir nicht mehr in der Lage, Schiedsrichter für sämtliche Spiele anzusetzen. Aktuell haben die Vereine der Stadt Magdeburg 106 Schiedsrichter gemeldet. Sie leiten Woche für Woche Spiele von der 3. Liga (Felix-Benjamin Schwermer) bis zur Stadtklasse der D-Junioren.

Die Zahl der Schiedsrichter hört sich doch zunächst gut an?

Sicher, jedoch ist der überwiegende Teil der gemeldeten Schiedsrichter nur in begrenztem Umfang einsetzbar. Es zeichnet sich ein deutlicher Trend ab, dass die Vereine zunehmend Schiedsrichter melden, die auch noch als Spieler oder Trainer aktiv sind. Die vielfältigen Interessen und die hohe schulische Belastung der jugendlichen Schiedsrichter führen zu immer mehr Abmeldungen dieser Sportfreunde. Von den 106 gemeldeten Schiedsrichtern sind lediglich 45 Sportfreunde uneingeschränkt einsetzbar.

Was erschwert dem Ausschuss die Arbeit?

Zunächst ist wichtig: Ohne diese Sportfreunde, die am Wochenende teilweise drei und mehr Spielaufträge übernehmen, wäre uns die Absicherung des Spielbetriebs im Herrenbereich nicht möglich. Erschwert wird unsere Arbeit zusätzlich durch die vermehrten Ansetzungen von Nachwuchsspielen an Sonnabenden.

Was muss aus Ihrer Sicht in den Vereinen besser gemacht werden?

Es steht mir nicht zu, mich in die Arbeit der Vereine einzumischen. Aus meiner Sicht wird in den Vereinen eine gute Arbeit geleistet. Ich bin froh, dass sich so viele Sportfreunde in den Vereinen ehrenamtlich engagieren.

Besteht dabei aber nicht auch Potential zur Optimierung?

Ja, daher ist es wichtig, dass die Vereine ihrer Pflicht zur Meldung von einsatzfähigen Schiedsrichtern in einer ausreichenden Anzahl nachkommen. Während der 1. FC Magdeburg, der SV Fortuna und TuS 1860 beispielsweise neun bzw. zehn Schiedsrichter gemeldet haben, stellen Vereine wie der KSC Blau-Weiß, SV Inter, SKV MeriDian, SV Eintracht und MSV 90 Preussen bereits über mehrere Jahre hinweg überhaupt keine Schiedsrichter.

Es fällt auf, dass wenige ehemalige Spieler den Weg in die Schiedsrichtergilde finden?

Das stimmt und ist schade. Es wäre gut, wenn sich in Zukunft da etwas ändern würde.

Was bereitet Ihnen zudem noch Schwierigkeiten?

Mit großer Sorge betrachten wir, dass immer mehr Schiedsrichter in den ersten zwei Jahren ihre Tätigkeit wieder beenden, dies mit der Angst vor Anfeindungen von außen begründen. Es ist erschreckend, dass junge Schiedsrichter wegen verbaler Ausfälle von Beteiligten und Zuschauern, besonders im Nachwuchsbereich, Angst vor Spielleitungen haben. Eltern gewähren ihren Kindern das Recht, das Fußballspielen zu erlernen und Fehler zu machen, gestehen dies dem jungen Schiedsrichter jedoch nicht zu.

Was muss passieren?

Ich appelliere in dieser Hinsicht mit Nachdruck an alle am Fußballspiel Beteiligten, sich sportlich fair gegenüber Spielern und Schiedsrichtern zu verhalten.

Was kann der Verband besser machen?

Um wieder mehr Zeit in die Schiedsrichterwerbung und –haltung investieren zu können, hat sich der Magdeburger Schiedsrichterausschuss zum 1. Januar des Jahres neu aufgestellt. Ein neu integrierter Sportkamerad wird vorrangig Aufgaben im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen und als Ansprechpartner für die Vereine in allen Fragen rund um die Schiedsrichtertätigkeit fungieren.

Wie sieht die Betreuung der jungen Schiedsrichter aus?

Sehr gern würden wir und viele andere erfahrene Schiedsrichter sehr viel mehr Zeit in das Coaching unserer jungen Schiedsrichter investieren. Ohne dass die Vereine eine ausreichende Anzahl an uneingeschränkt einsetzbaren Schiedsrichtern melden, leidet das Coaching jedoch zugunsten der Absicherung des Spielbetriebes. Dringend gefordert ist der Verband in der Koordinierung der Spielpläne. Wenn sich die Tendenz der zunehmenden Ansetzung der Nachwuchsspiele am Sonnabend fortsetzt, werden noch weniger Spiele besetzt werden können.

Es gibt Vereine, die beklagen seit Jahren eine Abwerbungskultur von Schiedsrichtern. Wie steht der Schiedsrichterausschuss dazu?

Wie bereits erwähnt, wird sich der Schiedsrichterausschuss nicht in die Arbeit der Vereine einmischen. Dass Vereine vermehrt Schiedsrichter von anderen Vereinen abwerben, können wir nicht bestätigen. In den letzten fünf Jahren haben zum Saisonbeginn nur vereinzelt Schiedsrichter den Verein gewechselt. Das Recht, Mitglied in einem Verein zu sein, welcher die Schiedsrichter in das Vereinsleben einbindet, deren Arbeit wertschätzt und ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Schiedsrichter hat, sollte und muss jedem Schiedsrichter zugestanden werden.

Wie stehen Sie dazu, dass Vereine auf freiwilliger Basis Schiedsrichter nach den Spielen noch beköstigen?

Ich finde dies eine tolle Geste der Vereine, die hierzu selbstverständlich nicht verpflichtet sind. Als Schiedsrichter zeigen mir solche Gesten der Vereine deren Wertschätzung für die Leistungen der Schiedsrichter. Ich bin den Vereinen, die den Schiedsrichtern, die für ein Spiel fünf und mehr Stunden unterwegs sind, nach Spielende noch einen Snack anbieten, sehr dankbar.

Was halten Sie von einem Vorschlag, bei Schiedsrichter-Vereinswechseln ähnliche Modalitäten wie bei Spielerwechseln zu erarbeiten und anzuwenden?

Wir haben uns im Schiedsrichterausschuss mit dieser Thematik bisher nicht beschäftigt. Die bereits angeführte geringe Anzahl von Vereinswechseln lässt uns die Notwendigkeit einer solchen Regelung auch nicht erkennen. Darüber hinaus enthält die geltende Spielordnung bereits eine Regelung zum Vereinswechsel von Schiedsrichtern.

Wer kann Schiedsrichter werden? Was muss er dazu tun?

Alle Sportfreundinnen und Sportfreunde, die Spaß und Freude am Fußball haben und mindestens zwölf Jahre alt sind, können Schiedsrichter werden. Unsere Ausbildungslehrgänge dauern ca. vier bis sechs Wochen. In dieser Zeit treffen sich die Teilnehmer vier bis fünf Mal. Zwischen den Treffen erlernen sie die Fußballregeln im Selbststudium. Hierfür ist ein privater PC/Laptop und ein Internetzugang notwendig. Wer gern an einem solchen Lehrgang teilnehmen möchte, sendet einfach eine E-Mail an sr-ausschuss@sfv-md.de oder meldet sich bei seinem Verein.