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Handball Vom SC Magdeburg nach Island

Phil Döhler, ehemaliger Torhüter der Youngsters des SC Magdeburg, spielt mittlerweile für Hafnarfjördur.

Von Anne Toss 05.10.2019, 01:01

Magdeburg/Hafnarfjördur l Als Phil Döhler in seiner ersten eigenen Wohnung im isländischen Hafnarfjördur stand, da sickerte langsam die Gewissheit durch seinen Körper, dass das jetzt real ist. Real, und von Dauer. Oder wie er sagt: „Du bist jetzt hier. Und so schnell kannst du nicht mehr weg.“ Will Döhler aber auch gar nicht. Der 24-Jährige, der vergangene Saison noch für die Youngsters des SC Magdeburg aufgelaufen ist, lacht dabei laut am Telefon. Er freut sich. Über seine Wohnung, „denn im Hotel hatte ich nicht das Gefühl, dass das jetzt mein Zuhause ist“. Und über seinen Schritt ins Ausland, der für ihn keine Endstation, sondern viel mehr ein Sprungbrett sein soll.

Schon 2018, erzählt er, hatte er ein „halbes Angebot“ aus Island vorliegen. Er entschied sich aber dagegen, wollte noch in der Nähe seiner Mutter, die bei Halle wohnt, bleiben. Die zweite Mannschaft des SCM passte also optimal, nur war das Engagement von Beginn an absehbar. Das Nachwuchsteam definiert sich als Kaderschmiede, es gilt daher eine U-23-Regelung, wodurch ältere Spieler automatisch rausfallen.

Nach dem Intermezzo in Magdeburg war es dann übrigens ausgerechnet die Mutter von Döhler, die den Wechsel ins Rollen brachte. „Ein Freund von ihr ist Spielerberater und über ihn ist der Kontakt zu den Vereinen zustande gekommen“, sagt Döhler. In einer Probewoche stellte er sich bei drei Clubs auf Island vor – bei FH Hafnarfjördur passte es letztlich für beide Seiten.

Seit rund acht Wochen lebt und trainiert Döhler nun in „der Stadt im Lava“, wie Hafnarfjördur genannt wird. Mit dem typischen, isländischen Winter-Wetter – „kalt, windig, Regen“ – muss er sich noch anfreunden. „Ich dachte ja immer, dass es mich mal in ein wärmeres Land verschlägt“, sagt er und lacht, „denn dass ich eine Auslandserfahrung unbedingt machen wollte, dass war schon klar, seit ich mein Abitur in der Tasche habe.“

Dass der 24-Jährige keine spontane Eingebung hatte, sondern er die Entscheidung wohl überdacht hat, wird unter anderem klar, wenn er über seine Ziele spricht. Denn ganz vorn steht weiterhin, im Profi-Handball Fuß zu fassen. „Die Überlegung ist doch, dass Island gerade einmal knapp über 300.000 Einwohner hat“, berichtet Döhler, „und trotzdem schaffen es Isländer in andere Ligen, spielen in der Champions League.“ Für ihn ein Zeichen dafür, „dass das Land, so würde ich doch meinen, ein Sprungbrett für eine internationale Karriere sein kann“.

Immerhin bietet es ihm im Moment schon die Chance, international aufzulaufen. Im EHF-Pokal hat seine Mannschaft die erste Qualifikationsrunde überstanden. Gegner war der HC Vise. „In dem ersten Spiel in Belgien war ich supernervös, so ging es mir schon lange nicht mehr. Erst nach 20 Minuten habe ich das ablegen können“, erinnert sich Döhler.

Setzt sich sein Verein jetzt im Oktober auch in der zweiten Runde gegen die Norweger von OIF Arendal Elite durch, dann wäre ein Aufeinandertreffen mit einer deutschen Mannschaft möglich. Übrigens auch mit dem SC Magdeburg. „Das habe ich schon so oft gehört“, sagt Döhler und lacht, „mal sehen, ob es klappt.“

Einer säße dann auf jeden Fall im Publikum. Youngsters-Kapitän Justus Kluge verfolgt die Wege seines ehemaligen Kollegen jedenfalls genau. „Das ist einfach eine verrückte Sache, da denkt man ja im Leben nicht daran, dass jemand nach Island wechselt“, erzählt Kluge. „Ich ziehe meinen Hut vor der Entscheidung. Das ist mit Sicherheit ein Mehrgewinn für ihn – und er kann es gleich noch mit einem Abenteuer kombinieren.“

Abenteuerlich ging es bei Döhler bislang zwar nicht zu. Aber die ersten Wochen hatten es für den Torhüter trotzdem ganz schön in sich. „Wir hatten jeden dritten Tag ein Spiel“, erzählt er und betont: „Der krasseste Unterschied zu Deutschland ist ja, dass meine Teamkollegen fünf Tage die Woche arbeiten. Und trotzdem topfit sind. Das ist wirklich beeindruckend.“

Für Phil Döhler eine vollkommen fremde Welt – in die er jetzt selbst eintaucht. Denn neben dem Handball arbeitet er acht Stunden täglich als pädagogische Hilfskraft an einer Schule. „Da kann ich also gleich mit den Grundschülern Isländisch lernen“, berichtet er.

Nur strengt der Job eben auch an. „Ich falle jetzt schon früh in die Federn, gehe teilweise mit schweren Beinen ins Training. Und dann heißt es noch einmal, zwei bis drei Stunden durchhalten“, berichtet Döhler.

Allerdings: „Die Kinder kennen mich mittlerweile natürlich alle. Und wenn wir erfolgreich waren, kommen sie am nächsten Tag gleich an und gratulieren“, erzählt der Torwart. Dafür lohnt sich dann eben auch Döhlers doppelter Einsatz.