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Rudern Der schönste schlimmste Tag

Die U-19-Athleten des SC Magdeburg sind in die Nationalmannschaft gerudert. Der Traum von der EM ist trotzdem geplatzt.

Von Daniel Hübner 02.09.2020, 18:56

Magdeburg l Wenn ein Trainer sein Fazit mit dem Satz „Wir hatten schönes Wetter“ beginnt, lässt das keinen guten Verlauf des Gespräches vermuten. Paul Zander hatte allerdings lauter positive Nachrichten zu verkünden. Seine U-19-Ruderer vom SC Magdeburg hatten bei der Ranglistenregatta, der EM-Qualifikation, am Wochenende in Hamburg mehr als überzeugt, sich selbst und den Trainer sogar überrascht mit ihren Ergebnissen. Wie Carlotta Wolff und Leonie Wöllmer, die im Zweier ohne Steuerfrau die Konkurrenz hinter sich ließen. Wie Lena Wölke, die Dritte im Einer wurde, wie Adrian-Nick Bastian als Sechster in dieser Disziplin. Und wie Elena Carius, die mit Rang 15 im Bereich ihres derzeitigen Vermögens ruderte. Die schlechte Nachricht allerdings sollte ganz zum Ende seines Fazits kommen.

Eine Europameisterschaft wird es nämlich nicht geben, nicht für den Deutschen Ruderverband (DRV). Erst wurden die erfolgreichen Athleten für die Nationalmannschaft nominiert, dann wurde die Absage des DRV für einen Start in Belgrad (Serbien) Ende September verkündet. „Das ist für uns der schlimmste Tag“, berichteten Wolff und Wöllmer. Bis zur Nachricht war es noch „der schönste“, nachdem sie vor der Rangliste doch „Angst hatten, dass wir nicht einmal ins Finale kommen“. Stattdessen ruderten sie zum Sieg in 7:40,75 Minuten über 2000 Meter. „Sie sind einen wunderbaren Endspurt gefahren“, freute sich Zander. Und in dem hatten sie sich mit 0,25 Sekunden Vorsprung den Erfolg gesichert.

Doch der Jubel wurde von der DRV-Mitteilung erstickt. „Natürlich sind alle enttäuscht. Die Freude über die Nominierung war groß, ersetzt aber keine reale EM-Teilnahme“, sagte Sabine Tschäge, die Junioren-Bundestrainerin. „Aber die Gesundheit der Athletinnen und Athleten sowie Betreuer hat höchste Priorität“, begründete Sportdirektor Mario Woldt die Entscheidung des Verbandes, den Start in Belgrad wegen der Corona-Pandemie abzusagen. Für Wolff und Wöllmer war es deshalb schlimm, weil sich die Wege der 18- und der 17-Jährigen zur nächsten Saison vorerst trennen, Wolff wechselt in die U 23 und in die Trainingsgruppe von Coach Roland Oesemann.

Das könnte wiederum das Glück der Elena Carius sein, die sich in Hamburg mangels Zweier-Partnerin im Einer durchschlug. Sie wurde Dritte im C-Finale. Und ob der Tatsache, dass sie eigentlich lieber riemt als skullt, „bin ich im Großen und Ganzen mit meiner Leistung zufrieden“, teilte sie mit. Zumal: „Es war von Anfang an klar, dass es für eine EM-Nominierung nicht reichen würde“, meinte die 17-Jährige.

Während Carius im Bereich ihrer Möglichkeiten gefahren ist, fuhr Lena Wölke aufs Podest. „Das hat mich sehr überrascht, damit habe ich nicht gerechnet“, erklärte die Halberstädterin. Sie hatte ihr Ziel nämlich allein mit der Finalteilnahme erreicht. „Schon am Anfang der Saison war es für mich klar, dass ich ins A-Finale rudern möchte, nur hat mir dann Herr Zander aufgezeigt, dass dies gar nicht so leicht werden würde“, berichtete sie.

In Hamburg fuhr sie ganz nach Vorgabe ihres Trainers mutig ins Rennen, „obwohl der Start nicht unbedingt meine Stärke ist“, erklärte die 17-Jährige lächelnd. Als „Küken“ in diesem Endlauf musste sie nur die spätere Siegerin Aurelia-Maxima Janzen (7:54,17) und Luise Bachmann (8:02,11) von Beginn an ziehen lassen. „Aber ich hatte die anderen Mädels im Augenwinkel.“ Wie Rianne Lagerpusch, der sie sich mit Zwischenspurts nach 500 und 1000 Metern erst näherte und die sie dann mit 8:07,46 Minuten beinahe sieben Sekunden hinter sich ließ. „Das war ein schönes Gefühl“, erklärte Wölke stolz.

Eher ein wenig enttäuscht war Adrian-Nick Bastian. „Vor meinem Finale hatte ich mich auf Platz drei oder vier gesehen“, berichtete er. Am Ende ist er Sechster geworden. Mit 7:25,62 Minuten trennten ihn beim Sieg von Paul Leerkamp sechs Sekunden vom Podest. Für seinen Trainer war es indes wichtig, dass der Gerwischer als jüngerer U-19-Jahrgang überhaupt den Endlauf erreicht. Das hatte Bastian ziemlich souverän erledigt, obwohl „ich vor meinem Vorlauf doch sehr aufgeregt war“, berichtete der 17-Jährige. Aber er wollte seinem Coach natürlich auch etwas beweisen. Und er hat bewiesen, dass er Ambitionen hegt, im nächsten Jahr auf den internationalen Zug aufzusteigen.

Denn wengleich die EM nun nicht stattfindet für die jungen DRV-Athleten, hat Sabine Tschäge doch einen guten Hinweis gegeben: „Für viele Athletinnen und Athleten war die Überprüfung eine Bestätigung, dass sie gut drauf sind. Für andere aber auch der Fingerzeig, im nächsten Jahr noch einmal draufzulegen. Ich hoffe, dass sie es alle als Motivation nutzen können.“ Bei welchem Wetter auch immer.