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Fußball Hoffen auf Durchbruch beim VfL

Die Fußstapfen, in die Paul Seguin - Sohn der FCM-Legende Wolfgang Seguin - getreten ist, sind groß.

Von Florian Schulz 27.01.2016, 04:00

Wolfsburg/Stendal l Der 20-Jährige Bundesligaprofi vom VfL Wolfsburg, der aus Stendal stammt, würde die früheren Erfolge seines Vaters natürlich gern toppen - auch wenn das nicht einfach wird. Der ganz große Durchbruch im gut bestückten Erstliga-Kader der „Wölfe“ ist Paul Seguin bislang zwar noch nicht gelungen, aber das soll sich schon bald ändern. Sein enormer Ehrgeiz („Wenn man es nicht will, sollte man es lassen“) brachte den Altmärker einst nach Wolfsburg, nun soll er ihm auch zu mehr Spielpraxis in der Mannschaft von Trainer Dieter Hecking verhelfen. „Wichtig für die Zukunft ist, dass ich mehr spiele und wieder in einen echten Rhythmus komme“, sagt der 20-Jährige selbst. Während er bei den Profis regelmäßig trainiert, schnürt er aktuell zumeist für die U23 des VfL in der Regionalliga Nord die Schuhe.

Das Fußball-Abc erlernte Paul Seguin, der das Talent wohl schon von seinem Vater in die Wiege gelegt bekam, einst beim FSV Lok Altmark Stendal (heute: 1. FC Lok Stendal). Für den Vorzeigeverein der Altmark lief der junge Seguin bereits als Vierjähriger in der G-Jugend auf. „Ich war damals sehr klein und musste immer betteln, damit ich überhaupt spiele“, erzählt der jetzige Profi mit einem Grinsen. Fußball stand beim Talent allerdings schnell über allem. „Etwas anderes wollte ich gar nicht, da passte einfach alles. Ich war schon immer froh, wenn ich einen Ball am Fuß hatte“, so der 20-Jährige, der speziell den Teamgeist in dieser Sportart schätzt. Sein erster Trainer in Stendal hieß Albrecht Strohmeyer. „Früher habe ich noch Stürmer gespielt, doch später wollte ich eher Tore vorbereiten und bin dann ins Mittelfeld gegangen“, verrät Paul Seguin. Seinem Heimatverein ist Seguin auch noch heute für die Ausbildung dankbar. „Ohne Lok wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin“, weiß der Youngster, der in Stendal im Nachwuchs mehrfach Hallenkreismeister wurde. Natürlich sprachen sich auch die Stärken des jungen Altmärkers schnell herum. Der 1. FC Lok Stendal kooperierte mit dem VfL Wolfsburg, einmal pro Woche leiteten die VfL-Übungsleiter Thomas Spöttle und Manfred Mattes Trainingseinheiten der Nachwuchskicker in Stendal. „Da bin ich positiv aufgefallen, und so kam auch schnell der Kontakt zustande“, schildert der Mittelfeldspieler.

Bereits als Gastspieler nahm Paul Seguin mit dem VfL Wolfsburg an Turnieren teil. Und auch dort wusste der junge Stendaler als damals Zwölfjähriger zu überzeugen. Klar, dass die Trainer Spöttle und Mattes alles daran setzten, den Techniker langfristig an den VfL zu binden. Genau dies taten sie dann auch. Seguin ging nach seinem Wechsel nach Wolfsburg, den er 2007 mit zwölf Jahren vollzog, weiterhin in Stendal zur Sekundarschule und fuhr jeden Tag zusammen mit seinem Freund und Teamkollegen Niklas Tille, der mittlerweile in der zweiten Mannschaft des FC Hansa Rostock spielt, mit dem Zug von Stendal in die VW-Stadt. „Ich hatte meist gegen 15.30 Uhr Schulschluss und schon fünf Minuten später ist der Zug abgefahren“, erzählt der 20-Jährige. Die Trainingseinheiten der VfL-D-Junioren begannen entweder 16.30 oder 18 Uhr, so dass der junge Altmärker erst frühestens 20.30 Uhr, manchmal auch erst 22 Uhr, zu Hause war. „Da hatte man auf Schularbeiten natürlich keine wirkliche Lust mehr“, erinnert sich der Youngster, der damals in Wolfsburg noch nicht die Möglichkeit hatte, in das Internat zu wechseln, mit einem Schmunzeln zurück. Dabei wäre Seguin zuvor fast beim 1. FC Magdeburg gelandet. „Eigentlich wollte ich zunächst zum FCM, doch da musste man alles selbst bezahlen. In Wolfsburg ist alles professioneller gestaltet, zudem ist es ein Bundesligaverein. Das hat letztendlich auch den Ausschlag gegeben“, erklärt der Altmärker, der nach eigener Auskunft „gut aufgenommen“ wurde und schnell neue Freunde kennen lernte.

Sechs Jahre lang war es für Paul Seguin und seinen Kumpel Niklas Tille der gleiche Rhythmus. Die beiden Fußballliebhaber kannten die Fahrpläne der Deutschen Bahn wohl schon in- und auswendig bei ihren ständigen Pendeleien zwischen Wolfsburg und Stendal. Rein sportlich gesehen fand sich das Duo aber schnell zurecht bei den „Wölfen“. „Wir haben zunächst immer gegen die Älteren gespielt, technisch waren wir aber ganz sicher nicht schlechter“, denkt der 20-Jährige zurück. Der ist noch heute, obwohl er schon seit gut vier Jahren in Wolfsburg („Das ist eine kleine Stadt, in der man alles hat, was man braucht“) wohnt, einmal wöchentlich zu Gast in seiner Heimatstadt, die nur eine Autostunde entfernt ist. „Ich fühle mich in Stendal noch immer sehr wohl, gerade im Kreise meiner Familie“, verrät der Youngster. Der hat in dieser Saison auch schon mehrere Heimspiele der Verbandsliga-Herren des 1. FC Lok Stendal um Trainer Sven Körner im „Hölzchen“ begutachtet. „Sie haben schon eine klare Spielidee“, hat Paul Seguin erkannt, der sich für die Mannen um Kapitän Philipp Groß den Aufstieg in die Oberliga („Es wäre schön, wenn sie wieder höherklassig spielen würden“) und mehr Sponsoren zur Unterstützung wünschen würde. Beim VfL bietet sich für Seguin natürlich eine andere Welt. „Das ist mit Stendal nicht zu vergleichen. Die Trainer haben sich damals zwar auch immer Mühe gegeben, dass wir Spaß hatten, doch in Wolfsburg wird gerade auf die Disziplin natürlich weitaus mehr Wert gelegt“, erzählt der Youngster, der anfangs nebenbei auch noch einmal wöchentlich im Stendaler Stützpunkt trainierte.

In Wolfsburg erkämpfte sich Paul Seguin seinen Stammplatz im zentralen offensiven Mittelfeld, auf der „Zehn“. Seinen größten Erfolg feierte er 2013 mit der U19 der „Wölfe“. Die Truppe von Trainer Dirk Kunert, in der unter anderem auch Maximilian Arnold aktiv war, wurde Deutscher Meister. „Zudem war natürlich auch der Pokalsieg der Profis im vergangenen Jahr super für die Stadt und die Fans“, blickt Seguin auf den 3:1-Finalerfolg im Berliner Olympiastadion gegen Borussia Dortmund zurück. Dort kam der junge Stendaler zwar nicht zum Einsatz, er durfte immerhin einige Minuten gegen RB Leipzig aus der 2. Bundesliga ran. Das Achtelfinalduell in der Messestadt gewann die Elf von Dieter Hecking mit 2:0. Apropos Hecking: Der Coach erkannte früh das Talent des damaligen A-Juniors Paul Seguin und beorderte ihn 2013 nach nur wenigen Spielen auf den Trainingsplatz der Profis. „Nachdem der VfL das Derby gegen Eintracht Braunschweig verloren hatte und es nicht so recht lief, wurde ich gefragt, ob ich mittrainieren würde“, schildert der 20-Jährige. Der sah seine Chance und musste demzufolge nicht lange überlegen. „Unter der Woche habe ich fortan mit den Profis trainiert. Wenn ich dort am Wochenende bei den Partien nicht im Kader stand, habe ich in der U19 gespielt“, verrät Seguin.

Seit mittlerweile rund zwei Jahren zählt der Stendaler, der noch bis 2017 Vertrag hat, nun also zum Kader des Champions-League-Teilnehmers und Deutschen Meisters von 2009. „Ich hoffe, dass ich noch etwas weiter komme. Sicherlich kann ich stolz sein auf das, was ich erreicht habe, aber ich möchte einfach den nächsten Schritt machen“, verrät Paul Seguin. Heißt konkret: Der Altmärker möchte sich mehr Einsatzzeiten erarbeiten. Mittlerweile ist der Youngster im defensiven Mittelfeld, auf der „Sechs“, beheimatet und hat dort mit Luiz Gustavo, Josuha Guilavogui oder auch Maximilian Arnold prominente Konkurrenten. Dennoch fühlt sich Seguin als Bindeglied zwischen Abwehr und Mittelfeld am wohlsten. „Ich mag es, wenn ich das Spiel von hinten aufziehen kann. Ich bin recht zweikampfstark und habe eigentlich auch eine ordentliche Übersicht sowie ein gutes Passspiel“, beschreibt sich der 20-Jährige selbst. Trainer Dieter Hecking („Ich denke, er weiß, was er an mir hat“) würde sich allerdings wünschen, dass Paul Seguin noch schneller den Weg in die Offensive findet. Der Techniker würde sich indes wünschen, dass die „Wölfe“ in dieser Saison noch den Sprung unter die ersten Vier schaffen und sich damit für die Champions League qualifizieren. „Ich denke, wir können mit Optimismus noch ein Auge auf Platz drei richten“, weiß der Youngster, der sich mehr Konstanz wünscht. Der Zusammenhalt der Truppe, die momentan im Mittelfeld rangiert, ist nahezu vorbildlich. „Wenn man ein Problem hat, hilft man sich gegenseitig. Das passt auf jeden Fall“, erklärt Seguin, der den Verein tief ins Herz geschlossen hat. „Ich kenne ja keinen anderen Klub von innen, aber die Bedingungen in Wolfsburg sind sehr professionell. Hier wird viel gemacht und aus meiner Sicht gut gearbeitet“, fügt er lobend an.

In der ersten Halbserie dieser Spielzeit kam Paul Seguin zumeist in der U23 des VfL Wolfsburg zum Einsatz, die in der Regionalliga Nord um den Staffelsieg mitspielt und vom Aufstieg in die 3. Liga träumen darf. „Das ist auf jeden Fall eine gute Mannschaft. In Auswärtsspielen fällt es uns manchmal schwer, auf den dortigen Plätzen Fuß zu fassen. Die Liga ist sehr kampfbetont, wir wollen lange oben dranbleiben und möglichst aufsteigen“, verrät Seguin, der allerdings nur bei den Profis trainiert. Trainer der „jungen Wölfe“ ist Valérien Ismaël. „Er ist ein super Coach mit einer starken Ausstrahlung“, schwärmt der Altmärker, einer der Leistungsträger in der Truppe, von seinem Vorgesetzten. Dennoch würde Paul Seguin lieber auch in den Partien auf die Kommandos von Dieter Hecking bei den Profis hören. „Die Vorbereitung auf die Rückrunde verlief leider nicht so gut für mich. Ich habe zwar Gas gegeben, doch mir fehlt momentan einfach noch das Selbstvertrauen“, verrät der Stendaler. Doch der Mittelfeldspieler, der auch mit im Winter-Trainingslager in Portugal war, ist guter Dinge, dass selbiges bald zurückkehrt. Genau dann erhöhen sich wohl auch die Chancen, häufiger im Bundesliga-Kader des VfL zu stehen. „Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Konstanz reinbekommen. Wir wollen immer möglichst unter die ersten Drei kommen und uns einen Namen in Europa machen“, hofft der 20-Jährige, der sich natürlich über das Überstehen der Gruppenphase in der Champions League besonders freut.

In der Winterpause war auch kurzzeitig vom Interesse des Drittligisten 1. FC Magdeburg an Paul Seguin zu hören. Nur ein Gerücht – oder steckte mehr dahinter? „Da war schon etwas dran. Allerdings wollte der VfL mich halten und nicht in die 3. Liga ausleihen“, verrät Seguin. Dennoch outet sich der Altmärker als „Fan“ der Landeshauptstädter. „Die Fans und die Stimmung sind schon bundesligareif. Es ist schon Wahnsinn, was da passiert“, schwärmt der Youngster, der sich irgendwann im höheren Alter auch durchaus mal ein Engagement in Magdeburg vorstellen könnte. Der Name Seguin genießt beim FCM nach wie vor einen hohen Stellenwert. „Es ist nicht einfach, so viele Erfolge zu sammeln wie mein Vater. Darauf bin ich als Sohn sehr stolz. Ich würde es ihm natürlich gern nachmachen, aber das ist schon schwer zu toppen“, weiß der Junior von Wolfgang „Paule“ Seguin. Der ehemalige DDR-Oberligaspieler, mittlerweile 70, gewann mit den Magdeburgern 1974 unter anderem den Europapokal der Pokalsieger. Auch von der jetzigen Mannschaft um Trainer Jens Härtel ist Paul Seguin durchaus begeistert. „Das ist ein super Team, das lebt. Vielleicht schaffen sie es unter die ersten Drei“, drückt der 20-Jährige dem Verein seiner Geburtsstadt auf jeden Fall die Daumen.

Auch in der Altmark hat sich Paul Seguin viele Freundschaften aufgebaut und pflegt zu vielen Trainern und Spielern ein gutes Verhältnis. „Man merkt, dass man den Fußball in unserer Region liebt. Ich selbst sehe mir ab und an Hallenturniere an und merke dies dann auch“, erzählt der Profi. Genau deshalb könnte sich der Youngster irgendwann auch gut vorstellen, sich das Trikot des 1. FC Lok Stendal noch einmal überzustreifen. „Das würde ich dann aber nur noch hobbymäßig machen. Ich möchte noch so lange wie möglich auf hohem Niveau spielen“, erklärt die Nummer 30 der „Wölfe“. Um die Zukunft hat sich der 20-Jährige „noch keinen Kopf gemacht“. Jedenfalls nicht darum, was er nach seiner aktiven Laufbahn machen möchte. „Ein Trainertyp bin ich nicht wirklich“, verrät der Stendaler. Eher hofft Paul Seguin, dass er beim VfL Wolfsburg in nächster Zukunft genau der Typ von Trainer Dieter Hecking ist.