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Fußball Vom Schreibtisch auf den Rasen

Die ganz großen Zeiten sind vorbei. Der gebürtige Salzwedeler Peter Otte spielt jedoch für den FSV Barleben noch immer fünftklassig.

Von Florian Schulz 23.04.2016, 05:00

Magdeburg/Schernikau l Einen Mann wie Peter Otte könnten die Herren des SV Eintracht Salzwedel bei der Mission „Aufstieg in die Landesliga“ mit Sicherheit gut gebrauchen. Der Routinier, der aus Schernikau bei Arendsee stammt und im Nachwuchs selbst für die Hansestädter spielte, strahlt in der Abwehr des Oberligisten FSV Barleben viel Ruhe und Sicherheit aus, gewinnt den Großteil seiner Zweikämpfe und hat damit sicherlich großen Anteil am erfolgreichen Abschneiden des Aufsteigers aus dem Bördekreis in der fünfhöchsten deutschen Spielklasse.

„Vor dem Tor nicht effektiv genug“

Doch auch für Peter Otte galt einst: Wer hoch hinaus möchte, muss klein anfangen. Otte unternahm seine ersten fußballerischen Schritte als Achtjähriger bei den E-Junioren der SG Eintracht Mechau. „Wie ich überhaupt zum Fußball gekommen bin, kann ich gar nicht mehr genau sagen“, erklärt der fast 32-Jährige mit einem Schmunzeln. Doch ein paar Sekunden später fällt ihm ein: Da war doch was. Sein Schulfreund Marc Pätzold hatte den Schernikauer dazu überredet, die Töppen zu schnüren und dem runden Leder hinterher zu jagen. An seine ersten Jahre erinnert sich Otte aber nur ungern zurück. Er bezeichnet sie gar als „deprimierend“. Nur warum? „Ich und ein paar andere meiner Kollegen mussten damals als E-Jugendliche bereits in der C-Jugend spielen, weil wir dort nicht genug Leute hatten. Wir haben aufgrund unserer starken körperlichen Unterlegenheit fast nur Klatschen, sogar meist im zweistelligen Bereich, kassiert“, verrät der Westaltmärker. Der „nervte“ seine Eltern anschließend so lange, bis sie einem Wechsel zum SV Eintracht Salzwedel zustimmten. Dort erlebte Peter Otte ab 1993 sportlich weitaus erfolgreichere Jahre. Aufgrund seiner Schnelligkeit wurde Otte zunächst im Angriff aufgeboten, doch nur kurze Zeit später fand er sich in der Verteidigung wieder. „Das lag wohl daran, dass ich vor dem Tor einfach nicht effektiv genug war“, so der 31-Jährige mit einem Grinsen.

Peter Otte war nie der große Techniker, nie einer, der Spiele womöglich im Alleingang entscheiden konnte. Doch eine Sache zeichnete den gebürtigen Hansestädter ganz besonders aus. „Eindeutig der Wille. Ich habe immer bis zur letzten Minute gekämpft und wollte einfach etwas aus mir machen“, so der Westaltmärker. In der D-Jugend feierte er mit der Eintracht die Landesmeisterschaft und den Landespokalsieg. „Wir waren damals eine starke Truppe und hatten mit Sigmar Pätzold einen tollen Trainer“, erinnert sich der Routinier zurück. Erfolg weckt natürlich auch Begehrlichkeiten. So war es auch im Fall Peter Otte. Der wurde nicht nur in Salzwedel, sondern auch im Trikot der DFB-Stützpunktauswahl in Stendal und der Landesauswahl oftmals gesichtet und fiel dabei positiv auf. Der große 1. FC Magdeburg klopfte somit schneller als gedacht an die Tür. 1999 ging es für Otte an die Elbe – mit dem klaren Ziel, es irgendwann mal ins Profigeschäft zu schaffen. „Das habe ich meinem Vater auch immer gesagt, als er mich gefragt hat, was ich später mal werden möchte“, verrät der 31-Jährige. Der blieb somit bis zum Ende seiner C-Jugend-Zeit in Salzwedel und wechselte dann zu den B-Junioren des FCM in die Regionalliga. Ein kleineres „Problem“ gab es damals aber zunächst doch. Die Schulplätze in Magdeburg waren nicht ausreichend. In mehreren Sportarten wurden die Besten aus den Aufnahmetests ermittelt, für vier Kandidaten war nur ein Platz für das Gymnasium frei. Peter Otte musste, um überhaupt an der Elbe bleiben zu dürfen, zunächst einen Umweg gehen. Für Otte blieb erst einmal „nur“ die Option Sportsekundarschule übrig, ehe es ihn ein halbes Jahr später nach Erhöhung der Klassenstärke dann aber doch auf das Gymnasium zog.

„Dirk Heyne hatte großes Vertrauen“

Für den Schernikauer war es in seiner Anfangszeit ein kräftezehrendes Pensum. Von 7 bis 14.45 Uhr musste er die Schulbank drücken, anschließend wurde ab 15.30 Uhr gut zwei Stunden lang trainiert. Gegen 18 Uhr kam Peter Otte wieder im Internat an und hatte um die drei Stunden Zeit, um Hausaufgaben und private Dinge zu erledigen sowie sein Abendmahl zu sich zu nehmen. Zudem stand zweimal wöchentlich während der Schulzeit Zusatzsport auf dem Programmplan. „Ich bin von Beginn an eigentlich gut damit klar gekommen. Ich wollte alles für mein großes Ziel tun, zudem kannte ich viele Leute im Internat schon vorher durch den Fußball“, verrät der Westaltmärker. Den FCM schloss Otte auch immer mehr in sein Herz. Dirk Heyne holte den Ex-Salzwedeler seinerzeit in den Herrenkader. Der Regionalligist scheiterte 2007 nur denkbar knapp („Es war schade, doch vielleicht waren wir einfach noch nicht so weit“) am Aufstieg in die 2. Bundesliga. „Dirk Heyne hat großes Vertrauen in mich gesetzt. Für mich war es ein glücklicher Umstand, dass er auf selbstausgebildete junge Spieler gebaut hat“, verrät der Verteidiger. Anders war es bei dessen Nachfolger, Paul Linz. „Er wollte mehr Qualität als Quantität im Kader“, erinnert sich Otte zurück. So wurde 2008 auch der Vertrag mit dem Westaltmärker nicht verlängert. Er musste gehen. Linz, der den Kader stark verkleinerte, scheiterte kurze Zeit später beim Vorhaben, die Elbestädter in die Drittklassigkeit zu führen.

Nach seinem Abschied aus Magdeburg standen Peter Otte aber trotzdem viele Türen offen. Er absolvierte mehrere Probetrainings und wollte möglichst auch in der Regionalliga bleiben. Das klappte zwar nicht, doch beim VfB Auerbach in der Oberliga durfte sich der Westaltmärker trotzdem auf eine neue Herausforderung freuen. Der VfB hatte zuvor fleißig um die Dienste des Defensivmannes geworben und letztendlich auch die Zusage erhalten. „Mir war klar, dass ich es nun nicht mehr ganz nach oben schaffen kann“, verrät Otte. Der suchte sich ein zweites Standbein – im Versicherungswesen. „Familie und Beruf hatten für mich dann doch immer mehr Priorität. Doch auch sportlich war der Schritt nach Auerbach für mich der richtige“, erklärt der 31-Jährige, der mit dem Verein 2012 den Aufstieg in die Regionalliga schaffte, im Nachhinein. Zusammen mit der Familie ging es nach mehreren schönen Jahren im Vogtland 2014 jedoch wieder in Richtung Heimat.

Der FSV Barleben hatte sich erfolgreich um die Dienste des Verteidigers bemüht. „Ich habe die sportliche Entwicklung verfolgt und daher auch selbst Interesse gezeigt“, verrät der Westaltmärker, der von den Strukturen beim FSV begeistert ist. Bereits in seiner ersten Saison schaffte Peter Otte mit den Mannen aus dem Bördekreis den Aufstieg von der Verbands- in die Oberliga. „Für ein gallisches Dorf wie Barleben ist das natürlich eine tolle Sache. Wir haben eine junge und gute Truppe, die einfach Spaß am Fußball hat“, schildert der Defensivmann. In der Liga steht sie im gesicherten Mittelfeld, im Landespokal im Halbfinale. „Wir haben die Chance, ins Endspiel einzuziehen, was eine tolle Sache und der Lohn für die tolle Arbeit der letzten Jahre wäre“, erklärt Otte. Der Westaltmärker lebt mittlerweile in Lostau und arbeitet als Versicherungsvertreter in Magdeburg. Um 8 Uhr morgens beginnt die Arbeit, um 18.30 Uhr das Training in Barleben. „Eigentlich trainieren wir viermal pro Woche, doch ich schaffe es nur dreimal“, verrät der 31-Jährige, der das Niveau in der Oberliga Süd („Wenn ich da bin, spiele ich auch und bringe meine Leistung“) noch gut mitgehen kann, sich aber mehr Brisanz in dieser Spielklasse wünschen würde. „Der NOFV sollte sich meiner Meinung nach in Sachen Staffelzusammenlegung etwas einfallen lassen, dass die Fahrten nicht mehr so lang und aufwendig werden und man mit mehr Derbys mehr Attraktivität und auch mehr Zuschauer im Stadion hat“, so der erfahrene Verteidiger, der möglichst nie einen Abstieg mitmachen möchte.

„Eintracht ist recht solide aufgestellt“

Auf dem Weg in die Runde der letzten Vier im FSA-Pokal machten die Barleber auch in Salzwedel bei der Eintracht Station und setzten sich dort am Ostermontag mit 3:0 durch. „Es war natürlich schön, mal wieder in Salzwedel zu spielen. Zuvor hatte ich zu B-Jugend-Zeiten mit der Zweiten des FCM noch auf der Flora verloren. Diesmal konnten wir das Ergebnis zumindest positiv gestalten“, so der 31-Jährige, der auf viele alte Bekannte traf. Der Routinier sah, dass die Eintracht eine junge und dynamische Truppe ist und traut ihr durchaus mehr zu. „Ich kann ihnen nur wünschen, dass sie auf möglichst hohem Niveau spielen. Ich denke, der Verein ist recht solide aufgestellt und hat eine gute Nachwuchsarbeit“, blickt der Schernikauer aus der Ferne in Richtung Jeetze. Er würde sich freuen, wenn sein Ex-Verein irgendwann mal wieder in der Verbandsliga vertreten ist.

Zunächst einmal freut sich Peter Otte – für den mit seiner Erfahrung in späterer Zukunft ein Job als Trainer durchaus vorstellbar wäre, allerdings wohl nicht in der Altmark („Dort bin ich ungefähr einmal im Monat bei meinen Eltern, aber momentan ist es ausgeschlossen, dass ich mit meiner Familie gänzlich in meine Heimat zurückziehe“) – aber im Landespokalhalbfinale auf einen weiteren seiner ehemaligen Klubs. Dort geht es gegen den Drittligisten 1. FC Magdeburg um den Ex-Salzwedeler Michel Niemeyer. „Ich würde ihm wünschen, dass er konstant auf diesem Niveau weiterspielt. Niemeyer hat sicherlich alle Trümpfe selbst in der Hand“, so der 31-Jährige. Dem FCM wünscht Peter Otte auf Dauer den Aufstieg in die 2. Liga, doch der Einzug ins Landespokal-Finale soll ihm zumindest in dieser Saison verwehrt bleiben.