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Fußball Ehrgeiz führt Altmärkerin ins Oberhaus

Ein dickes Fell und eine Menge Motivation brachten auch Elfi Schwander dazu, seit nunmehr 14 Jahren zur Pfeife zu greifen.

Von Florian Schulz 18.06.2016, 05:00

Seehausen/Wolfsburg l Elfi Schwander hat eine lange und ebenso interessante Geschichte zu erzählen, wenn sie auf ihre Laufbahn als Unparteiische zurückblickt. Da gab es Tiefen und Höhen, wobei Letztere sicherlich überwogen. Bundesligapartien oder auch ein Länderspiel – (fast) alles hat die gebürtige Altmärkerin schon als Assistentin erlebt. Aber auch als eigenständige Schiedsrichterin ist Schwander schon ordentlich herumgekommen, bei den Herren darf sie nach wie vor Partien bis hin zur Landesliga leiten.

Eher weniger zu erzählen hat Elfi Schwander über ihre aktive Spielerlaufbahn. Die war im Vergleich zu der als Referee nämlich recht ereignisarm. Im Alter von 14 Jahren trat sie der Mädchenmannschaft der Kickers aus Seehausen bei, wo sie unter Trainer Mike Völzke auf verschiedenen Positionen – zumeist aber im Mittelfeld – zum Einsatz kam. Nach der Auflösung der Truppe wechselte Schwander 2004 zusammen mit ihrer Kollegin Jeannette Heinrichs zu Sparta Erxleben. Die Truppe wurde von Torsten Kannenberg, noch immer als Torhüter aktiv bei Landesklasse-Absteiger SV Germania Tangerhütte, trainiert. Nach drei Jahren war aber auch dort Schluss, so dass die 31-jährige Seehäuserin auf eine „nur“ zehnjährige Spielerkarriere zurückblicken kann. Etwas erfolgreicher lief es allerdings als Unparteiische. Ihren Schein erwarb Elfi Schwander 2002. „Aus Jux und Tollerei“, wie Schwander selbst mit einem Grinsen verrät. 2003 leitete die Altmärkerin ihr erstes Spiel, als in der Kreisoberliga der FSV Havelberg auf den TuS Wahrburg traf. Sie war gezwungen, wegen einer Beleidigung gegen ihre Person direkt eine Rote Karte zu zeigen. „Ich wurde danach so beschimpft, dass ich gleich wieder aufhören wollte“, denkt die 31-Jährige zurück. Ihr Ehrgeiz trieb sie aber dazu, weiter als Schiedsrichterin aktiv zu bleiben. Es sollte die richtige Entscheidung sein.

„Bin manchmal auch zu brav“

Zwei Jahre später, 2005, nahm die Seehäuserin am DFB-Lehrgang in Duisburg teil und deutete schon dort ihr Potenzial an. So gehörte sie nur wenig später – genauer gesagt von 2005 bis 2009 – zum Gespann um die Stendalerin Inka Müller, die Partien bis hin zur Frauen-Bundesliga leitete. „Das ist von Anfang an gut gelaufen“, verrät die 31-Jährige. Sie sah Mannschaften wie Turbine Potsdam oder den 1. FFC Frankfurt sowie deren Stars aus nächster Nähe. „Das war genial und hat einfach nur Spaß gemacht“, sagt Elfi Schwander rückblickend. Bereits 2004 wurde Schwander die Ehre zuteil, als Assistentin beim Traditionsspiel zwischen dem 1. FC Magdeburg und der DDR-Nationalmannschaft von 1974 vor 10 000 Zuschauern zu fungieren. „Anfangs war ich noch etwas eingeschüchtert, mittlerweile stehe ich aber zu meinen Entscheidungen. Ich versuche, viel mit den Spielern zu reden, bin manchmal aber auch zu brav“, charakterisiert sich die Seehäuserin selbst. Neben mehreren Begegnungen in der höchsten Spielklasse im weiblichen Bereich erlebte Schwander 2009 auch ein Länderspiel der deutschen U19-Nationalmannschaft in Hamburg als Linienrichterin mit. Geleitet wurde das Duell gegen die USA übrigens von Elfi Schwanders großem Vorbild, Bibiana Steinhaus. „Man kommt herum und lernt viele Leute kennen. Zudem sind die Aufstiegschancen bei den Frauen größer, da die Zahl nicht ganz so groß ist“, spricht die 31-Jährige über die großen Vorteile des Schiedsrichter-Daseins. Da nimmt man Fahrten nach Erfurt, Berlin oder auch Halle/Saale gern in Kauf.

Nachdem Elfi Schwander selbst in der Frauen-Regionalliga zur Pfeife griff, das sogar zehn Jahre lang, tritt sie aus Altersgründen seit ziemlich genau einem Jahr kürzer. „Ich mache Platz für die Jugend“, verrät die 31-Jährige. Das höchste der Gefühle ist nun sowohl im Frauen- als auch im Herrenbereich die Landesliga. „Die Spielklasse spielt für mich eigentlich keine Rolle, auch nicht die Tabellenkonstellation. Für mich ist jedes Spiel ein normales und ich versuche immer, mein Bestes zu geben“, so die Seehäuserin. Die wurde im Rahmen der Aktion „Danke Schiri“ vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) vom Schiedsrichter-Obmann des Kreisfachverbandes (KFV) Altmark Ost, Michael Müller, als Landessiegerin vorgeschlagen. Im Bereich Frauen wurde die 31-Jährige als Gewinnerin dann auch zur großen Ehrungsveranstaltung vom 7. bis 8. Mai dieses Jahres nach Hannover eingeladen. Nach dem Mittagessen am Sonnabend im Marriott-Hotel und einer Rathausführung beobachteten die Sieger aus 21 Landesverbänden gemeinsam in der HDI-Arena das Bundesligaspiel zwischen Hannover 96 und 1899 Hoffenheim. Wolfgang Stark, der in dieser Partie als Schiedsrichter fungierte, trug ein Trikot, auf dem alle 63 „Danke-Schiri“-Sieger namentlich aufgeführt waren. Am Abend fand im Hotel die Ehrungsveranstaltung statt, wo sich Elfi Schwander dann in Anwesenheit von ehemaligen Erstliga-Schiris wie Herbert Fandel oder auch Lutz Wagner über ein Trikot mit ihrem Namen als Dankeschön freuen durfte. „Ich habe mich darüber tierisch gefreut, denn es zeigt eine gewisse Wertschätzung. Es motiviert mich zusätzlich“, fasst Schwander zusammen, die an diesen zwei Tagen viele neue Kollegen kennenlernte.

„Hoffe, wir sehen schöne Stadien und Spiele“

Eine neue Möglichkeit dazu bot sich womöglich in dieser Woche, als sich Elfi Schwander gemeinsam mit Karsten Fettback und Björn Kleinschmidt, ebenfalls Referees, auf den Weg nach Frankreich zur Europameisterschaft machte. Auf ihrem Besichtigungsplan stand auch das mit 2:0 siegreich gestaltete Auftaktspiel der deutschen Mannschaft am Sonntag gegen die Ukraine in Lille. Außerdem sah sich das altmärkische Trio die Begegnungen zwischen der Ukraine und Nordirland in Lyon sowie zwischen Tschechien und Kroatien in Saint-Etienne an. „Ich hoffe, wir sehen einige schöne Stadien und natürlich auch Spiele und treffen nette Menschen“, so die 31-Jährige vor der Abreise in der Nacht von Sonnabend zu Sonntag. Wer wird denn nun der neue Titelträger in Europa? „Ich tippe auf Deutschland. Wir waren schon 2014 in Brasilien live dabei, da hat das Daumendrücken Glück gebracht. Ich glaube, das klappt diesmal auch wieder“, sagt Schwander, die am heutigen Sonnabend aus Frankreich zurückkehrt, mit einem Grinsen.

Selbst dem runden Leder hinterher zu jagen, das kommt für die 31-Jährige, die beruflich in Wolfsburg tätig ist und dort mittlerweile auch wohnt, nicht mehr in Frage. „Ich schaffe es zeitlich auch gar nicht mehr“, erzählt die Altmärkerin. Die kommt aber noch am Wochenende regelmäßig in ihre Heimatstadt Seehausen. „Allerdings nur, um dort zu schlafen“, so Elfi Schwander. Schließlich ist sie entweder als Schiedsrichterin im Einsatz oder trifft sich mit Freunden. Partien bis hin zur Landesliga der Herren („Dort möchte ich gern so viele Partien wie möglich leiten“) traut sich die Unparteiische noch zu. „Aufsteigen möchte ich nicht mehr“, macht Schwander deutlich. Stattdessen soll nun der Nachwuchs in ihre Fußstapfen treten. „Ich würde mir wünschen, dass sich auch jüngere Mädchen trauen, als Schiedsrichterinnen aktiv zu sein“, so die Seehäuserin. Und einen kleinen Tipp hat sie auch gleich noch in petto: „Sie sollten nicht gleich aufgeben, wenn es mal nicht läuft.“ Das hat Elfi Schwander früher auch nicht getan. Ihr Weg führte somit bis ins deutsche Fußball-Oberhaus.