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Badminton Aus Hecklingen in die weite Welt

Die Hecklingerin Maria Kuse gehört zu den besten Nachwuchs-Spielerinnen Deutschlands.

Von Enrico Joo 04.04.2018, 23:01

Hecklingen l Immerhin, den körperlichen Stress konnte Maria Kuse ein bisschen von sich schieben. Die 16-jährige Badminton-Spielerin war am Montag in Deutschland eingeflogen und entspannt seitdem bei ihren Eltern in Hecklingen. Wie passend, dass seitdem sogar die Temperaturen extrem angestiegen sind. Die Möglichkeit wäre also ideal, rauszugehen, Sonnenstrahlen zu tanken, die Augen zu schließen und das Leben ein bisschen zu genießen. Maria aber sagt: „Ja, ich habe frei. Ich muss aber die Tage auch was für die Schule machen.“ Nein, so wirklich entspannen kann Maria Kuse einfach gar nicht mehr.

Die Karriere schreitet weiter voran. Beim SV Lok Staßfurt machte sie mit sieben Jahren ihre ersten Badminton-Schritte, 2013 wechselte sie auf das Sportgymnasium in Jena, 2014 wurde sie als erste Athletin des Landesverbandes Sachsen-Anhalt in den Bundeskader des Deutschen Badminton-Verbandes berufen. Nun steht sie im elfköpfigen sogenannten Nachwuchskader (NK1).

2017 machte Maria den nächsten Karriere-Schritt. Vom Nachwuchsstützpunkt Mitteldeutschland in Jena wechselte das Toptalent nach Mülheim an der Ruhr. Am Olympia-Stützpunkt bekam sie einen von 15 Internatsplätzen. Dort trainiert sie also nun mit den besten Athleten Deutschlands an einem von nur zwei Olympiastützpunkten der Bundesrepublik, darf den deutschen Top-Athleten über die Schulter schauen. Maria staunt und lernt viel. „Die Bedingungen sind dort auf jeden Fall besser. Auch die Bundestrainer trainieren dort. Man kann Kontakte knüpfen, kriegt super viel Feedback. Dadurch wird mein Spiel besser. Man bewegt sich noch schneller und effizienter.“

Aber sie muss dort natürlich noch mehr für ihren Sport tun. Trainierte Maria in Jena etwa 14 Stunden die Woche, sind es nun etwa 20. Zwar ist die Schule kein Sportgymnasium wie in Jena, dafür gibt es „ein Abkommen zwischen Schule und Verband“, wie Maria sagt. „Da fällt dann der Unterricht auch schon mal aus.“ Alles, damit die Badminton-Spieler optimal trainieren können. Manchmal schon vor der Schule. „Aber die Wege sind kurz.“

Nun ist Mülheim weiter von Hecklingen weg als Jena. Ob Maria da noch mehr Heimweh hat? Sie überlegt kurz. „Nein, ich bin ja schon eine Weile weg. Das macht mir nichts mehr aus.“ Alle vier Wochen ist sie nur noch zuhause. An den Wochenenden stand sie bis zum Saisonende in der 2. Liga zudem für den SV GutsMuths Jena am Netz. Mit ihren so jungen Jahren ist Maria dort schon eine Leistungsträgerin im gemischten Team, sorgte dafür, dass die Thüringer den Klassenerhalt schafften. Zeit für Hobbies oder Freunde hat sie schon lange kaum noch. „Badminton ist mein Hobby, ich will mein Hobby zum Beruf machen“, sagt sie. Vielleicht kann sie damit sogar mal Geld verdienen. „Viele gibt es nicht. Aber es gibt schon ein paar Deutsche in der 1. Bundesliga.“

Und als wäre diese Doppelbelastung aus Schule und Verein nicht genug, jettet die Hecklingerin auch noch regelmäßig durch Europa, um in der so wichtigen Weltrangliste genügend Punkte zu sammeln, um sich in Nominierungs-Positionen für Großereignisse zu bringen. Ostermontag kam Maria erst von einem internationalen Turnier in Sidirokastro zurück, einer Kleinstadt mit knapp 10.000 Einwohnern im Norden Griechenlands. Nächste Woche sitzt die 16-Jährige schon wieder im Flieger. Vom 11. bis 15. April ist Maria auf Zypern, auch dort steht ein internationales Turnier an. Sie braucht die Punkte unter anderem auch dafür, um sich für die U 19-EM im September in Position zu bringen. „Ich denke, die Chancen stehen gut, dass ich nominiert werde.“ Alles andere zeigt die Zeit. Schritt für Schritt klettert Maria Kuse nach oben auf der sportlichen Karriereleiter.

Und ganz am Ende erfüllt sie sich vielleicht den größten Traum, den jeder Sportler hat: Olympia. „Ja, das ist ein absoluter Traum“, sagt sie. „Aber 2020 ist zu nah dran, ich schaue auf 2024.“ Auch weil sie weiß: Im Gegensatz zu gleichaltrigen Asiaten, die vier Stunden am Tag trainieren, muss Maria in Deutschland auch noch ihr berufliches Leben wuppen. Ganz allein von Badminton leben, das funktioniert hier nicht. Außerdem ist Maria noch sehr jung. „Man sagt, dass Badminton-Spieler mit 26 bis 28 im richtigen Alter sind.“ Geduld. Eine wichtige Charaktereigenschaft, die auch die junge Hecklingerin braucht.

2019 macht sie ihr Abitur, danach will sie auf jeden Fall studieren. Was genau, weiß sie noch nicht. „Es aber nicht zu machen, wäre gewagt. Alle studieren nebenbei. Was wäre zum Beispiel, wenn ich mich verletze und nicht mehr Badminton spielen kann? Dann bin ich raus und habe nichts anderes. Man braucht ein zweites Standbein.“ Bei allen hochfliegenden Träumen trotzdem bodenständig zu bleiben, ist ein schöner Charakterzug, der Maria auch auszeichnet. Immer weiter, immer höher. Dabei aber immer von Schritt zu Schritt denken. Maria Kuse ist eine kluge Sportlerin, die ihre Karriere behutsam vorantreibt.