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Handball Staßfurt - Zwei Vereine und Konfliktpotenzial

Zwei Handballvereine existieren in Staßfurt nebeneinander. Doch es gibt Dikussionen über diese Sitaution.

Von Michael Jacobs 25.06.2019, 23:01

Staßfurt l Staßfurt ist ohne Frage eine Handballstadt. Das belegt allein die Tatsache, dass es mit dem HV Rot-Weiss sowie dem HC Salzland gleich zwei Vereine mit hohen Ambitionen gibt. Doch die Koexitenz zweier Clubs in einer Stadt mit lediglich 25 000 Einwohnern sorgt auch immer wieder für Unstimmigkeiten. Diese werden aktuell einmal mehr deutlich. Beide stehen für erfolgreichen Handballsport. Sowohl der HC Salzland, als auch der HV Rot-Weiss vertreten die Stadt in Sachsen-Anhalts höchsten Ligen. Zudem sind beide im Nachwuchs äußerst engagiert. Funktioniert hat dies in den vergangenen Jahren, weil es klare Absprachen gab. Die Rot-Weissen decken den männlichen Spielbetrieb ab, der HCS den Weiblichen. Doch dies ist seit einiger Zeit Makulatur. Denn im Nachwuchs gibt es bei den Salzländern seit dem vergangenen Jahr auch männlichen Nachwuchs im Spielbetrieb. Zur neuen Saison geht nun auch eine Männermannschaft an den Start. Rainer Höche, Präsident des HCS, hatte gegenüber der Volksstimme vor einigen Tagen in einem Interview ausführlich Stellung genommen.

Beim HV Rot-Weiss betrachtet man die Entwicklung indes mit reichlich Argwohn. Vor allem die Aussagen Höches bezüglich der Prämissen, die man beim HC Salzland mit Blick auf neue männliche Spieler ansetzt (Keine Abwerbung, nur Vereinslose) verärgern die Chefetage beim HV Rot-Weiss.

Nach Darstellung von HV-Präsident Patrick Schliwa hat es nämlich sehr wohl Abwerbungsversuche gegeben. „Von Seiten des HC Salzland wurde der Trainer unserer zweiten Mannschaft, Mario Kutzer, aktiv angesprochen, ob er nicht wechseln möchte“, berichtet Schliwa. Auch drei aktive Spieler der HV-Reserve sollten zu einem Vereinswechsel bewegt werden. „Mario Kutzer hat mich nach der Anfrage sofort darüber informiert und ich habe dann Kontakt zu Herrn Höche aufgenommen“, so Schliwa. Anschließend bat der Vereinschef des HC Salzland dann um ein persönliches Gespräch. Diesem Wunsch kam Schliwa nach. Den Aussagen Höches bezüglich des Gesprächs („Wir haben uns offen ausgetauscht und einen guten Weg gefunden“) teilt Schliwa jedoch nur bedingt: „Ich hatte den Eindruck, dass er gar nicht richtig weiß, was in seinem Verein abläuft. Es werden ja nicht nur Spieler und Trainer, sondern auch Kinder und Eltern aktiv angesprochen. Das kannte er anscheinend gar nicht so. Ich habe auch klar gemacht, dass diese Abwerbungen aufhören sollen und Herr Höche wollte das intern auswerten“, schildert Schliwa den Verlauf der Unterhaltung aus seiner Sicht.

Die Darstellung Höches, dass die neu gegründete Männermannschaft des HC Salzland lediglich aus Spielern besteht, die vereinslos waren oder sportlich in der Luft hingen, muss also zumindest kritisch hinterfragt werden. Dass sieht auch Sebastian Retting, Trainer der ersten Männermannschaft beim HV Rot-Weiss so: „Dass die Spieler alle auf der Straße standen und nicht wussten, wo und wie sie Handball spielen sollen, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich weiß aus persönlichen Gesprächen mit Spielern, dass sie konkret gefragt wurden“, so Retting. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch Dirk Heinrichs. Der ehemalige A-Jugend-Trainer des HV Rot-Weiss ist mittlerweile beim HCS involviert. Heinrichs und weitere ehemalige HV-Coaches sind die treibenden Kräfte, welche den Aufbau eines Salzland-Männerteams aktiv forciert haben. Indizien für diese These sind belegbar.

Beim HV Rot-Weiss will man diese Entwicklungen schnellstmöglich gestoppt wissen. „Wir haben mehrfach darum gebeten, die männliche Schiene wieder aufzugeben. In Wittenberg gab es vor etwa zehn Jahren eine ähnliche Situation. Da hat man den Konflikt durch – mit allen Konsequenzen“, warnt der Präsident vor möglichen folgen für die Zukunft. In diesem Zusammenhang verweist Schliwa auch darauf, dass auch er und seine Vorstandskollegen sich an die strikte Trennung zwischen Männlein und Weiblein hält.

Dies galt auch vor etwa zwei Monaten, als die zweite Frauenmannschaft des HC Salzland anfragte, ob sie nicht zum HV Rot-Weiss hinüberwechseln könnten. „Wir haben das im Vorstand besprochen, waren uns aber sofort einig, dass wir unserer Linie treu bleiben. Ich würde gerne alles so belassen, wie es ist“, erklärt Schliwa. Hinter dieser Entscheidung steht auch Sebastian Retting voll und ganz: „Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wäre der falsche Weg“, sagt Retting, betont aber auch: „Wir könnten die Türen öffnen und die Frauen mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen in unserem Verein aufnehmen. Aber der Verein wird dann einfach auch zu groß. Und auch in Bezug auf die Sponsoren der Männer und Frauen gräbt man sich doch nur gegenseitig das Wasser ab. Am Ende geraten dann doch nur die sportlichen Ziele – bei uns ist es die Mitteldeutsche Oberliga – in Gefahr“, befürchtet Retting.

Eine klare Meinung hat auch Horst Görke. Er ist Vizepräsident beim HV Rot-Weiss und war auch schon im Jahr 2006 in die Vorgänge involviert, an deren Ende die Frauen von Concordia Staßfurt sich dem damals neugegründeten HC Salzland anschlossen, um den Frauenhandball im Kreis zu stärken. In diesem Zusammenhang wurde von den Beteiligten auch eine Vereinbarung unterzeichnet, die unter anderem auch die „Geschlechtertrennung“ zwischen den Clubs festlegte. An diese soll sich, so Görkes Wunsch, auch zukünftig gehalten werden. „Ich finde, sie (die Verantworlichen beim HC Salzland/Anm. d. Red.) müssen sich dazu durchringen und den Arsch in der Hose haben, wieder da hinzukommen, dass sie sich nur auf die Frauen konzentrieren“, fordert Horst Görke, der auch in der Nachwuchsarbeit der Rot-Weissen involviert ist. „Wir sind dort gut aufgestellt, haben keine Sorgen und Probleme. Teilweise haben auch wir Mädchen, die mitmachen möchten, bei denen wir aber dann darauf hinweisen, wann die Trainingszeiten beim HC Salzland sind und dass sie sich dort vorstellen sollen.“

Unter dem Strich muss man festhalten, dass die Situation in der Handballstadt Staßfurt aktuell äußerst schwierig ist. Deshalb scheint mehr denn je die Bereitschaft aller Verantwortlichen aus beiden Vereinen gefragt zu sein, getroffene Absprachen einzuhalten oder in einer offenen Diskussion neue Richtlinien für die Zukunft klar abzustecken.