1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Rico Goroncy zur Motivation im Ehrenamt

Fußball Rico Goroncy zur Motivation im Ehrenamt

Selbstständigkeit, Stadtrat und Sportverein sind die drei großen S im Leben des Rico Goroncy.

Von Stefan Rühling 25.03.2020, 03:00

Stendal l Der 39-Jährige ist seit acht Jahren Vorsitzender des Post SV Stendal, beruflich Versicherungsvertreter und wurde 2019 in den Rat der Stadt gewählt. Darüber hat er sich mit Volksstimme-Autor Stefan Rühling unterhalten.

Volksstimme: Rico Goroncy, fast drei Monate in 2020 sind rum – welche Vorsätze konnten Sie schon umsetzen?

Rico Goroncy: Das ist eine gute Frage. Bisher halte ich mich an den Verzicht auf Alkohol und ich konnte schon etwas Gewicht verlieren.

Über die Stadtgrenzen hinaus sind Sie vielen Altmärkern schon lange als Fußballfunktionär bekannt. Woher kommt Ihr Engagement?

Das ist etwas merkwürdig, da ich aus keiner fußballerischen Familie komme. Dennoch habe ich selbst aktiv gegen den Ball getreten. Wie das dann so ist, bin ich als Nachwuchsleiter in das Ehrenamt gerutscht.

Im Jahr 2012 haben Sie den Vorsitz des Post SV Stendal übernommen. Wie kam es dazu?

Unser Verein hatte damals das gleiche Problem, wie es viele andere Klubs auch haben. Es fehlt an Menschen, die sich einbringen und die Verantwortung übernehmen. Dass ich die Zügel in die Hand genommen habe, war also aus der Not geboren, da sich niemand anderes gefunden hat. Ich wollte den Verein, der heute immerhin 336 stolze Mitglieder hat, am Laufen halten. Hier möchte ich aber ganz klar hervorheben, dass dies ohne das starke Team aus Familie, unseren Trainern, Eltern und zahlreichen Freunden nicht möglich gewesen wäre. Wir hatten nicht viel Zeit, konnten auf diverse Dinge nur reagieren, als aus einer sicheren Planung heraus zu agieren. Bis heute haben wir uns gut entwickelt. Das belegen meiner Meinung nach die Umsetzung des Kunstrasen-Projektes, die Austragung der Pokal-Endspiele im Kreis in den vergangenen Jahren sowie nicht zuletzt die Weihnachtsturniere.

Letztere finden in diesem Jahr zum 30. Mal statt. Was macht sie zu einem Dauerbrenner?

Als das erste Weihnachtsturnier des Post SV Stendal ausgetragen wurde, war ich zehn Jahre alt. Ich kenne die Zeit zwischen den Feiertagen also kaum anders. Zum beständigen Dauerbrenner machen es die Menschen aus der Region ganz allein, in dem Teams und Zuschauer dabei sind. Wenn wir das Gefühl hätten, es interessiert keinen mehr, der Spaß ginge verloren oder Aufwand und Nutzen stehen nicht mehr im Verhältnis, dann hätten wir über die Einstellung nachdenken müssen. Wir bemühen uns jedes Jahr, unsere Weihnachtsturniere zu einem kleinen Erlebnis für Groß und Klein zu machen.

Was unterscheidet Ihren Verein von anderen?

Ich denke vor allem die Anzahl der Mannschaften im laufenden Spielbetrieb. Wir sind von den Herren bis zu den G-Junioren in jeder Altersklasse vertreten. Das schaffen heute nicht mehr viele Klubs, soweit ich weiß.

Wie kommt es dazu?

Das ist schwer zu beantworten. Ich kann nur feststellen, dass wir einen sehr hohen Stellenwert darauflegen, dass alle Trainer eine Lizenz haben und sich laufend weiterbilden. Weiterhin finde ich das Klima in unserem Verein sehr familiär. Wir binden jeden, der möchte, mit ein, so dass niemand sein eigenes Süppchen kochen muss. Die Mitglieder stehen füreinander ein. Das finde ich persönlich sehr besonders. Natürlich gibt es aber auch bei uns mal Probleme und Reibung. Bisher ist es uns aber gut gelungen, Lösungen zu finden.

Bei einem Dienstleister für Werbetechnik waren sie auch beruflich nah am Sport, wechselten dann zu einem Discounter und sind heute selbstständiger Versicherungsfachmann. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Lebenslauf?

Dazu würde ich gern etwas weiter ausholen. Ich war insgesamt acht Jahre bei der Bundeswehr und wollte dort meinen Berufsförderungsdienst in Anspruch nehmen. So entstand der Kontakt zur Firma Ixprom nach Tangerhütte, die eben Werbetechnik vertreibt. Dort war ich zunächst im Rahmen dieses Dienstes, dann aber noch weitere Jahre tätig und hatte dann ersten Kundenkontakt. Daran habe Spaß gefunden. Nach dem Hochwasser 2013 entstand der Kontakt zu einem Discounter, wo ich dann aber nur Übergangsweise tätig war. Die Zusammenarbeit mit Menschen ist dort doch anders. Deshalb habe ich mich gefreut, als sich die Möglichkeit mit der Versicherung auftat. Das war für mich der nächste, spannende Schritt. Hier kann ich mit meinen Kunden an ihren persönlichen Bedürfnissen arbeiten. Es ist eine völlig andere Branche, als noch bei der Werbetechnik, doch ich kann und muss trotzdem kreativ sein, um die Wünsche der Menschen zu erfüllen.

Haben Sie jetzt Ihre Berufung gefunden?

Für den Moment würde ich sagen: ja. Ob das bis zur Rente meine Passion bleibt, kann ich angesichts der noch 28 anstehenden Berufsjahre natürlich nicht sagen. Den Schritt in die Selbstständigkeit und das damit verbundene Risiko bereue ich bis heute aber nicht. Es gibt zwar immer Höhen und Tiefen, doch bisher kann ich damit gut umgehen.

Für viele ist das Thema Versicherung ein rotes Tuch. Wie entgegen Sie dem?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich glaube aber, dass sich das Ansehen der Versicherungsbranche in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren schon verändert hat. Denn es geht eben nicht darum, Menschen nur etwas aufzuschwatzen, wie man es früher gern gesagt hat. Meine Prämisse ist es, meinen Kunden aufzuzeigen, welche Probleme und Risiken das Leben mit sich bringen kann und welche davon – im Falle des Eintritts – ein Stück weit abgefangen werden können. Ich möchte Bewusstsein schaffen, welche Möglichkeiten Versicherungen bieten, um sich nicht ausgenommen, sondern auch ein Stück weit geschützt zu fühlen. Keiner von uns kann in die Glaskugel schauen und vorhersagen, wie die Welt in fünf oder zehn Jahren aussieht. Deshalb möchte ich helfen, mögliche Risiken frühzeitig zu bewerten. Dabei zählt für mich nicht der Verkauf irgendwelcher Produkte, sondern das Wohlsein meiner Kunden. Denn ich möchte bei der Arbeit Mensch bleiben und meine Kunden auf ihrem Lebensweg begleiten.

Im Vorjahr haben Sie sich zur Stadtratswahl in Stendal gestellt. Wie entstand Ihr politisches Engagement?

Katrin Kunert und Mario Blasche haben mich angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, kommunalpolitisch aktiv zu werden. Durch meine langjährige Vereinsarbeit war ich schon etwas neugierig und hatte Interesse, die Politik kennenzulernen. Das war und ist eine spannende Herausforderung, aktiv am Geschehen in unserer Stadt mitwirken zu können. Denn sie und unsere gesamte Region hat es verdient, in Rankings nicht immer nur Letzter zu sein. So habe ich nach mehreren Gesprächen zugesagt und mich auf der freien Liste der Partie Die Linke für den Stadtrat unserer Hansestadt aufstellen lassen.

Welche Ziele verfolgen Sie in der Kommunalpolitik?

Hierzu möchte ich einmal betonen, dass ich kein Partei-Mitglied bin und mich daher auch nicht auf die eine oder andere Seite schlage. Für mich geht es um das, was meiner Meinung nach für die Stadt Stendal Sinn macht. Diese möchte ich bestmöglich voranbringen und eine Nachhaltigkeit für Kinder, Jugendliche und junge Familien herstellen. Mit der Steigerung der Attraktivität aufgrund des verbesserten Angebots an Freizeitmöglichkeiten sind wir schon auf einem guten Weg. Doch wir können und müssen noch mehr machen, damit sich junge Familien zum Verbleib bei uns entschließen oder eben wieder in die Heimat finden. Der Rückkehrertag allein reicht dafür auch nicht. Wir haben infrastrukturell eine hervorragende Ausgangssituation mit unseren Anbindungen nach Berlin, Wolfsburg und Hannover. Doch wenn wir keinen Platz für die jüngere Generation schaffen, werden wir sie nicht für die Stadt und Region begeistern können. Das Potenzial, um Anreize zu schaffen, ist definitiv da. Wir müssen es nur ausschöpfen. Natürlich müssen wir auch attraktiver gegenüber Firmen werden, damit sie sich ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen.

Im Stadtrat sind Sie Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Schule und Sport. Was sind hier Ihre Aufgaben?

Zuallererst bin ich dafür zuständig, dass die Sitzungen abgehalten und geleitet werden. Dazu gilt es natürlich gewisse Formalitäten einzuhalten. Ich verstehe diese Funktion aber auch als Rolle des Moderators. Denn jeder soll zu Wort kommen können. Darüber hinaus, natürlich auch als Mitglied des Stadtrats, möchte ich Ansprechpartner für die Bürger sein. Weiterhin bedeutet der Ausschussvorsitz auch sogleich den Vorsitz im Kultur- und Förderkreis der Stadt Stendal.

Welche Themen beschäftigen Sie aktuell?

Zuletzt stand der Haushaltsplan für dieses Jahr ganz oben auf der Agenda, auch wenn unser Ausschuss nur beratend tätig ist. Aber auch Weihnachtsmarkt, Eisbahn und Förderanträge von Vereinen werden von uns bearbeitet.

Sehen Sie einen Interessenskonflikt zwischen Ihren Ehrenämtern im Stadtrat und als Vereinsvorsitzender?

Nein, im Tagesgeschäft erst einmal nicht. Es ist für mich aber selbstverständlich, dass ich bei Themen, die meinen Verein betreffen, auf kommunalpolitischer Ebene nicht mitwirken kann.

Sie haben Schlagzeilen gemacht, als Sie Ihrer Lebensgefährtin Weihnachtsturnier 2014 einen Heiratsantrag gemacht haben. Wie geht Ihre Frau mit Ihrem ehrenamtlichen Einsatz um?

Wie eingangs erwähnt, geht es nicht ohne die Familie. Alle Entscheidungen habe ich mit meiner Frau gemeinsam getroffen. Sie unterstützt mich in all meinen Tätigkeiten, obwohl uns klar war, dass der Aufwand durch den Stadtrat und den Ausschuss noch mehr werden würde. Das habe ich vielleicht auch ein wenig unterschätzt aber wir bekommen es gut hin, da wir die Felder klar abgesteckt haben. Das Wochenende gehört überwiegend der Familie, dafür bin ich unter der Woche oft lange unterwegs.

Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Arbeit, Sportverein und Stadtrat – haben Sie ein Rezept?

Ein vernünftiges Zeitmanagement ist sehr wichtig. Mein Tag beginnt aktuell um 5.30 Uhr und endet oft nicht vor 23 Uhr. Demnach ist die Planung das Maß aller Dinge. Es gehört aber auch dazu, nein sagen zu können. Dabei geht es dann oftmals nicht darum, anderen nicht nötigen Respekt ihres Engagements oder fehlendes Interesse auszudrücken, sondern möglichst viel unter einen Hut zu bekommen. Dabei kann ich nicht jedem gerecht werden. Das ist mir bewusst. Bei Überschneidungen geht die Arbeit eben vor. Deshalb muss ich manchmal selektieren und auf das Verständnis meiner gegenüber hoffen.