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Fußball Verdirbt die Krise Fröhlichs Abschied?

Die „Grün-Weißen“ aus Rieder und Hasselfelde sind zwei Vereine, die der Harzoberliga seit Jahren ihren Stempel aufdrücken.

Von Ingolf Geßler 27.03.2020, 03:00

Wernigerode l Beide gehörten 2007 zu den Gründungsmitgliedern, Rieder spielte die meisten Saisons im Oberhaus des KFV Harz und führt die „Ewige Tabelle“ der Harzoberliga an. Die Hasselfelder gingen als erster Harzmeister in die Geschichte ein, verweilten dann ein Jahr länger in der Landesklasse und rangieren aktuell auf Rang drei dieser Wertung. Aktuell ist die Lage recht unterschiedlich: Während Rieder die Tabelle zum Abbruch der Saison anführt, rangieren die Hasselfelder trotz vielversprechendem Rückrundenstart auf einem Abstiegsrang.

Volksstimme-Redakteur Ingolf Geßler unterhielt sich mit Rieders Jan Fröhlich und Hasselfeldes Christian Schächtel zu ihren Erlebnissen in der Harzoberliga und aktuellen Situation. Obwohl beide vom Alter zehn Jahre trennen, gehören sie zu den „Dauerbrennern“ ihrer Teams und damit auch in der Harzoberliga.

Wieviele Jahre spielst Du jetzt schon in Männerbereich in Deinem Verein und in der Harzoberliga?

Jan Fröhlich: Ich bin mit 21 Jahren nach Halberstadt gewechselt und habe dort mit Fortuna in der Landesliga gespielt. 2004 bin ich dann nach Rieder zurückgekehrt, damit habe ich bis auf die eine Saison nach dem Aufstieg 2008 alle Serien in der Harzoberliga miterlebt.

Christian Schächtel: Das erste Jahr in der Harzoberliga, als wir Meister geworden sind, habe ich als A-Jugendlicher noch in der Zweiten gespielt. Ich habe dann im Verlauf der beiden Spielserien in der Landesklasse den Sprung in die erste Mannschaft geschafft und spiele mit Hasselfelde seit dem Abstieg 2010 durchgehend in der Harzoberliga.

Gab es für Dich ein besonders schönes Erlebnis in dieser Zeit?

Jan Fröhlich: Natürlich gab es viele schöne Spiele, allen voran die Derbys gegen Gernrode, die in jeder Saison das Highlight sind. Da spielen viele Freunde in der gegnerischen Mannschaft, auch zu Spielern anderer Teams haben sich über die Jahre gute Bekanntschaften entwickelt. Der absolute Höhepunkt war allerdings das Pokalfinale 2016 in Reinstedt gegen Westerhausen. Wir haben lange Zeit super dagegen gehalten, erst spät die Gegentore zur 0:2-Niederlage kassiert.

Christian Schächtel: Es gab viele schöne Spiele, auch „dreckige Siege“ sind am Ende irgendwie ein schönes Erlebnis. Den Klassenerhalt im letzten Jahr als schönes Erlebnis zu Feiern ist etwas anmaßend, da wir regulär eigentlich schon abgestiegen waren. Wir wurden zu diesem Spiel von unserem befreundeten Verein aus Mönchengladbach unterstützt. Wir sind mit dem Bus zum Auswärtsspiel gefahren, haben nach dem Sieg und dem Klassenerhalt eine kleine Kabinenfeier abgehalten und sind dann am Abend alle zusammen mit bester Laune zum Schützenfest gegangen. Das war vom Drumherum echt eine schöne Erinnerung. Aktuell wäre es wohl mein schönstes Erlebnis, wenn wir alle wieder sorgenfrei Fußballspielen könnten.

Gibt es für Euch einen Lieblingsgegner oder eine Mannschaft, gegen die Ihr überhaupt nicht gern spielt?

Christian Schächtel: Ich persönlich freue mich jedes Jahr auf die Spiele gegen die Zweite vom Blankenburger FV. Ich bin ein gebürtiger Blankenburger, bin mit vielen Spielern zusammen zur Schule gegangen. Da ist man dann besonders motiviert, um nicht den Kürzeren zu ziehen. Es sind meist auch sehr schöne Spiele, mit vielen Toren und die Bilanz ist nahezu ausgeglichen. Überhaupt nicht gern spiele ich in Rieder, da habe ich glaube noch nie gewonnen, höchstens einmal mit der Zweiten.

Jan Fröhlich: Höhepunkte sind wie bereits gesagt die Derbys. Eigentlich sind es immer schöne Spiele, wenn man auf die vielen langjährigen Rivalen trifft. Gegen zweite Mannschaften ist es von den Zuschauern meist nicht so toll. Sehr unangenehm sind immer die Auswärtsspiele in Heudeber oder Langeln, wo wir meist leer ausgingen, obwohl wir oft nicht die schlechtere Mannschaft waren.

Wie schätzt Du die aktuelle Situation ein, kann die Saison noch zu Ende gespielt werden?

Jan Fröhlich: Für mich ist es die letzte Saison, alles war schon perfekt geplant. Ich feiere am 13. Juni meinen 40. Geburtstag, genau an diesem Tag hätten wir unser letztes Punktspiel daheim gegen Schwanebeck gehabt. Auch Uwe Wille wollte an diesem Tag sein letztes Spiel als Schiedsrichter leiten, alles wäre so schön gewesen. Aber ich habe arge Zweifel, dass die Saison fortgesetzt werden kann, das ist wirklich traurig.

Christian Schächtel: Ich würde es mir wünschen, aber das werden die nächsten Wochen zeigen. Obwohl es erst drei Wochen sind, es fehlt einem persönlich schon etwas. Aber man muss natürlich aufpassen und nicht überstürzt handeln. Nur weil vielleicht in höheren Ligen wieder gespielt wird, heißt das nicht, dass es auf unserer Ebene auch wieder möglich ist.

Wie sollte man bei einem Abbruch der Saison verfahren, zumal die Entscheidung Eure Mannschaften, als Spitzenreiter bzw. auf einem Abstiegsrang stehend, direkt betrifft?

Christian Schächtel: Die aktuelle Tabelle kann kaum Anwendung finden, zumal einige Mannschaften schon mehr Spiele absolviert haben. Im Gespräch ist die Option ohne Absteiger und nur mit Aufsteigern, auch das lässt sich schwer regeln. Es ist wirklich sehr schwierig, ich wüsste nicht, wie ich mit entscheiden würde.

Jan Fröhlich: Das ist schwierig zu beurteilen. In unserer Ausgangslage könnte man natürlich den Stand der ersten Halbserie nehmen, aber das finde ich von meiner Gefühlslage – und ich war auch auf dem Platz schon immer ein fairer Spieler – ungerecht gegenüber anderen Mannschaften. Nach meiner Ansicht wäre die einzige Alternative ein Abbruch und Neubeginn der Saison.

Wie hat sich die Harzoberliga und Ihr Niveau in den letzten Jahren entwickelt?

Jan Fröhlich: Bei der Einführung fand ich die Harzoberliga als gute Zwischenstufe, der Sprung von der Harzliga in die Landesklasse war immer sehr groß. Mittlerweile gibt es immer mehr Dörfer, auf denen der Fußball kaputt geht. Eine Schuld daran trägt in meinen Augen – durch die Verbindung mit dem Vorstand habe ich da einen ganz guten Einblick – auch die große finanzielle Belastung, die selbst auf unserem Niveau besteht.

Christian Schächtel: Meiner Meinung nach ist die Liga deutlich ausgeglichener geworden. Absteiger aus der Landesklasse spielen nicht selbstverständlich ganz oben mit, bestes Beispiel ist Schwanebeck, das in in dieser Saison erst spät in Fahrt kam. Anderseits spielen Aufsteiger eine richtig gute Rolle, sei es der Hessener SV, der sich nach starker erster Saison etabliert hat, oder in dieser Serie der FSV Grün-Weiß Ilsenburg II. Andere Mannschaften wie Derenburg haben nach erfolgreichen Jahren auf einmal mit dem Abstieg zu kämpfen. Der Unterschied zur Landesklasse ist größer geworden, für jeden Aufsteiger ist alles andere als der Nichtabstieg als Ziel überzogen.