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Boxen Adam Deines zähmt "Wolf" Rafael

SES-Boxer Adam Deines gewann gegen den Argentinier German Rafael den IBF-Interconti-Titel im Halbschwergewicht.

Von Janette Beck 02.10.2017, 01:01

Magdeburg l Bedeutsame Titel bekommt man als Box-Profi nicht geschenkt. Diese Erfahrung machte am Samstagabend im Magdeburger Maritim-Hotel auch Lokalmatador Adam Deines. Zeichnete sich der in nunmehr 14 Kämpfen ungeschlagene SES-Boxer in seinen letzten vier Fights durch „Kurzarbeit“ und K.o.-Siege aus, musste er sich seinen ersten großen Titel buchstäblich verdienen. Im Kampf um den vakanten IBF-Interconti-Gürtel im Halbschwergewicht wurde der 26-Jährige von German „El Lobo“ Rafael über volle zehn Runden gefordert. Dann stand der dennoch unbestrittene einstimmige Punktsieg für Deines fest (99:91, 97:93, 97:93).

„Das war wirklich ein zäher Hund, oder besser gesagt Wolf“, spielte der Sieger bei der Pressekonferenz kurz nach Mitternacht auf den Kampfnamen des in Mexiko lebenden Argentiniers an. Der hatte sich trotz eines tiefen und stark blutenden Cuts überm rechten Auge zu verteidigen gewusst, immer wieder selbst nach vorne gewagt und bissig angegriffen. Auch der neue Champion war gezeichnet, hatte kleine Risse über dem Auge und auf der Nase. Beide, fast gleich große Rechtsausleger waren während des Titel-Duells mehrfach mit den Köpfen zusammengerauscht. „Der hat echt einen harten Schädel und konnte ordentlich was einstecken“, zollte Deines dem sieben Jahre älteren Gegner Respekt.

Der Schützling von Dirk Dzemski, genau wie Dominic Bösel als Hauptkämpfer der SES-Boxgala kurzfristig für den an der Halswirbelsäule operierten Stallkollegen Tom Schwarz eingesprungen, wusste, dass er sowohl aus boxerischer als auch aus taktischer Sicht keine Superleistung gezeigt hatte. Erst spät fand Deines seine Linie. Statt locker zu bleiben und seine Schlagstärke einzusetzen, war er in den entscheidenden Situationen immer noch zu ungestüm und ungeduldig. „Es geht immer besser. Klar. Aber ich habe gewonnen und meinen ersten großen Titel. Das war das Ziel und ich bin absolut happy und mega-stolz.“

Beim Anblick des roten IBF-Gürtels und seines neuen strahlenden Besitzers kam bei Dominic Bösel Wehmut auf: „Der Gürtel kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Der Freyburger, der sich an diesem Abend gegen den Schweizer Alis Sijaric klar, aber ohne zu glänzen durchsetzen konnte (100:90, 98:92, 99:91), hatte ihn davor besessen. Doch durch die Niederlage im Kampf um die EM-Krone im Halbschwergewicht gegen Karo Murat im Juli hatte Bösel, durch eine Angina und Einnahme von Antibiotika geschwächt, alle seine drei Interconti-Titel verloren.

Dass ihn sein Stallkollege beerben und zumindest den IBF-Gürtel wieder in SES-Besitz bringen konnte, war wohl nur ein kleiner Trost für Bösel. Auch seine Vorstellung im Ring, proklamiert als „Härtetest“ vor dem EM-Rematch gegen Murat Mitte Dezember, riss keinen so richtig vom Hocker. Während des Zehn-Runden-Duells wurde Bösel („Ich habe einen harten Sommer hinter mir“) kaum gefordert. Höhepunkte waren Mangelware, so dass es im mit 1500 Zuschauern ausverkauften großen Saal des Hotels ungewöhnlich still blieb. Der 27-Jährige erklärte: „Das war ein guter Test, aber längst noch nicht perfekt.“ Dzemski meinte nüchtern: „Das war Training auf sehr hohem Niveau. Aber dafür, dass Dominic nach seiner Mandel-OP erst vier Wochen im Training ist, war das ordentlich.“

Dennoch werde er seinem Schützling nur drei Tage Urlaub gönnen, betonte der Chefcoach: „Bis zum Rückkampf gegen Murat bleiben uns noch elf Wochen. Wir werden die Schrauben jetzt ganz fest ziehen und die Leine wird für Dominic kurz gehalten.“ Während dieser süßsauer lächelte: „Oh, das klingt ja nicht so gut“, blühte Ulf Steinforth am späten Abend noch einmal richtig auf. Der SES-Promoter, der Bösel nach seiner Niederlage gegen Murat ungewöhnlich scharf kritisiert und „Unterschätzung des Gegners“ sowie „Selbstgefälligkeit“ vorgeworfen hatte, meinte: „Kurze Leine, das gefällt mir. Das finde ich sehr gut!“