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Sommerspiele in Tokio Florian Wellbrock: Ein Favorit taucht mit Bronze auf

Nach seinem Bronzegewinn über die 1500 Meter Freistil führt Florian Wellbrock vom SC Magdeburg seine nächste Misson in Tokio ins Freiwasser. Sein Vater ist überzeugt: „Auch dort kann er eine Medaille gewinnen.“

Von Daniel Hübner 01.08.2021, 23:00
Mit Bronze aufgetaucht: Florian Wellbrock.
Mit Bronze aufgetaucht: Florian Wellbrock. Foto: dpa

Tokio/Magdeburg - Ob „Kojak“ mitgefiebert hat? Bernd Wellbrock hat da seine Zweifel. In jedem Fall war die französische Bulldogge von Sarah Köhler und Florian Wellbrock wach, als Herrchen am Sonntagmorgen mitteleuropäischer Zeit im Tokyo Aquatics Centre ins Becken sprang. Während „Kojak“ und Florians Vater am Bildschirm blieben, „ist meine Frau Anja die ersten 1000 Meter durchs Haus gegangen“, berichtete Bernd Wellbrock lächelnd über das heimische Public Viewing in Bremen: „Das ist ihr zu viel Spannung.“ Spannend war das Rennen auch. Bis zum Zielanschlag. Und nach diesem hatte der Sohn Bronze gewonnen.

Ein halbes Jahr ist es her, als Bernd und Florian Wellbrock gemeinsam auf dieses Rennen vorausschauten. Und als der Vater vermutete: „Es gibt einen Paltrinieri und es gibt einen Romantschuk. Aber irgendwoher wird noch einer kommen. Und dann seid ihr zu viert.“ Der 55-Jährige sollte recht behalten. Der berühmte Mister X kam aus Tampa (Florida), er heißt Robert Finke, er ist 21 Jahre jung. Und seit Tokio ist er Olympiasieger über 800 und 1500 Meter Freistil. Jeweils mit der gleichen Taktik ist er zu Gold geschwommen: Erst hat er sich mitziehen lassen, dann hat er alle überrumpelt. „Gegen Gegner wie Romantschuk oder Finke zu verlieren, ist keine Schande“, sagte Florian Wellbrock vom SC Magdeburg.

Finke überrascht sich selbst

Finke selbst war außer sich vor Überraschung: „Ich habe nicht gewusst, dass ich das Zeug dazu habe“, erklärte er in der „New York Times“. „Aber als ich schon während der Vorläufe über 800 Meter Freistil gemerkt habe, dass ich mit den Jungs mithalten kann, habe ich nur noch versucht, auf der Welle zu reiten und Spaß zu haben.“ Finke ist mit diesem Spaß zum ersten Gold eines US-Amerikaners über die längste Beckendistanz seit 1984 gekrault. Damals gewann Michael O’Brien bei den Spielen in Los Angeles – und Stefan Pfeifer aus der BRD belegte Platz drei.

Bis zur Zufriedenheit, bis zu diesem Lächeln für Bronze, hat es einen Moment bei Wellbrock gedauert. Der 23-Jährige war als Weltjahresbester angetreten mit 14:36,45 Minuten. Und als Weltmeister außerdem. Natürlich war er auf Goldkurs geschwommen, hatte die Taktik, alle anderen müde zu kämpfen, bis zur letzten Wende umgesetzt. Denn aus dieser ist er noch als Führender gekommen. „Es ist ein bisschen schade, dass ich die Jungs hintenraus nicht knacken konnte“, erklärte Wellbrock. „Denn das war 2018 und 2019 meine Stärke.“ Als er zunächst bei der Europameisterschaft in Glasgow (Schottland) und dann bei der WM in Gwangju (Südkorea) den Titel gewann. „Aber“, ergänzte Wellbrock, „das ist Jammern auf hohem Niveau. Ich bin mega zufrieden mit meiner Medaille.“ Die er sich in 14:40,91 Minuten sicherte. Mit 1,26 Sekunden Rückstand auf Finke und 0,25 Sekunden auf Michailo Romantschuk (Ukraine).

Doppelt stolz

„Es war absehbar, dass es nicht so schnell werden würde“, meinte der Magdeburger, der sich diesmal klar nach dem von SCM- und Bundestrainer Bernd Berkhahn vorgegebenen Fahrplan richtete: „Wäre ich langsamer geschwommen, dann wäre auch Paltrinieri noch länger drangeblieben.“ Und dann wäre es im Kampf um die Medaillen noch spannender geworden. Der Italiener Gregorio Paltrinieri, der Rio-Olympiasieger, konnte aber nicht folgen – und wurde mit mehr als vier Sekunden Rückstand auf Wellbrock Vierter.

Es ist also vollbracht, Wellbrock hat sich seinen Traum von einer olympischen Medaille erfüllt. Und noch mehr. „Nach den Nullnummern bei den Spielen 2012 und 2016“, sagte Wellbrock, „haben wir für den Deutschen Schwimm-Verband zwei Medaillen geholt.“ Er und Sarah Köhler. Jeweils mit Bronze über die gleiche Distanz. „Beide Medaillen gehen auf das Konto von Bernd, das macht mich doppelt stolz.“ Coach Berkhahn hat in den vergangenen Jahren das Langstreckenschwimmen in die Weltspitze gehoben. Zum ersten Mal nach Stev Theloke, der vor 21 Jahren in Sydney Bronze über 100 Meter Rücken gewann, hat nun ein Athlet aus der deutschen Männerriege wieder eine Einzelmedaille im Becken geholt. Das letzte Gold holten indes Uwe Daßler über 400 Meter Freistil für die DDR und Michael Groß über 200 Meter Schmetterling für die BRD – beide 1988 in Seoul (Südkorea).

Gold – das bleibt für Wellbrock ein Thema. Am Mittwoch um 23.30 Uhr (MESZ) startet sein Freiwasserrennen über zehn Kilometer im Odaiba Marine Park, wo er an diesem Montag seine erste Trainingseinheit bestreiten darf. „Ich muss mich jetzt regenerieren und ich freue mich aufs Open Water“, erklärte Wellbrock. Es wird wieder spannend. Das weiß auch sein Vater. Aber ebenso ist sich dieser sicher: „Auch da kann Florian eine Medaille gewinnen.“