Boxen Reis siegt mit umstrittenem Urteil
Artur Reis geht zwar in die Chronik als neuer Euro-Champ der WBO im Halbschwergewicht ein. Aber das 2:1-Urteil der Punktrichter beim Duell mit dem bisherigen Titelträger Mateusz Tryc aus Polen sorgte für Pfiffe bei der Verkündung und Kopfschütteln bei den Experten.

Chemnitz/Magdeburg - Wenn bei einer Urteilsverkündung gepfiffen wird, hat das Boxen verloren. Und selbst Artur Reis fiel das Jubeln eher schwer. Denn das die Punktrichter das Duell um die Euro-Krone der WBO im Halbschwergewicht gegen Mateusz Tryc aus Polen mit 96:94, 94:96 und 97:93 für den SES-Kämpfer gewertet hatten, war höchst umstritten.
„Ich bin zwar SES-Fan, habe es aber anders gesehen“, meinte Ex-Weltmeister Sven Ottke bei der MDR-Übertragung und ergänzte: „Der Pole hat ihn aufgefressen. Deshalb hätte er sich nicht auf einen Schlagabtausch einlassen dürfen.“ Auch Dominik Bösel staunte als MDR-Experte über den Sieg von Reis. Der frühere IBO-Weltmeister und Europameister hatte schon ab der 3. Runde ein Problem kommen sehen. „Das er die Taktik da umgestellt hat, war ein großer Fehler. Tryc wurde danach immer stärker und hatte mehr Treffer“, analysierte Bösel.
Auch SES-Promoter Ulf Steinforth redete um den Wermutstropfen eines sonst tollen Boxabends in der mit 2.300 Zuschauern ausverkauften Chemnitzer Arena „Kraftverkehr“ nicht herum. Steinforth: „Für mich hat der Pole vorne gelegen. Ich hatte Artur auch so erwartet wie in den ersten beiden Runden. Doch dann wollte er im Infight zeigen, dass er auch hauen kann.“
Neues Duell ein absolutes Muss
Zwei Runden lang hatte Reis die Taktik, den Gegner auf Distanz zu halten, prima umgesetzt und den Kampf dadurch auch im Griff. Aber in der Pause sagte er zu Trainer Dirk Dzemski, dass es ihm schwerfällt, weiterhin auf Distanz zu gehen. So wurde es ab Runde fünf immer mehr „Griechisch-Römisch“. Beide Kämpfer kamen kaum noch zu klaren boxerischen Aktionen, sondern ließen die Runden mit Ringen und Klammern verstreichen. Und auch wenn Reis hier und da härter zuschlug, konnte Tryc im Infight mehr Treffer setzen.
Wie man dann 97:93 punkten kann, ist mehr als strittig. Demnach hätte Reis ja sieben der zehn Runden gewonnen haben müssen. „Das war keine Glanzleistung. Ich habe die Linie nicht wie vereinbar gehalten. Und das Urteil ist glücklich für mich“, wusste auch Reis selbst, diesen Abend richtig einzuordnen. Und deshalb kündigte Steinforth schon an, dass das am besten in einem erneuten Duell geklärt werden muss.
Xhoxhaj und Dobler siegen
Ohne Diskussionen konnte dagegen SES-Cruisergewichtler Armend Xhoxhaj über einen vorzeitigen Sieg im Duell um den vakanten WBO-Europe-Titel jubeln. Sein finnischer Gegner Niklas Räsänen musste mit dem Ende der 6. Runde mit einem großen Cut am linken Auge aufgeben. Auch SES-Schwergewichtler Michel Dobler beendete den Abend als Kurzarbeiter. Alessandro Jandejsek aus Tschechien wurde nach Runde zwei aus dem Kampf genommen. Nach mehreren Niederschlägen hatte er sich auch an der rechten Hand verletzt.