Karrieren Top-Leistungen statt Sportler-Rente
Ob Tom Brady oder Claudia Pechstein - die Ü40 sorgt im Sport immer noch für Schlagzeilen.
Magdeburg l Als Tom Brady mit den New England Patriots im Januar in der ersten Playoff-Runde der NFL ausgeschieden war, rechneten viele mit dem Karriereende des Quarterbacks. Doch der 42-Jährige gibt sich mit sechs gewonnenen Super Bowls und neun Finalteilnahmen nicht zufrieden. Statt in die Football-Rente zu gehen, wechselt Brady zu den Buccaneers. Und nicht zum Schnäppchenpreis. Sein Zweijahresvertrag soll mit insgesamt 54 Millionen Euro dotiert sein. Brady: „Ich starte eine neue Footballreise und danke den Buccaneers für diese Chance.“
Bei Claudia Pechstein geht es im Eisschnelllauf inzwischen eher um die Ehre. Die 48-Jährige dreht nach ihrer ungerechtfertigten Dopingsperre im Jahr 2009 auch ein bisschen aus Trotz ihre Runden im Eisoval. Obwohl es nicht mehr fürs Podium reicht, lässt die Berlinerin immer noch zahlreiche Athletinnen hinter sich, die bei ihrem ersten Olympiasieg 1994 noch nicht einmal geboren waren. Insgesamt holte Pechstein fünfmal Olympiagold sowie je zweimal Silber und Bronze. Und für 2022 strebt sie in Peking ihre 8. Winterspiele an.
Dort könnte sie auf Noriaki Kasai treffen. Der japanische Skispringer feierte sein Weltcup-Debüt im Dezember 1988 und fliegt auch mit 47 Jahren noch vom Schanzentisch. Jetzt hat er seine neunte Olympia-Teilnahme ganz fest im Visier. „Wenn man ein Ziel hat, ist keine Zeit verschwendet. Ich werde weiterkämpfen“, erklärte Kasai jüngst auf der Plattform „hochi.news“. 1992 wurde er Skiflugweltmeister und gewann bei Nordischen Skiweltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen neun Medaillen. 2016 stellte er mit 43 Jahren sogar noch zwei Schanzenrekorde auf.
Mit Ole Einar Björndalen ist eine andere Wintersport-Legende zwar nicht mehr aktiv, aber der Norweger beendete 2018 erst als 44-Jähriger seine einzigartige Biathlon-Karriere. Auf seiner Visitenkarte stehen insgesamt acht olympische Goldmedaillen und 20 WM-Triumphe. Seine letzten zwei Olympiasiege holte er als 40-Jähriger 2014 im Sprint und mit der Mixed-Staffel.
Ewiges Eis sorgt auch bei Jagomir Jagr für einen Jungbrunnen. Die tschechische Eishockey-Legende jagt mit inzwischen 48 Jahren in seiner Heimat für Kladno immer noch dem Puck hinterher. Vor einem Jahr schoss er beim 4:2 im entscheidenden Aufstiegsspiel zur ersten Liga alle vier Tore. Doch als er mit Pittsburgh Penguins 1991 und 1992 den Stanley Cup und mit Tschechien 1998 Olympiagold gewann, waren viele seiner heutigen Teamkollegen noch nicht mal auf der Welt. Außerdem wurde er mit Tschechien zweimal Weltmeister, mehrfach ins Allstarteam gewählt und liegt mit 1925 NHL-Spielen in der ewigen Rekordliste der nordamerikanischen Eishockeyliga auf Rang zwei.
Kein Ende kennt scheinbar auch Para-Sportlerin Andrea Eskau. Die inzwischen 49-Jährige gewann bei den Sommer- und Winterolympics jeweils vier Goldmedaillen im Handbike, Biathlon und Skilanglauf. Außerdem holte die Handicap-Sportlerin vom USC Magdeburg zehn Weltmeistertitel.
Erst im Alter von 40 Jahren trat Dirk Nowitzki von der NBA-Bühne ab. Mit 1522 NBA-Spielen und 31.560 Punkten zählt der gebürtige Würzburger zu den drei am häufigsten eingesetzten Akteuren und sechs besten Korbjägern in der Geschichte der besten Basketball-Liga der Welt. 2011 gewann er mit den Dallas Mavericks als erster Deutscher die NBA-Krone.
Unvergessen bleibt auch die inzwischen 58-jährige Kanutin Birgit Fischer. Sie ist mit acht Gold- und vier Silbermedaillen die erfolgreichste deutsche Olympiateilnehmerin und zweiterfolgreichste Olympionikin überhaupt. Beim ersten Olympiasieg war sie 1980 in Moskau 18 Jahre alt. Das letzte Gold holte die gebürtige Brandenburgerin 2004 in Athen. Da war sie 42.
Es gibt auch zahlreiche Sportler, die den Rücktritt vom Rücktritt wagten. Martina Navratilova beispielsweise. Die Tschechin kehrte als 44-Jährige noch einmal ins Tennis-Geschäft zurück. Ihren zuvor 18 Grand-Slam-Siegen konnte sie zwölf weitere Titel im Doppel und drei Grand-Slam-Siege in der Mixed-Konkurrenz folgen lassen. Der letzte gelang ihr wenige Wochen vor dem 50. Geburtstag.
Oder Michael Schumacher, der als siebenfacher Weltmeister 2006 bei Ferrari aus dem Formel-1-Boliden stieg – und vier Jahre später als 41-Jähriger bei Mercedes in den Grand-Prix-Zirkus zurückkehrte und noch drei WM-Serien fuhr. Erfolgreich war es allerdings nicht. Schumi schaffte es nur einmal aufs Podest. Anders als der legendäre Argentinier Juan Manuel Fangio, der 1957 mit 46 Jahren zu seinem fünften und letzten WM-Titel fuhr.
Aktiv im Motorsport ist auch noch Valentino Rossi. Mit neun WM-Titeln zählt er zu den erfolgreichsten Motorrad-Piloten der Geschichte. Ende 2020 wollte der 41-Jährige seine Yamaha eigentlich in die Ecke stellen. Aber durch die Corona-Pause ist es sehr wahrscheinlich, dass der Italiener auch als 42-Jähriger noch auf der Rennmaschine sitzt.
In Ballsportarten sind die Positionen zwischen den Pfosten immer gut für lange Karrieren. Italiens Torwart Dino Zoff führte als 40-Jähriger sein Team 1982 zum WM-Titel und ist damit der älteste Spieler aller Zeiten, der Weltmeister wurde.
40 Jahre alt war auch Thierry Omeyer, als er seinen fünften WM-Titel im Handballtor der französischen Nationalmannschaft feierte. Zwei Olympiasiege und drei EM-Titel stehen ebenfalls auf der Erfolgsliste. Dazu u.a. vier Champions-League-Triumphe mit Montpellier und Kiel.
In der Fußball-Bundesliga geht mit dem 41-jährigen Claudio Pizarro der derzeit älteste Spieler für Bremen auf Torejagd. Einst Serienmeister und Champions-League-Sieger mit Bayern, muss der Peruaner aufgrund der Corona-Krise seine Karriere wohl vor leeren Rängen beenden. Während Pizarro einen neuen Rekord des ältesten Torschützen der Bundesliga-Geschichte aufstellte, bleibt Klaus Fichtel (Schalke, Bremen) mit 43 Jahren, 6 Monaten und 2 Tagen der älteste Spieler, der auf einem Bundesligaplatz stand.
Ein Methusalem war auch Jens Voigt, der als 42-Jähriger seine 17. Tour de France fuhr. Da trug er 2014 eine Etappe lang sogar das gepunktete Trikot des Berg-Besten.
Im Boxen kommt sogar erst mit dem Alter die richtige Reife. Gekrönt wurde das von George Foreman, der im November 1994 durch seinen K.o.-Sieg über Michael Moorer mit 45 Jahren und 9 Monaten ältester Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten wurde.
Ältester Weltmeister in der Box-Geschichte ist allerdings Bernard Hopkins, der im März 2013 beim Gewinn der IBF-Krone im Halbschwergewicht schon 48 Jahre und 53 Tage alt war. Ein Jahr später holte sich der US-Kämpfer einen weiteren WM-Gürtel.
Respekt auch vor dem Rostocker Triathleten Andreas Raelert, der zum Abschluss seiner Karriere als 44-Jähriger im Oktober 2020 noch einmal beim Ironman starten will.