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Fußball Waldow: Abteilungen leiden unter Isolation

Über zwei Monate hat die Corona-Pandemie die Welt und damit auch den Sport im Griff.

18.05.2020, 03:00

Halberstadt l Auch viele Nachwuchssportler müssen auf ihr geliebtes Hobby verzichten.

Volksstimme-Redakteur Ingolf Geßler unterhielt sich aus diesem Grund mit Thomas Waldow, Leiter der Geschäftsstelle des Gesamtvereins und mit Leib und Seele Trainer im Nachwuchsfußball.

Seit zwei Monaten hat das Coronavirus den Sport im Griff. Wie hat sich das auf den Nachwuchsfußballer des VfB Germania ausgewirkt?

Thomas Waldow: Fußball ist eine Mannschaftssportart. Wer Fußball mit Leidenschaft betreibt, tut das nicht nur wegen der individuellen sportlichen Betätigung, sondern vor allem auch, um in einer Gemeinschaft Sport zu treiben, um mit Gleichgesinnten zusammen zu spielen, um sich im Wettkampf zu messen. Gerade im Nachwuchs ist auch der Stillstand in der fußballerischen Entwicklung ohne Mannschaftstraining ein großes Problem.

Was haben die Teams unternommen, um mannschaftsintern in Kontakt zu bleiben?

Hier gab es kreative Ideen. Einige Trainer gaben wöchentliche Aufgaben oder Wettbewerbe vor, andere blieben per Videokonferenzen mit den Spielern in Kontakt.

Wie gestaltete sich die Situation in den anderen Abteilungen?

Sehr unterschiedlich. Unsere Leichtathleten halten sich per Anweisungen von den jeweiligen Trainern fit. Hier gibt es zum Beispiel von der Trainerfamilie Herbst per Whats App-Videos für unsere Jüngsten sehr schöne Anleitungen oder vom Leistungskader-Trainer Steffen Fricke hervorragende Trainingseinheiten, die er selbst vormacht. Ditmar Schwalenbergs Para-Leichtathleten haben in ihren jeweiligen Einrichtungen gute Trainingsmöglichkeiten.

Schwieriger gestaltet sich das individuelle Training allerdings bei den technisch sehr anspruchsvollen Sportarten. Bei den Anfängern der Abteilung Turnen befürchtet Frau Müller, dass sich im Training ohne Trainer vielleicht einige technische Fehler oder Fehlhaltungen einschleichen könnten, die man nur schwer wieder korrigieren kann. Judo-Chef Holger Henschel verfolgt hingegen das gesendete Trainingsprogramm seiner erfahrenen Schützlinge mit Stolz und Begeisterung.

Unsere Mitglieder aus dem Rehabilitationssport gehören naturgemäß zur sogenannten Risiko-Gruppe und müssen deshalb besonders auf sich achten. Hier sind gemütliche Waldspaziergänge zurzeit das Mittel der Wahl.

Welche Abteilung ist aus Deiner Sicht bisher am besten durch die Krise gekommen?

Jede Sportabteilung leidet im Moment unter dieser Isolation. Auch wenn man für sich Joggen kann oder zahlreiche Stabilisationsübungen auch zuhause durchführbar sind, fehlt allen Sportlern die Gemeinschaft. Einige Bogensportler haben vielleicht die Möglichkeit privat zu üben, auch beim Tischtennis findet man Lösungen, um im Training zu bleiben. Das ersetzt aber nicht das Mannschaftsgefühl.

Mit der Foto- und Videoaktion „Wir Germanen bleiben fit!“ haben die Vereinsmitglieder vielfältige Eindrücke vom Training im Homeoffice gegeben. Hattest Du mit dieser tollen Resonanz gerechnet?

Großartig, dass diese Aktion so gut angenommen wird. Wir bekamen bisher Bilder und Videos von allen Sportarten unseres Vereins und darüber hinaus. Fans und Unterstützer aus dem gesamten Harzkreis, dem Bördekreis, dem Salzlandkreis und sogar aus den USA und aus Italien grüßten mit tollen Bildern. Das ist echt überwältigend.

Im Normalfall trainierst Du allein mit den C-Junioren fünfmal die Woche. Juckt es da auch bei einem Coach in den Füßen?

Ja selbstverständlich. Wenn man im Normalfall inklusive der Punktspiele quasi sieben Tage in der Woche auf dem Platz steht, ist die derzeitige Situation eigentlich nicht zu begreifen. Erst recht über einen so langen Zeitraum, eigentlich eine längere Zeit, als sonst die Sommerpause zwischen den Spielzeiten ist.

Mit der 5. Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus der Landesregierung Sachsen-Anhalt ist zumindest ein Training in Kleingruppen wieder möglich. Wird dies von den Nachwuchsfußballern des VfB Germania wahr genommen?

Ja, wir haben umgehend entsprechende Konzepte und Einweisungen vorbereitet und umgesetzt. Da das Friedensstadion zunächst noch geschlossen bleiben musste, trainieren wir in Kleingruppen auf anderem Gelände. Sehr hilfreich war hier übrigens die Reaktion von Herrn Geffert, dem Ortsbürgermeister von Klein Quenstedt, der uns kurzfristig das Sportgelände dort zur Verfügung stellte!

Was sind die größten Unterschiede zum normalen Training?

Laut dieser Verordnung trainieren wir mit vier Spielern. Diese bleiben in jeder Situation auf dem Platz mindestens zwei Meter auseinander. Das heißt dann, dass grundsätzlich völlig auf Wettkampfformen, in denen Zweikämpfe oder ähnliches möglich wären, verzichtet wird. Passfolgen, Techniktraining, Torschüsse oder auch Fußballtennis sind dann immerhin möglich, auch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl in einer Gruppe zu trainieren.

Alle Fußballer trainieren am liebsten mit dem Ball, welche Möglichkeiten gibt es, möglichst nahe an die Spielsituation zu kommen?

Es gibt zahlreiche Modelle, wie sich Passfolgen, Techniktraining oder Torschüsse auch in Wettbewerbsformen unter Einhaltung der aktuellen Vorschriften sinnvoll trainieren lassen. Fußballtennis-Varianten sind ebenfalls möglich und sorgen für entsprechende Abwechslung.

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt hat sich nach dem Meinungsbild der Vereine für einen Abbruch der Saison entschieden. Wie sah Dein Standpunkt zum weiteren Verlauf der Saison aus?

Aus meiner Sicht konnte es ebenfals nur einen Abbruch geben. Eine Fortsetzung wäre gerade im Nachwuchsbereich technisch überhaupt nicht vertretbar.

Sollte die abgebrochene Spieljahr annulliert oder gewertet werden? Welche Variante der Wertung siehst Du als die fairste an?

Hier bin ich mir nicht ganz sicher. Jede mögliche Variante birgt eine gewisse Unfairness in sich, das liegt in der Natur dieser ungeahnten Covid-Zeit.

Vielleicht wäre eine Wertung nach der Hinrunde in den meisten Ligen eine annehmbare Möglichkeit. Immerhin hätte dann jeder einmal gegen jeden gespielt. Auch wenn wir zum Beispiel mit den A-, B-, und C-Junioren in der Verbandsliga zufällig mehr Auswärts- als Heimspiele gehabt hätten, aber so ist das dann eben. Absteiger muss es nicht zwangsläufig geben. Im Nachwuchsfußball ergeben sich erfahrungsgemäß entsprechende Ligazugehörigkeiten oft auf Antrag der Vereine, sprich Mannschaftsstärke, Spielfähigkeit etc.

Erwartest Du nachhaltige Änderungen im Sport bzw. Fußball durch die Corona-Krise?

Vielleicht wird es aus wirtschaftlichen Gründen noch schwerer werden, Sponsoren zu finden ,die ja eine der Säulen des Amateur- und Nachwuchsfußballs sind. Vielleicht wird durch diese Krise aber auch vielen Menschen bewusst, welchen Stellenwert für jeden persönlich ein Sportverein- oder eine Sportgemeinschaft, auch ein Fitnessstudio hat. Das ist ein Stück Kultur, ein Stück Lebensqualität!

Hast Du bereits ähnlich schwierige Zeiten im Sport erlebt?

Nein. Eine Situation, in der im Prinzip „die Welt still steht“ und tatsächlich jeder in irgendeiner Weise betroffen ist, ist bisher ungekannt – und hoffentlich einmalig.

Was vermisst Du am meisten mit Blick auf den Sportalltag vor Corona?

Diese (Planungs-) Sicherheit, diese Selbstverständlichkeit mit einander umzugehen, eine Saison zu planen, auch eine Mannschaft zielführend zu entwickeln. Und nicht zuletzt natürlich „meine“ Spieler und deren Eltern, die ja sozusagen zum Alltag gehören

Zu den Heimspielen des VfB Germania veröffentlicht der Verein sein „Germanen-Echo“. Kommen Mitglieder und Anhänger des Halberstädter Sports auch in Corona-Zeiten an die aktuellen Vereinsinformationen?

Ja, in dieser Zeit ohne Veranstaltungen ist das „Germanen-Echo“ in unserem Fanshop in der Klusstraße oder auch in unserer Geschäftsstelle erhältlich. Diese Zeitschrift erscheint jeden Monat und gibt einen Überblick über das Geschehen unseres Vereins. Sport-Fans finden hier immer auch interessante Hintergrundgeschichten und Porträts von Sportlern und ehrenamtlichen Funktionsträgern.