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Wie Polens Regierung Staat und Justiz umkrempelt

23.12.2015, 08:33

Berlin (dpa) - Seit November stellt die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Polen die Regierung. Allzu konservativ im Wortsinn hat sie sich bisher nicht gezeigt:

Statt Altes zu bewahren, besetzt sie viele zentrale Posten in Politik und Justiz neu - trotz massiver Proteste von Juristen und der Opposition. Ein Überblick:

VERFASSUNGSGERICHT: Vor dem Machtwechsel hatte das alte liberalkonservative Parlament noch schnell mehrere neue Verfassungsrichter gewählt. Doch Polens Präsident Andrzej Duda, der selbst von der PiS nominiert worden war, wollte die designierten Richter nicht vereidigen. Kaum an der Macht, verabschiedete die neue Regierung im Schnelldurchgang ein Gesetz, wonach sie fünf neue Richter wählen darf. Prompt wurden die auch von Duda vereidigt. Derzeit wird im Parlament über ein weiteres Gesetz verhandelt: Verfassungsrichter dürften demnach Urteile nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit statt einfacher Mehrheit fällen. Zudem müssten 13 von 15 (statt bisher neun) Richtern im Plenum anwesend sein. Laut Opposition würde das Gericht dadurch im Grunde arbeitsunfähig werden.

BEGNADIGUNG: Präsident Duda begnadigte im November den Ex-Chef der Antikorruptionsbehörde, Mariusz Kaminski. Der war in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilt worden und legte dagegen Berufung ein. Duda entschied jedoch nach eigener Aussage, die Justiz von dieser Angelegenheit zu entbinden. Kaminski ist ein prominentes Mitglied der regierenden PiS; Duda war es bis zu seiner Wahl zum Präsidenten ebenfalls. In der neuen Regierung dient Kaminski nun als Geheimdienstkoordinator. Nach Ansicht von Juristen hätte Duda ihn gar nicht begnadigen dürfen, weil Kaminski noch nicht rechtskräftig verurteilt worden war.

NATO-EKLAT: In einer nächtlichen Aktion Mitte Dezember setzte die neue Regierung den Leiter eines neuen Nato-Kompetenzzentrums für Spionageabwehr in Warschau ab. Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski sagte im Rundfunk, die dort arbeitenden Soldaten hätten die Sicherheitsprüfung nicht bestanden.

ROT-WEISS STATT BLAU-GELB: Eher symbolischer Natur war eine Aktion von Ministerpräsidentin Beata Szydlo kurz nach ihrer Wahl: Auf einer Pressekonferenz ließ sie die sonst üblichen EU-Fahnen gegen polnische austauschen. Schließlich gehe es um nationale Themen, sagte Szydlo.