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Viele deutsche Opfer Busunglück auf Madeira: Versagten die Bremsen?

Staatstrauer in Portugal nach der Bustragödie auf Madeira. Viele Verletzte werden noch behandelt. Urlauber, die leicht verletzt davon kamen, halten ein Bremsversagen für möglich. Die meisten Opfer sollen Deutsche gewesen sein. Außenminister Maas reiste zum Unglücksort.

16.04.2019, 23:01

Funchal (dpa) - Überlebende des schweren Busunglücks von Madeira mit 29 Toten haben ein Bremsversagen als wahrscheinliche Unfallursache bezeichnet.

Die Behörden warnten vor vorschnellen Urteilen. Außenminister Heiko Maas reiste auf die portugiesische Atlantikinsel. Er traf dort seinen Amtskollegen Augusto Santos Silva, besuchte die Unglücksstelle, an der er einen Kranz niederlegte, und dankte den Hilfskräften. Ein weiterer Termin vor der Rückreise nach Deutschland war ein Besuch im Krankenhaus.

Ein leicht verletzter Passagier berichtete noch am Donnerstag von seinen Eindrücken. "Ich denke, die Bremsen funktionierten nicht. Ich kann mir keine andere Ursache vorstellen. Der Bus fuhr von der Quinta Splendida los, nach einigen Sekunden wurde er immer schneller. Er schlug gegen die Mauer, wir glaubten sofort, dass er außer Kontrolle geraten war. Er wurde immer schneller, und dann überschlug er sich", sagte der Mann nach einem Bericht der Online-Zeitung "Observador".

Er hatte sich laut Bericht bei dem Unfall eine Rippe gebrochen, seine Frau wurde am Nacken leicht verletzt. Alter und Herkunft des Ehepaars nannte "Observador" nicht. Im ARD-"Brennpunkt" kam ein deutsches Paar mit der gleichen Schilderung zu Wort. Die Frau erzählte dabei, dass ein Tipp auf dem Hinflug wohl dafür gesorgt habe, dass sie glimpflich davon kamen. Im Flugzeug werde erklärt, was zu tun sei. "Wir kauerten uns zusammen wie die Babys. Und das war unser Glück."

Unter den 29 Todesopfern sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin wahrscheinlich 27 deutsche Staatsangehörige. Nach portugiesischen Medienberichten könnten auch zwei Einheimische getötet worden sein. Die Identifizierung der Opfer soll nach Angaben des Krankenhauses "Dr. Nélio Mendonça" in Funchal voraussichtlich bis Samstag abgeschlossen sein.

27 Menschen wurden bei dem Unfall verletzt, die meisten laut Medienberichten ebenfalls Deutsche sowie zwei Portugiesen: der Fahrer und ein Reiseführer. Angaben der Regionalregierung vom Abend zufolge schwebte keiner mehr in Lebensgefahr.

Die Bundesregierung machte zunächst weiter keine Angaben über die Zahl der ums Leben gekommenen Deutschen. Kanzleramtschef Helge Braun begründete das damit, dass zunächst die Angehörigen informiert würden. "Die Bundesregierung unternimmt nun alles, um dafür zu sorgen, dass schnell Gewissheit für die Angehörigen herrscht", sagte er vor Journalisten in Berlin. Es sei "eine Reisegruppe von vorwiegend deutschen Urlaubern" betroffen.

Die Urlauber wollten vom Hotel Quinta Splendida im östlich der Inselhauptstadt gelegenen Ort Caniço zu einem traditionellen Abendessen nach Funchal. Der Bus fuhr eine leicht abschüssige Straße hinunter und bog dann links ab. In der Kurve kam er - nur rund 250 Meter vom Hotel entfernt - von der Fahrbahn ab.

Der Bus stürzte mehrere Meter tief und schlug in ein Haus ein. Dessen Bewohner war laut "Observador" nicht zu Hause. Eine Augenzeugin sagte dem Sender TVI24, dass sie laute Schreie aus dem Bus hörte. Der Bus wurde am Donnerstagfrüh geborgen, auf Fotos klaffte ein großes Loch im Ziegeldach und der Rückwand des Hauses.

Der Reiseveranstalters trendtours teilte mit, dass nach Erkenntnisstand von Donnerstagnachmittag 51 seiner Gäste an Bord des Unglücksbusses waren. Der Veranstalter Schauinsland-Reisen meldete, dass zwei seiner Gäste im Bus saßen. Das wäre in der Summe ein Gast mehr als die mutmaßlich 27 deutschen Toten und die maximal 25 deutschen Verletzten.

TVI24 berichtete, dass zwei Busse mit deutschen Urlaubern von dem Hotel losgefahren seien. Der zweite Bus war in den Unfall nicht verwickelt.

Der verunglückte Bus war erst fünf bis sechs Jahre alt, der Mann am Steuer galt als erfahrener Fahrer. Der Vizepräsident der Regionalregierung von Madeira, Pedro Calado, nannte alle Mutmaßungen zur Unglücksursache "verfrüht". Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein.

Die portugiesische Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer bis einschließlich Samstag an. Ministerpräsident António Costa kondolierte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er sei bestürzt und übermittle der Kanzlerin "in dieser schweren Stunde" sein Bedauern, twitterte Costa noch am Mittwochabend. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa wird am Freitag auf Madeira erwartet.

Die sehr gebirgige "Blumeninsel" von der Größe Hamburgs ist neben der Algarve das beliebteste Reiseziel der Deutschen in Portugal. Nach Angaben des Portals A-Z Madeira stellten Deutsche und Briten 2017 je ein Fünftel der 1,3 Millionen Urlauber.

Restlos zerstört: Der Unglücksbus nach dem Absturz. Foto: SIC/AP
Restlos zerstört: Der Unglücksbus nach dem Absturz. Foto: SIC/AP
SIC/AP
Der vollständig zerstörte Bus wird von der Unfallstelle abgeschleppt. Foto: SIC/AP
Der vollständig zerstörte Bus wird von der Unfallstelle abgeschleppt. Foto: SIC/AP
SIC/AP
Das Dach des Unglücksbusses wurde bei dem Unfall eingedrückt. Foto: Rui Silva/Aspress/Global Ima/AP
Das Dach des Unglücksbusses wurde bei dem Unfall eingedrückt. Foto: Rui Silva/Aspress/Global Ima/AP
AP
In dem Unglücksbus kamen 29 Menschen ums Leben. Foto: SIC
In dem Unglücksbus kamen 29 Menschen ums Leben. Foto: SIC
SIC
Polizisten, Journalisten, Einheimische und Touristen an der Kante, über die der Reisebus in die Tiefe gestürzt war. Foto: Andriy Petryna
Polizisten, Journalisten, Einheimische und Touristen an der Kante, über die der Reisebus in die Tiefe gestürzt war. Foto: Andriy Petryna
dpa
Männer reparieren eine Stromleitung, die bei dem schweren Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira beschädigt wurde. Foto: Andriy Petryna
Männer reparieren eine Stromleitung, die bei dem schweren Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira beschädigt wurde. Foto: Andriy Petryna
dpa
Im Krankenhaus «Hospital Central do Funchal» werden Opfer des Busunglücks behandelt. Foto: Andriy Petryna
Im Krankenhaus «Hospital Central do Funchal» werden Opfer des Busunglücks behandelt. Foto: Andriy Petryna
dpa
Der Bus stürzte eine Böschung hinab und wurde erst von einem Haus gestoppt. Foto: TVI/AP
Der Bus stürzte eine Böschung hinab und wurde erst von einem Haus gestoppt. Foto: TVI/AP
TVI/AP
Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes koordinieren im Krisenstab das weitere Vorgehen nach dem Busunglück auf der portugiesischen Insel Madeira. Foto: Kay Nietfeld
Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes koordinieren im Krisenstab das weitere Vorgehen nach dem Busunglück auf der portugiesischen Insel Madeira. Foto: Kay Nietfeld
dpa
Die Unfallstelle: Bei dem Busunglück auf der portugiesischen Atlantikinsel Madeira sind 29 Menschen ums Leben gekommen. Foto: Andriy Petryna
Die Unfallstelle: Bei dem Busunglück auf der portugiesischen Atlantikinsel Madeira sind 29 Menschen ums Leben gekommen. Foto: Andriy Petryna
dpa
Rettungskräfte sind nach dem schweren Busunglück auf Madeira im Einsatz. Foto: Rui Silva/Aspress/Global Imagens/AP
Rettungskräfte sind nach dem schweren Busunglück auf Madeira im Einsatz. Foto: Rui Silva/Aspress/Global Imagens/AP
Aspress/Global Imagens/AP
Die Stelle, an der am Vortag ein schweres Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira stattfand, ist zur Straße hin abgesperrt. Foto: Andriy Petryna
Die Stelle, an der am Vortag ein schweres Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira stattfand, ist zur Straße hin abgesperrt. Foto: Andriy Petryna
dpa
Rettungsdienste bergen Verletzte nach einem schweren Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira. Foto: TVI/AP
Rettungsdienste bergen Verletzte nach einem schweren Busunglück auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira. Foto: TVI/AP
TVI/AP
Mindestens 29 Menschen überlebten die Tragödie nicht, wie die Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf den Zivilschutz berichtete. Foto: TVI/AP
Mindestens 29 Menschen überlebten die Tragödie nicht, wie die Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf den Zivilschutz berichtete. Foto: TVI/AP
TVI/AP