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"Arbeitsteilige" Bluttaten Dreifachmord von Hille: "Bemerkenswertes Maß an Brutalität"

Im Prozess zum Dreifachmord von Hille erhalten beide Angeklagten Lebenslang. Einen der Täter hält das Bielefelder Landgericht für einen "Gewohnheitsmörder".

Von Yuriko Wahl-Immel und Carsten Linnhoff, dpa 19.07.2019, 13:43

Bielefeld (dpa) - Sie mordeten gemeinsam, gingen extrem grausam vor, verscharrten die Leichen in Gruben, die sie zuvor - in die Kamera lachend - ausgehoben hatten.

Als das Landgericht Bielefeld Jörg W. (53) und Kevin R. (25) im Prozess um den Dreifachmord von Hille am Freitag zu lebenslanger Haft verurteilt, betont der Vorsitzende Richter Georg Zimmermann: "Die Taten zeichnen sich durch ein bemerkenswertes Maß an körperlicher Brutalität aus."

Eine weitere fatale Erkenntnis: Alleine wären die Männer wohl eher harmlos gewesen - als Duo wurden sie zu skrupellosen Mördern. In ihrer "speziellen" und "dunklen" Beziehung seien sie buchstäblich über Leichen gegangen, um Probleme zu lösen.

Der ältere Angeklagte bekommt wegen dreifachen Mordes, der jüngere wegen zweifachen Mordes eine lebenslange Haftstrafe, und es wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Während Zimmermann ihre Bluttaten schildert, lauschen sie regungslos und konzentriert, wirken völlig unbeteiligt. Derweil zeichnet der Richter ein Bild von den beiden, das Charaktere voller Widersprüche offenlegt.

Der Hofbetreiber Jörg W. posierte in seinem Umfeld gern mit Waffen und gab an mit seiner Zeit bei der Fremdenlegion. In Wahrheit war er schnell ausgemustert worden, viele seiner Geschichten stellten sich als Märchen heraus. Auf der anderen Seite Kevin R., der sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagierte, den Freunde und Bekannte eher als "weich" beschrieben. Er zog zu Jörg W. und dessen Ehefrau auf den Hof. Es war ein bisschen wie "Ziehvater" und "Ziehsohn".

Doch eine höchst unheilvolle Beziehung entwickelte sich. "Sie wurden zu Komplizen und entwickelten ihre Gefährlichkeit erst durch das gemeinsame Auftreten", sagt Richter Zimmermann. "Zwei Schwache haben sich, besonders unter Alkohol, gegenseitig bestärkt."

Bei ihren Bluttaten gingen sie dann heimtückisch, skrupellos und "arbeitsteilig" vor. Ihre Opfer waren ein älterer Nachbar (72), der die Treppe hinuntergestoßen, erwürgt und erdrosselt wurde. "Sein Tod verlief quälend langsam." Einen Hilfsarbeiter brachte das Duo mit Ziegelsteinen und einem Messer um. Ihr jüngstes Opfer war ein 30-jähriger Familienvater aus Niedersachsen, der starb, weil er 5000 Euro zurückhaben wollte.

Alle Taten waren letztlich getrieben von der Habgier des älteren Angeklagten. Für Jörg W. ging es nach Ansicht des Gerichts immer ums Geld. Er habe große finanzielle Probleme gehabt.

Die Leichen wurden im Frühjahr 2018 auf zwei Höfen in Ostwestfalen an der Landesgrenze zu Niedersachsen gefunden - in der Erde verscharrt und schrecklich zugerichtet. Am Ende war für das Landgericht anhand der Indizien klar, dass die beiden Männer gemeinsam töteten. Beim Jüngeren blieben allerdings in einem Fall Zweifel - daher "nur" eine Verurteilung wegen zweifachen Mordes. Beim Älteren ordnete der Richter Sicherungsverwahrung an: Er sei zum "Gewohnheitsmörder" geworden.

Selbst erfahrene Kripo-Beamte erschauderten in dem zehnmonatigen Strafverfahren immer wieder, als es um die Schilderung der Bluttaten ging - mit Steinen, einem Messer und Maurerfäusteln, mit Schlägen gegen Brust und Kopf oder mit Würgeangriffen. Beide Angeklagten hatten den jeweils anderen der Taten bezichtigt. Diese Strategie ging nicht auf.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision beim Bundesgerichtshof möglich. Für die Hinterbliebenen ist der Richterspruch aus Bielefeld jedenfalls eine Erleichterung. Ein Anwalt, der eine Angehörige als Nebenklägern vertrat: "Dieses Urteil ist angemessen und sehr umsichtig." Die Schwester des ermordeten Hilfsarbeiters sagt: "Ich bin schon erleichtert. Man muss irgendwie einen Abschluss schaffen. Für mich ist die Sache jetzt endlich zu Ende."