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Analyse Sturm-Stopp bei der Bahn - die Strategie dahinter

Nichts geht mehr für Stunden: Wegen des Sturmtiefs "Sabine" lässt die Bahn ihre Fernzüge lieber stehen. Reisende diskutieren: übertrieben oder angebracht? Fest steht: Die Aktion hat Methode.

Von Burkhard Fraune, dpa 10.02.2020, 17:42

Berlin (dpa) - Züge stecken in Bahnhöfen fest, Fahrgäste übernachten in Waggons, leere Bahnsteige, volle Info-Schalter: Zum zweiten Mal innerhalb von gut zwei Jahren hat die Bahn den Fernverkehr komplett eingestellt. Nichts ging mehr, Zehntausende waren betroffen.

Und als der Sturm vorüber ist, zeigt sich: Es ging vergleichsweise glimpflich aus. War es übervorsichtig, die ICE- und Intercity-Züge komplett in den Bahnhöfen zu lassen? Oder trug es sogar dazu bei, die Schäden gering zu halten?

"Wir konnten weitgehend verhindern, dass Züge auf freier Strecke liegengeblieben sind und Fahrgäste von dort evakuiert werden mussten", erklärt ein Sprecher am Montag, warum die Bahn auf Stopp schaltete. "Wir wollen in extremen Wetterlagen unsere Fahrgäste in Bahnhöfen versorgen."

Während draußen der Orkan "Sabine" tobt, stellt die Bahn am Sonntagabend an vielen großen Bahnhöfen sogenannte Übernachtungs- beziehungsweise Aufenthaltszüge bereit. Dort können sich gestrandete Reisende ausruhen. Allein am stark besuchten Hauptbahnhof von Hannover nutzen 110 Reisende dieses Angebot, wie die Bahn am Montag bilanziert.

Am Sonntagabend muss bei der Bahn eigentlich alles rollen, was rollen kann: Es ist Hauptreisezeit. Pendler wollen zum Arbeitsort, Wochenendurlauber nach Hause, Studenten zu den Unis. Doch dann kommt das Sturmtief "Sabine", Orkanböen drohen, erste Bäume stürzen auf Gleise und Oberleitungen. Das Lagezentrum für Großstörungen der Bahn zieht die Reißleine.

Alle Fernzüge bleiben in den Bahnhöfen, auch im Regionalverkehr fährt vielerorts nichts mehr. Erst Montagvormittag geht es nach und nach wieder weiter, Verspätungen und Ausfälle bleiben den Kunden aber erhalten. Die Bahn empfiehlt, bis diesen Dienstag geplante Fahrten im Fernverkehr auf einen anderen Tag zu verschieben. Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg dürften am Dienstagmorgen noch die Folgen von "Sabine" zu spüren sein, warnt die Bahn.

Noch vor einigen Jahren fuhren Züge im Angesicht eines Sturms deutlich länger. Vor dem Sturmtief Friederike Anfang 2018 hatte es elf Jahre lang keine Komplettsperrung im Fernverkehr gegeben.

Doch inzwischen setzt die Bahn deutlich früher das Haltesignal, manchmal auch regional begrenzt, etwa 2019 im September in Norddeutschland und im März in Nordrhein-Westfalen.

Man habe den Umgang mit Großstörungen wie Stürmen umfassend überarbeitet, heißt es aus der Konzernzentrale. Die Bahn spricht von guten Erfahrungen und sieht sich bestätigt.

Denn je stärker der Sturm tobt, desto größer sind die Unfallgefahr und die Wahrscheinlichkeit von Zugevakuierungen auf offener Strecke. "Sicherheit hat absoluten Vorrang - die Sicherheit der Fahrgäste und auch unserer Mitarbeiter", betonte die Bahn am Montag. Stehen die Züge im Bahnhof, lässt sich zudem nach Unternehmensangaben der Betrieb nach dem Sturm besser wieder in Gang setzen.

"Die Planbarkeit von Reisen und Bahnbetrieb trotz erheblicher Einschränkungen steht im Fokus", betonte die Bahn. Sie hatte schon Tage vor dem Sturm geraten, Reisen zu verschieben. Viele Fahrgäste hätten Bahn-Mitarbeitern mitgeteilt, dass sie umplanen konnten. Das Schimpfen über die Bahn in sozialen Medien hielt sich während "Sabine" in Grenzen, es gab auch Dank von Fahrgästen.

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