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Vorstoß auch für Hartz-ReformSPD ärgert Union mit Ruf nach Rentengarantie bis 2040

Bislang stritten Union und SPD vor allem über die Asylpolitik. Nun kommt ein neues Konfliktfeld hinzu - die Sozialpolitik. Treibende Kraft ist die SPD. Die Union reagiert prompt.

19.08.2018, 18:29

Berlin (dpa) - Mit zwei sozialpolitischen Vorstößen hat die SPD am Wochenende Ärger in der Koalition mit CDU und CSU provoziert.

Die Union lehnte die Forderung von Vizekanzler Olaf Scholz, das Rentenniveau bis 2040 zu garantieren, genauso ab wie den Vorstoß der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles, Sanktionen gegen jüngere Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Der Koalitionsvertrag sieht nur eine Garantie für das Rentenniveau bis 2025 vor.

Bundesfinanzminister Scholz sagte der "Bild am Sonntag": "Wir werden darauf bestehen, dass die Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den 20er und 30er Jahren gewährleistet und ein plausibles Finanzierungsmodell vorlegt. Das hat für uns hohe Priorität." Zugleich drohte er CDU und CSU mit einem Rentenwahlkampf: "Dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger diese Frage mit ihrem Kreuz auf dem Stimmzettel."

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent zu stabilisieren. Das Rentenniveau ist das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Jahren Durchschnittslohn und dem aktuellen Durchschnittsverdienst - es zeigt, ob die Renten den Löhnen hinterherhinken. Über die Entwicklung in der Folgezeit soll sich nach dem Koalitionsvertrag eine Rentenkommission Gedanken machen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) mahnte die SPD zu Ruhe und Sachlichkeit. "Für die Arbeit der Kommission ist es nicht gut, wenn nun von Seite des Koalitionspartners weitgehende Forderungen gestellt werden, die auch noch mit der Überlegung verknüpft werden, dass im Jahr 2021 ein Rentenwahlkampf geführt werden soll, falls diese nicht erfüllt werden", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das Thema ist schwierig genug und wir haben eine große Verantwortung."

Schärfer formulierte der fachlich zuständige Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU), der der Rentenkommission selbst angehört. "Mit seiner markig vorgetragenen Vorfestlegung leistet Scholz der gerade erst begonnenen Kommissionsarbeit einen Bärendienst, ja gefährdet die Grundlagen ihrer Arbeit", sagte Gröhe der Deutschen Presse-Agentur. "Das mag dem anhaltenden Umfragetief der SPD geschuldet sein, ist aber unverantwortlich!"

Nahles forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe weitere Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Neben der Abschaffung von Sanktionen gegen jüngere Hartz-IV-Empfänger nannte sie eine Ausweitung des Schutzes durch die Arbeitslosenversicherung.

"Leistungskürzungen für jüngere Hartz-IV-Empfänger sollten abgeschafft werden", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Sie wirkten kontraproduktiv. "Die melden sich nie wieder im Jobcenter, um einen Ausbildungsplatz zu suchen. Ergebnis sind ungelernte junge Erwachsene, die wir nicht mehr erreichen." Sie sei auch dafür, den Schutz durch die Arbeitslosenversicherung zu verbreitern und zu verlängern. "Es kann auch nicht sein, dass Familien mit Kindern dauerhaft auf Grundsicherung angewiesen sind."

Auch hierzu gab es umgehend Widerspruch von Gröhe: "Zur Unterstützung durch Hartz IV gehören eben auch Mitwirkungspflichten mit dem Ziel, wieder Arbeit zu finden", sagte er den Funke-Zeitungen. Das sei gerade bei jungen Arbeitslosen wichtig. "Eine Mitwirkungspflicht steht jedoch nur auf dem Papier, wenn es keine Möglichkeit gibt, bei Verweigerung auch Leistungen zu kürzen."

Junge Hartz-IV-Empfänger können bei Verstößen gegen die Regeln härter bestraft werden als ältere. Schon beim ersten Verstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, kann ihnen die gesamte Leistung gesperrt werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) macht sich schon länger dafür stark, dies zu ändern.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Linke begrüßten Nahles' Äußerungen. "Das geht in die richtige Richtung. Allerdings sollten Sanktionen generell abgeschafft werden", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann den Funke-Blättern. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich dort ähnlich.

Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) war im Zuge der Arbeitsmarktreformen deutlich gekürzt worden. Heute gilt: Nach einem Jahr Beschäftigung gibt es 6 Monate ALG I, nach zwei Jahren 12 Monate. Ab einem Alter von 50 Jahren können Erwerbslose bei längeren Beschäftigungszeiten 15 bis maximal 24 Monate (ab 58 Jahren) ALG I erhalten. Es beträgt 60 Prozent des im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit verdienten Nettogehalts, mit einem Kind 67 Prozent.