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Im ersten Halbjahr Verteidigungsministerium gab 155 Millionen für Berater aus

Wie viel Expertise von außen braucht die Bundesregierung? Bei dieser Frage gehen die Meinungen in den einzelnen Ressorts auseinander. Die mit Abstand höchsten Ausgaben für Berater verzeichnet ein Ministerium, das bei diesem Thema unter besonderer Beobachtung steht.

Von Michael Fischer, dpa 08.08.2019, 15:07

Berlin (dpa) - Das Verteidigungsministerium und die ihm unterstellten Behörden haben im ersten Halbjahr dieses Jahres 155 Millionen Euro für externe Beratung und Unterstützung ausgegeben. Das ist fast genauso viel, wie alle anderen 13 Ministerien zusammen mit 178 Millionen gemeldet haben.

Das geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Scharfe Kritik an den hohen Ausgaben kam nicht nur aus der Opposition. Neben den Grünen, der FDP, und der Linken forderte auch die SPD von der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) mehr Transparenz bei dem Thema.

Der Parlamentarische Verteidigungsstaatssekretär Thomas Silberhorn begründete den Einsatz externer Experten vor allem mit den wachsenden Herausforderungen beim Thema Digitalisierung. Alleine 109 Millionen Euro entfielen auf die BWI, den IT-Dienstleister der Bundeswehr, der 1200 Liegenschaften der Truppe betreut. Der "erkannte Handlungsbedarf" bei der Digitalisierung gehe über die eigenen Personalkapazitäten "sowohl quantitativ als auch qualitativ hinaus".

Der Einsatz von Beratern im Verteidigungsministerium wird seit einem halben Jahr von einem Untersuchungsausschuss des Bundestags überprüft. Es geht um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft.

Das Finanzministerium hatte auf Anfrage Höhns bereits im Juli die Ausgaben der einzelnen Ressorts für Sachverstand von außen ermittelt. Das Verteidigungsressort war das einzige Ministerium, das zunächst keine Angaben machte. Mit den nun verspätet gemeldeten 155 Millionen Euro für Expertise von außen liegt es klar vor dem Innenministerium mit 78,7 Millionen Euro und dem Verkehrsministerium mit 47,7 Millionen Euro. Das Bildungsministerium benötigte dagegen am wenigsten zusätzliche Expertise. Dort wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres nur 293.000 Euro für Berater ausgegeben.

Das Finanzministerium weist darauf hin, dass es für externe "Beratungs- und Unterstützungsleistungen" keine einheitliche Definition in den einzelnen Ministerien gebe. Deshalb könne "nicht von einer ressortübergreifenden Vergleichbarkeit der Angaben ausgegangen werden".

Das Engagement von Unternehmensberatern und anderen Experten von außen durch die Bundesregierung ist hoch umstritten. Kritiker meinen, dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der mehr als 20.000 Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit befürchtet.

Die Linksfraktion forderte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer auf, nun alle Beraterverträge auf den Prüfstand zu stellen und möglichst zu kündigen. "Dieser Weg kann nicht weiter beschritten werden", sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. Der Linken-Verteidigungspolitiker Höhn nannte die hohen Ausgaben des Verteidigungsministeriums für externe Berater "skandalös". "Frau von der Leyen hat die Bundeswehr zu einem El Dorado für externe Berater gemacht", sagte er der dpa. "Nun stellt sich die Frage, ob Annegret Kramp-Karrenbauer die Goldgräber wieder nach Hause schicken wird."

Der Grünen-Politiker Tobias Lindner warf dem Verteidigungsministerium vor, in "exzessiver Weise" Geld für Berater auszugeben. "Die Hausleitung hat offensichtlich nichts aus dem Skandal gelernt und jegliches Augenmaß verloren", sagte er. Beratung der öffentlichen Hand müsse die Ausnahme bleiben, im Verteidigungsministerium sei sie aber der Regelfall.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach von "horrenden Ausgaben", die eine Respektlosigkeit gegenüber den Soldaten und auch dem Parlament bedeuteten. "Die neue Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ist in der Pflicht, für schnellstmögliche Transparenz zu sorgen und das Wirrwarr ihrer Vorgängerin aufzuräumen", sagte die Verteidigungsexperten.

Aber auch in der Regierungspartei SPD sorgen die hohen Ausgaben für Unmut. "Wenn die Geldvergabe über eine GmbH gemacht wird, entsteht Intransparenz", sagte der verteidigungspolitische Fraktionssprecher Fritz Felgentreu in der Sendung SWR Aktuell. "Eine direkte Kontrolle der Ausgaben durch das Parlament ist nicht mehr möglich. Das stört uns ganz gewaltig."