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Prozess am Landgericht Dessau Messerstecherei in Dessauer Gemüseladen: Brüder müssen über drei Jahre in Haft, Freispruch für Vater

Am Landgericht Dessau ist am Montag der Prozess wegen einer Messerstecherei in einem syrischen Lebensmittelgeschäft zu Ende gegangen. Was positiv für die Angeklagten bewertet wurde und was nicht.

17.12.2024, 09:50
Die beiden jungen Angeklagten müssen über drei Jahre in Haft.
Die beiden jungen Angeklagten müssen über drei Jahre in Haft. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ. - Mit einem Urteil ist am Montag der Prozess wegen einer Messerstecherei in einem syrischen Lebensmittelgeschäft zu Ende gegangen. Für zwei der Angeklagten, zwei Brüder, sah das Landgericht Dessau die Tatvorwürfe der Anklage im Wesentlichen als erfüllt an. Ihr Vater aber wurde freigesprochen. Das Urteil fiel im zweiten Anlauf.

Überwachungskamera hatte die Tat in einem Dessauer Gemüseladen dokumentiert

Selten gibt es so klare Beweise: Die Überwachungskamera dokumentierte zwar die Tat, doch die Verästelungen des Geschehens erwiesen sich im Prozess als eigentliche Herausforderung. Am Ende zeigte sich jedoch ein anderes Bild, als es die Anklage gezeichnet hatte.

Diese war nämlich davon ausgegangen, dass der Vater selbst den Tod seines Ex-Geschäftspartners wollte und seine Söhne zum Totschlag angestiftet haben soll. Dafür sprachen mehrere Umstände: Nach einem Streit waren der Vater und der jüngere Sohn gemeinsam in das Geschäft an der Museumskreuzung gekommen, der andere Sohn, vom Vater telefonisch informiert, hielt sich bereits im Laden auf. Der angeklagte Vater provozierte seinen Ex-Geschäftspartner, und plötzlich schlug zunächst der ältere Sohn mit einem mitgebrachten Gegenstand zu.

Während es anderen im Geschäft zunächst gelang, den Angreifer zu bändigen, griff der damals 17-jährige Bruder ein: Er trat erst auf das Opfer ein und stach ihm dann überraschend in den Rücken. Auch hier griffen wieder andere ein und drängten den Täter aus dem Laden. Das Messer, und noch ein weiteres, hatte er in den Laden mitgebracht.

Der gemeinsame Aufenthalt von Vater und Söhnen sowie die bereitgehaltenen Waffen schienen zunächst klare Hinweise auf eine Absprache zu sein. Aber: Kein einziger Zeuge konnte sagen, dass es eine Aufforderung des Vaters gegeben hätte. Die Söhne selbst hatten versichert, Schlagstock und Messer ohne Wissen des Vaters mitgenommen zu haben. Und der Vater fragte in seinem letzten Wort vor dem Urteil, wer seine Kinder in so eine Lage bringen würde. Er empfinde eine tiefe Reue, für all das, was passiert sei.

Landgericht Dessau rückte beim vierten Angeklagten vom Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung ab

Das Gericht sprach ihn frei, und auch beim vierten Angeklagten blieb vom ursprünglichen Tatvorwurf wenig übrig. Dem war nämlich gefährliche Körperverletzung vorgeworfen worden, weil er das Messer aus dem Rücken des Opfers gezogen hatte. Das hätte das Risiko erhöht, die Verletzungen zu verstärken. Doch das Gericht kam zu dem Schluss, dass dies eher Expertenwissen sei. Übrig blieb bei ihm die versuchte Strafvereitelung, weil er die Waffen hatte verschwinden lassen.

Und die Brüder? Beiden bescheinigte die Richterin „extreme Wut, extremen Körpereinsatz“. Sie hätten nicht die Absicht gehabt, ihr Opfer zu töten, aber dessen Tod wäre ihnen egal gewesen. „Es war keine spontane Tat.“ Der ältere der beiden hätte mit dem Schlagstock regelrecht auf die passende Situation gewartet.

Unter anderem wegen versuchten Totschlags wurde der ältere der beiden zu drei Jahren und zehn Monaten verurteilt, der jüngere zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Positiv zugerechnet wurden ihnen unter anderem die Geständnisse. Dass die Tat mitten in der Öffentlichkeit stattfand, wurde ihnen erschwerend zur Last gelegt.