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Schießsport Nachwuchs begeistert sich für den Schützenverein in Wolmirstedt

Manfred Schulz, Vorsitzender des SV Wolmirstedt, im Interview mit der Volksstimme.

10.05.2021, 11:37
Letztmals kamen die Wolmirstedter Schützen zum Rosenpokal 2020 zusammen.
Letztmals kamen die Wolmirstedter Schützen zum Rosenpokal 2020 zusammen. Foto: Michael Eistert

Das Sportschießen genießt im Vergleich zu den großen Sportarten wie Fußball oder Handball nur ein Schattendasein in Deutschland. Dennoch gibt es ihn in einigen Vereinen – auch in Sachsen-Anhalt und dem Landkreis Börde. Der Schützenverein Wolmirstedt ist dabei nicht nur Heimat für Freunde der Waffe, sondern auch einiger Bogensportler. Im Gespräch mit Volksstimme-Autor Stefan Rühling erläutert der Vereinsvorsitzende, Manfred Schulz, die Auswirkungen der Pandemie auf den Schießsport sowie seinen Verein.

Volksstimme: Herr Schulz, welche Auswirkungen hat Corona derzeit auf den Schießsport im Allgemeinen?

Manfred Schulz: Im Frühjahr 2020 haben auch wir das Training komplett einstellen müssen. Wir sind jedoch in der glücklichen Lage, dass der Schießsport zu den Individualsportarten gehört. Seit dieser Entscheidung war und ist - je nach der aktuellen Lage und den entsprechenden Regeln (allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen für den Nachwuchsbereich, Hygienekonzept) - ein Training grundsätzlich möglich. Während bisher Trainingstage und -zeiten für alle fest terminiert waren, planen wir nun seit Monaten genau, wer, wann, wo und was und in welchem Zeitraum trainieren darf. Das betrifft alle unsere Disziplinen gleichermaßen und erfordert eine immense Organisation. Hier gehört unserem Sportleiter, Wolfgang Witte, und unserem Jugendleiter, Ulrich Trimkowski, ein großer Dank. Sie opfern noch mehr ihrer Zeit, um den Mitgliedern ein Training zu ermöglichen. Aufgrund des individuellen Trainings der einzelnen Mitglieder zieht sich auch die Trainingszeit für die Übungsleiter. Aber auch das organisieren wir, damit die Mitglieder - wenn auch in abgespeckter Version – ihren Sport ausüben können. Einige Mitglieder haben sich auch spontan angeboten, ihre flexible Arbeitszeit auszunutzen und kommen nun bereits vormittags zum Training. Das hilft uns sehr den Trainingsbetrieb für alle zu entzerren.

Und für Ihre Bogensportler im Speziellen?

Für unsere Bogensportler gab es im Herbst eine deutliche Einschränkung bei den Trainingsbedingungen, da die Halle der Freundschaft, die wir für den Trainingsbetrieb in der Herbst- und Wintersaison mieten, geschlossen wurde. Ich glaube, sie haben nur noch zwei oder drei Mal in der Halle trainieren dürfen und dann war Schluss. Damit entfiel die Möglichkeit auf die Wettbewerbsdistanz von 18 Meter zu trainieren. Wir haben dann kurzerhand unseren Feierraum zur Hälfte leergeräumt, um Ihnen überhaupt eine Trainingsmöglichkeit zu geben. So konnten sie wenigstens auf zehn Metern ein Techniktraining absolvieren.

Sie haben den Feierraum angesprochen. Wie sieht Ihr Vereinsleben derzeit aus?

Das findet quasi nicht statt. Alle Feste haben wir abgesagt. Wir haben nur für unsere Kinder und Jugendlichen ein Mini-Weihnachts- und Osterschießen mit Präsenten und coronakonformer Übergabe organisiert. Unsere Kinder und Jugendlichen sind meines Erachtens sehr dankbar für die ein bis zwei Stunden Abwechslung in der Woche.

Neben den Festen fallen ja auch die Wettbewerbe aus. Wie beurteilen Sie dies?

Das ist für uns sehr schwierig. Eigentlich führen wir als Verein für den Kreis- und auch für den Landesschützenverband einige Kreismeisterschaften und auch Pokalwettbewerbe auf Landesebene im Jahr durch. Doch aktuell ruht das alles. Der letzte Wettbewerb fand bei uns am 1. November des Vorjahres mit dem Rosenpokalfinale statt. Seitdem ist alles ausgefallen. Im Januar hätten wir zum zweiten Mal die Landesmeisterschaft Bogen in der Sporthalle des Gymnasiums in Wolmirstedt durchführen wollen, aber auch diese musste – wie alle anderen Landesmeisterschaften in diesem Jahr im Sportschießen – abgesagt werden. Das ist sehr schade. Wir haben im Verein auch Mitglieder, die beispielsweise an Deutschen Meisterschaften im Sommer und Herbst in München und Dortmund oder am Masters Shooting Sport Championship im September in Suhl teilnehmen wollen und da gehört nun mal eine gewisse Erfahrung aus Wettbewerben dazu. Die zu trainieren, ist schlicht nicht möglich.

Sehen Sie sich gegenüber anderen Sportarten benachteiligt?

Ich sage mal so: Man fragt sich auf der einen Seite schon, warum es in anderen Sportarten, die körperlich sehr viel näher miteinander agieren, erlaubt ist, einen Ligabetrieb betreiben zu dürfen. Und auf der anderen Seite gibt es Sportarten, bei denen ein Abstand eingehalten werden kann, denen aber diese Möglichkeit der Wettbewerbe verwehrt wird.

Was konnten Sie dennoch während Corona anbieten?

Wir wollten den Kopf nicht in den Sand stecken. So hatten wir uns überlegt, einen Fernwettbewerb durchzuführen. Die Beteiligung am ersten Wolmirstedter Katharina-Pokal ist bislang hervorragend. Hierbei geht es darum, dass Schützen uns ihr bestes (vom Sportleiter des Heimatvereins bestätigte) Schießergebnis in der angemeldeten Disziplin in einem Monat per Mail oder Post übermitteln. Sie alle kommen in ein Ranking. Aus ganz Deutschland haben sich 139 Schützen angemeldet. Mit dieser Resonanz haben wir nicht gerechnet. Der Wettbewerb geht über fünf Monate. Den ersten Plätzen winkt ein Preisgeld. Für die Mannschaftsplatzierungen gibt es tolle Pokale. Leider durften wir bisher nur einen Monat durchführen. Dann schlossen viele Schützenvereine und wir haben den Wettbewerb zunächst gestoppt. Wir hoffen aber sehr, den Fernwettbewerb bald wieder aufnehmen und fortsetzen zu können.

Schlägt Ihr Herz mehr für die Waffe oder den Bogen?

Ich bin kein Bogensportler, sondern seit jeher Kugelschütze. Allerdings ist diese Unterteilung meiner Meinung nach auch völlig überholt. Denn wir sind alle Sportschützen, die ihrer Leidenschaft für den Schießsport nachgehen.

Wie verteilen sich die Mitglieder in Ihrem Verein?

Im Schützenverein Wolmirstedt von 1863 e. V. gibt es schon seit einigen Jahren Mitglieder, die ausschließlich den Bogensport betreiben. Andere begannen beim Bogenschießen, kehrten dieser Disziplin dann aber komplett den Rücken und fanden Gefallen am Luftdruckgewehr. Manche schießen sowohl mit dem Bogen als auch mit dem Luftdruckgewehr. Das Schöne bei uns ist doch, dass jedes Mitglied sich in allen bei uns angebotenen Disziplinen (natürlich je nach Altersbereich) ausprobieren und das Beste für sich herausfinden kann. In Summe kommen wir auf 137 Mitglieder, davon 13, die im Bogensport aktiv sind.

In welchem Altersbereich bewegen sich diese?

Der Altersbereich der Kinder liegt zwischen neun und 16 Jahren. Das älteste Mitglied ist 84 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt aller Vereinsmitglieder beträgt 50 Jahre.

Die „großen“ Sportarten, wie beispielsweise der Fußball, kämpfen seit Jahren mit Nachwuchsproblemen. Wie ist das bei Ihnen?

Wir können uns über fehlenden Nachwuchs nicht beklagen. Unser jüngster Schütze ist neun Jahre alt und sehr ehrgeizig. Erst vor ein paar Tagen haben wir in den Nachwuchsbereich mit Unterstützung der Kreissparkasse Börde investiert und ein Lichtpunktmatchgewehr und eine -pistole erworben. Mit der dazugehörigen mobilen Trefferanzeige könnte man auch beispielsweise mal bei einem Schulfest das Lichtschießen anbieten. Durch diese Neuerung können Kinder nun bereits ab sechs Jahren bei uns beginnen, um dann ab zwölf Jahren in die Druckluftdisziplinen einzusteigen. Die Freude war zumindest bei unseren Kindern unter zwölf Jahren sehr groß, als sie die Sportgeräte in Empfang nahmen.

Man darf beim Schießsport aber auch nicht vergessen, dass wir nicht beim Fußball sind, wo gleichzeitig elf Personen in einer Mannschaft auf dem Platz stehen. Unser Sport unterliegt klaren Sicherheitsregeln. Oberstes Gebot ist, dass die Kinder verstehen, dass sie sich und andere sowohl mit Pfeil und Bogen als auch bei den Druckluftdisziplinen sehr schnell und sehr schwer verletzen können. Auch das Trainieren und Korrigieren der Körperhaltung muss bei jedem Schützen individuell durch den Übungsleiter erfolgen. Daher darf eine Trainingsgruppe nur eine begrenzte Anzahl an Personen je anwesendem Übungsleiter umfassen. Da ist schlicht weniger mehr, um die Sicherheitsaspekte im Auge behalten zu können.

Noch einmal zum Bogenschießen: Was brauchen Interessierte, wenn sie einmal reinschnuppern möchten?

Um beim Bogenschießen anzufangen, braucht es tatsächlich gar nicht viel. Festes Schuhwerk und bequeme Trainingskleidung reicht schon. Die Oberbekleidung sollte enger anliegen, damit sich die Sehne nicht in der Kleidung verheddert. Für den Anfang stellt der Verein den Bogen einschließlich Zubehör zur Verfügung. Bleibt der Schütze dann beim Bogensport, ist die Anschaffung eines Bogens, der dann individuell auf Körpergröße und Kraft des Schützen ausgelegt ist, notwendig.

Im Januar 2020 waren die Wolmirstedter Sportschützen Gastgeber für die Landesmeisterschaft im 
Bogenschießen.
Im Januar 2020 waren die Wolmirstedter Sportschützen Gastgeber für die Landesmeisterschaft im Bogenschießen.
Foto: Andreas Stapel
Manfred Schulz ist Vorsitzender des SV Wolmirstedt.
Manfred Schulz ist Vorsitzender des SV Wolmirstedt.
Foto: Billowie