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Streit eskaliert: DFB fordert Zwanziger-Rücktritt

15.06.2014, 14:16

Berlin - Im persönlichen Showdown zwischen DFB-Boss Wolfgang Niersbach und seinem Amtsvorgänger Theo Zwanziger ist es kurz vor dem deutschen WM-Auftaktspiel zum großen Knall gekommen.

In einem bisher einmaligen Vorgang forderte das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) seinen ehemaligen Chef nach dessen heftiger Verbalattacke gegen Niersbach zum Rücktritt aus der FIFA-Exekutive auf, was Zwanziger jedoch kaum berührte. "Darüber kann ich nur lachen", keilte er bei "SPORT1" zurück.

Zwanziger hatte seinem Nachfolger Niersbach in einem Interview der "Rhein-Zeitung" die Vorbildfunktion abgesprochen und Heuchelei vorgeworfen. Die Attacke aus dem beschaulichen Altendiez sorgte im fernen Brasilien für mächtig Wirbel und ließ den seit Monaten andauernden Streit der beiden Alphatiere eskalieren.

Niersbach reagierte mit Unverständnis. "Ich empfinde es als zutiefst bedauerlich, dass so kurz vor dem Spiel unserer Mannschaft, auf das sich Millionen Fans freuen, diese absurde Diskussion angezettelt wurde", rügte er.

Das DFB-Präsidium warf Zwanziger vor, persönliche Motive über die Interessen des Fußballs zu stellen. "Da er nach Einschätzung des Gremiums auch in der FIFA nicht die Interessen des deutschen Fußballs angemessen vertritt, fordert das Präsidium des DFB Theo Zwanziger auf, von seinem Amt im Exekutivkomitee des Weltverbandes zurückzutreten", teilte der Verband mit.

Zwanziger, dessen Amtszeit in der FIFA-Exekutive noch bis Mai 2015 läuft, denkt aber nicht im geringsten daran. "Ich habe nicht vor, zurückzutreten. Diese Forderung ist inakzeptabel", sagte der 69-Jährige in einem ARD-Interview. "Ich habe den Eindruck, dass einige Leute etwas nervös sind." Zwanziger selbst blieb gelassen, zumal DFB keinen Druck auf ihn ausüben kann. In das FIFA-Gremium ist Zwanziger von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) entsandt worden.

Zwanziger hatte in dem Zeitungsinterview gegen Niersbach mächtig vom Leder gezogen. Man könne sich "doch nicht bei Hunderttausenden von Menschen, die unter Ehrenamt im Fußball etwas ganz anderes verstehen, aus der Kasse des DFB Vergütungen in einer deutlich sechsstelligen Größenordnung zahlen lassen", kritisierte er seinen Nachfolger und fügte hinzu: "Das ist Heuchelei. Der DFB ist schließlich ein gemeinnütziger Verband."

Für Zwanziger sei eine Vorbildfunktion Niersbachs, "die man gemeinhin an einen ehrenamtlichen Präsidenten knüpft, nicht gegeben. So zu tun, als sei man aus einem Hauptamt ausgeschieden und wäre jetzt quasi der Heilsbringer der Nation und verzichte auf viel Geld; nein, das hat mir damals nicht gefallen und gefällt mir auch heute nicht", begründete er seine Abkehr vom DFB.

Der 69-Jährige bemängelte, dass beim Wechsel an der DFB-Spitze "ein Weg gewählt wurde, den ich nicht akzeptiert habe. So wurde offenbar, wie es der DFB in einer Presseerklärung eingeräumt hat, über eine Betriebsrente ein Ausgleich zwischen der Aufwandsentschädigung für einen DFB-Präsidenten und dem Gehalt eines Generalsekretärs gesucht." Diesen Posten hatte Niersbach zuvor bekleidet. In "SPORT1" meinte Zwanziger: "Ich empfehle, die Höhe dieser Rente einmal zu nennen. Da müssen andere Ehrenamtler lange für stricken."

Niersbach wies die Anschuldigungen zurück. "Ich habe bei meinem Wechsel vom Haupt- ins Ehrenamt größten Wert daraufgelegt, dass alles völlig sauber und geregelt abläuft. Dazu gehörte auch, dass die Vergütung von Verbandsjuristen und externen Gutachtern geprüft und als absolut korrekt bestätigt wurde", betonte er.

Aus dem DFB-Präsidium gab es heftigen Gegenwind für Zwanziger. "Diese öffentlichen Aussagen sind völlig inakzeptabel, noch dazu während einer Fußball-Weltmeisterschaft, bei der die Spieler und der Sport im Mittelpunkt stehen sollten. Als Ligaverband können wir uns nur klar davon distanzieren und die hervorragende Zusammenarbeit mit Wolfgang Niersbach unterstreichen", erklärte Liga-Präsident Reinhard Rauball.

Generalsekretär Helmut Sandrock kritisierte Zwanzigers Verbalattacke als "schlechten Stil" und stellte dem ehemaligen DFB-Chef indirekt kein gutes Zeugnis für dessen Amtszeit von Juli 2004 bis März 2012 aus: "Es ist mir als Generalsekretär für das gesamte Haus ein Anliegen zu betonen, dass wir unter Wolfgang Niersbach wieder ein Klima des Vertrauens haben, das zuvor verloren gegangen war." Ähnlich kritisch äußerte sich DFB-Vizepräsident Rainer Koch: "Der Vorwurf der Heuchelei gegen den DFB-Präsidenten ist unerträglich."