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Tourismus Wernigerode bleibt Zugpferd

Wernigerode kann auf ein erfolgreiches Tourismus-Jahr zurückblicken. Gäste geben Geld für Qualität aus, doch die Anreise wird schwieriger.

Von Jörn Wegner 14.01.2016, 09:40

Wernigerode l Sachsen-Anhalt ist im Tourismus-Vergleich der ostdeutschen Bundesländer weiterhin Schlusslicht. Mit 5,9 Millionen Übernachtungen lag das Land im Jahr 2015 deutlich hinter dem Zweitletzten Thüringen (7,9 Millionen) und hinkt Spitzenreiter Mecklenburg-Vorpommern (24,7 Millionen) deutlich hinterher.

In Wernigerode sieht die Bilanz deutlich positiver aus, die Stadt bleibt weiter Tourismus-Zugpferd. Von Januar bis September hat das Statistische Landesamt 608 452 Übernachtungen gezählt – Ferienwohnungen und Jugendherbergen nicht mit eingerechnet. Die Chefin der Wernigerode-Tourismus-Gesellschaft (WTG) Erdmute Clemens erwartet für das gesamte Jahr 800 000 bis 850 000 Übernachtungen in Hotels und Pensionen. Einschließlich Ferienwohnungen und sonstiger Übernachtungen sollen es in der Jahresbilanz 1,1 Millionen werden. Ein Plus von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gewinner waren Hotels mit 3,4 Prozent Zuwachs, Verlierer Pensionen und Frühstückshotels (Hotel Garni) mit minus 4,1 bzw. 4,8 Prozent.

Das touristische Einzugsgebiet des Harzes ist groß. „Wichtige Märkte sind Berlin, Hannover, Bremen, Hamburg und das Ruhrgebiet“, sagt Erdmute Clemens. Besucher aus dem Ausland machen mit etwa drei Prozent der (registrierten) Übernachtungen nur eine kleine Minderheit aus.

„Die Wahl der Unterkunft ist weniger eine Frage des Geldes“, sagt Erdmute Clemens. Viele Touristen suchen nach gehobenen Unterkünften. „Wir haben in der Stadt ein sehr hohes Niveau mit Vier-Sterne- und Vier-Sterne-plus-Hotels.“

„Und es ist zwingend notwendig, diesen Bereich in Schierke auszubauen“, ergänzt die WTG-Chefin. Knapp ein Viertel (143 396) der Wernige-röder Hotel- und Pensionsübernachtungen entfallen auf den Ortsteil. Nicht eingerechnet sind wieder Ferienwohnungen und die Jugendherberge. Schierke verzeichnet damit einen Rückgang von 0,5 Prozent.

„Schwierig zu quantifizieren“, sagt Erdmute Clemens, sei der Brockentourismus. 1,5 Millionen Besucher auf dem Harzgipfel und drumherum – so lautet die Schätzung der WTG. Brocken und Hochharz bleiben damit weiter die touristischen Anziehungspunkte. Genaue Zahlen seien aber aufgrund der Vermischung von Besuchern und Einheimischen nicht ermittelbar.

Einen Zuwachs verzeichnet Wernigerode bei den Ferienwohnungen. Ein statistisches Problem, denn diese sind nicht meldepflichtig. Übernachtungen werden so nur lückenhaft erfasst. „Die Leute wünschen sich Qualität. Wir sind gerade dabei, die Ferienwohnungen zu bewerten“, sagt Roman Müller, der stellvertretende WTG-Chef. 25 bis 30 Prozent der registrierten Wernigeröder Ferienwohnungen seien bereits mit Sternen versehen. „Es geht schon recht gehoben zu“, so Müller. Zimmergröße, Ausstattung, Mobiliar, W-Lan-Zugang und vieles mehr fließen in die Bewertung mit ein. Von 80 Wohnungen, die schon klassifiziert wurden, haben zwei die Fünf-Sterne-Bewertung erreicht, erklärt Sabine Krüger, die als Leiterin der Tourist-Info die Klassifizierung verantwortet.

Doch der Wernigeröder Harztourismus bedeutet nicht nur eitel Sonnenschein. In der Tourist-Info laufen auch Beschwerden ein, berichtet Sabine Krüger. Dabei gehe es zum Beispiel um fehlende oder falsche Beschilderung von Wanderwegen, verschmutzte Schutzhütten und Strafzettel. Die meisten Beschwerden verzeichnet die Tourist-Info aber zu den Harzer Schmalspurbahnen (HSB). Viele Gäste erleben überfüllte Züge und müssen trotz eines Brocken-Fahrpreises von 37 Euro mit einem Stehplatz vorlieb nehmen.

HSB-Sprecher Dirk Bahnsen empfiehlt, Züge außerhalb der Stoßzeiten zu nutzen. Touristen sollten erst ab Mittag auf den Brocken fahren. Bei gutem Wetter komme es oft vor, dass Züge überfüllt sind, sagt Bahnsen. Der Sprecher weist auf die Möglichkeit hin, ab einem Abgangsbahnhof Sitzplätze zu reservieren. Dies ist ab Wernigerode Hauptbahnhof und Drei Annen Hohne möglich. Bis zu 50 Plätze könnten pro Zug reserviert werden.

Erdmute Clemens sieht noch einigen Verbesserungsbedarf bei der Tourismusentwicklung in Wernigerode und Umgebung. Neben dem Ausbau gehobener Hotels in Schierke betrifft dies vor allem die Verkehrsanbindung. „Bei der Bahn hat es sich negativ entwickelt“, sagt die WTG-Chefin. Der Verlust der Direktverbindung nach Hannover sei ein Problem, genauso wie die langsame Anbindung an Berlin. Auf der positiven Seite sieht Erdmute Clemens den privaten Harz-Berlin-Express am Wochenende und die neuen Fernbuslinien.

 

Viele weitere Daten finden sich im Tourismusbarometer Ostdeutschland des Sparkassenverbandes. Zusammenfassung online unter http://bit.ly/1Rlk10m