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"Man darf nicht nur sagen, ich bin dagegen, sondern muss es auch begründen" Heide Schumann denkt gern an ihre Arbeit im Havelberger Stadtrat zurück

Von Andrea Schröder 23.02.2012, 05:24

Havelberg l Wenn heute um 19 Uhr die Stadtratssitzung im Havelberger Rathaus beginnt, wird Heide Schumann nicht mit in der Runde sitzen. Nach mehr als einem Jahrzehnt im Stadtrat hatte sie im November aus Alters- und Gesundheitsgründen ihr Mandat niedergelegt. Diesen Schritt hat sie sich reiflich überlegt. "Ich habe diese Arbeit gern gemacht und denke gern daran zurück", sagte sie gestern im Gespräch mit der Volksstimme.

Zur Kommunalwahl 1999 hatte sie für die PDS kandidiert und rückte im Mai des Folgejahres in den Stadtrat nach. Die Mathematik- und Geografie-Lehrerin hatte sich entschieden, vorzeitig aus dem Schuldienst auszuscheiden. "Conny Weigel fragte mich 1999, ob ich die PDS im Stadtrat vertreten würde. Ich wollte mich nicht zur Ruhe setzen, habe immer mit Menschen zusammengearbeitet und war aktiv. Ich sagte ja", erinnert sie sich an den Beginn der politischen Arbeit im Stadtrat.

Ihr erster Ausschuss, in dem sie mitarbeitete, war der Bauausschuss. "Darüber war ich nicht sehr glücklich, schließlich bin ich kein Baufachmann. Doch der Satz von Lothar Krater, dass auch Leute mit normalem Menschenverstand gebraucht werden, war sehr ermutigend für mich." Später wechselte Heide Schumann in den Umweltausschuss, wo sie sich sehr wohl fühlte. "Ich bin sehr naturverbunden, und die Zusammenarbeit mit Rolf Paproth hat mir gut gefallen." Wenn sie an den Naturschützer denkt, der beratend im Ausschuss mitarbeitete, denkt sie auch an ihren ersten Aha-Effekt in Bezug darauf, wie die Arbeit abläuft, und was man als Stadträtin erreichen kann, auch wenn es manchmal nur Kleinigkeiten sind. Rolf Paproth hatte wiederholt gesagt, dass er 50 Mark Zuschuss für seine Arbeitsgemeinschaft benötigt, doch nichts geschah. Dass, um ihn zu unterstützen, ein Antrag eingebracht werden musste, erfuhr Heide Schumann dann, stellte ihn und das Geld wurde bewilligt.

Als es im Stadtrat darum ging, den Platz des Friedens in Kaiser-Otto-Platz umzubenennen, erkundigte sich Heide Schumann über Kaiser Otto. "Ich war gegen die Umbenennung und meine Fraktion auch. Ich trug im Stadtrat meine Argumente vor, und die Umbenennung war vom Tisch." Heide Schumann kam zu der Erkenntnis, "dass man, wenn man sich informiert und sich auch traut, es zu sagen, etwas bewegen kann". Das hat sie auch erlebt, als 2002 die Schmuckwand auf dem Schulhof des Gymnasiums im Zuge der Neugestaltung des Hofes abgerissen werden sollte. Gar nicht mal vordergründig als Stadträtin, sondern als ehemalige Schülerin und Kollegin setzte sie sich für den Erhalt ein und bewahrte so ein Stück Geschichte. Schüler hatten Anfang der siebziger Jahre die Wand mit Feldsteinen und Drähnrohren in einer Kunst-AG errichtet.

Später hat sie oft für die Fraktion der PDS beziehungsweise die Linke Anträge eingebracht und für die Dinge, die ihr im Sinne der Bürger wichtig waren, gestritten. Sachlichkeit lag ihr dabei am Herzen. Sie arbeitete seit 2004 im Kultur- und Sozialausschuss mit. Als der Hort von der Grundschule in den Kindergarten umziehen sollte, setzte sie innerhalb kürzester Zeit alles in Bewegung, sprach mit Betroffenen und sammelte Fakten. Der Umzug wurde abgelehnt. Ihre Erfahrung: "Man darf nicht bloß sagen, ich bin dagegen, sondern die Begründung muss Hand und Fuß haben."

Besonders stark gemacht hat sie sich mit ihrem Fraktionskollegen Rolf Müller für die Kita-Satzung. "Wir haben nicht alles erreicht, was wir wollten, aber wesentliche Dinge, die wir für wichtig halten, wurden eingearbeitet." Sehr gut hat sie auch die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister in Erinnerung, als sie von 2004 bis 2009 den Stadtratsvorsitz inne hatte. "Ich habe mich immer geachtet gefühlt durch ihn."

Mit Menschen zusammenzuarbeiten, ist ihr nie schwer gefallen. Deshalb hatte sie Probleme damit, als sich eine Zeitlang die Fronten im Stadtrat verhärtet hatten. Umso mehr freut es sie, dass es überwiegend fraktionsübergreifend eine gute Zusammenarbeit gab.

Genug zu tun hat die 69-Jährige auch künftig noch. Als gebürtige Mecklenburgerin, die seit 1948 in Havelberg zu Hause ist, fühlt sie sich dem Plattdeutschen sehr verbunden und ist Mitglied der Singegruppe des Heimatvereins. Hochdeutsche Texte macht sie gern platt, wie sie es auf Plattdeutsch freundlich umschreibt. In ihre Ansagen bringt sie gern ihre Gedanken mit ein.

Seit sie einmal für ihren Mann als Trauerrednerin einsprang, hat sie auch darin eine Tätigkeit gefunden, "die mich erfüllt". Sich beschäftigen mit dem Leben des Verstorbenen, sich reinzudenken und ihn mit dem, was er geleistet hat, würdig zu verabschieden, liegt ihr. Und die Hinterbliebenen sind dankbar für diese Trauerarbeit, die sie damit leistet.

Das Wichtigste ist der Havelbergerin ihre Familie mit ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und den sechs Enkelkindern. Mit ihrem Mann geht sie gern Gebirgswandern im Riesengebirge und in der Hohen Tatra, fährt Fahrrad oder spaziert durch Havelberg. Jetzt, im teilweise noch trüben Wintergrau, sehnt sie sich nach dem Frühling, damit sie bald wieder in den Garten gehen kann. "Ich bin Gärtnerstochter", erklärt sie ihre Liebe zu Blumen und erzählt von ihrem Vater, der als Gärtnermeister in Havelberg so manche Bepflanzung angelegt hat und später Berufsschullehrer war. Die Verbindung zu den ehemaligen Kollegen der Schule ist ihr ebenfalls wichtig, und sie freut sich alle Jahre wieder auf die Weihnachtsfeier dort und darüber, dass sich die Kollegen Zeit nehmen für die Rentner. Heide Schumann: "Mit Menschen zusammenzusein ist für mich sehr wertvoll."