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Corona-Krise Den Haushalt an die Wand gedrückt

Gommerns parteiloser Bürgermeister rechnet trotz Rettungsschirm mit einer halben Million Euro Verlust

10.06.2020, 23:01

Gommern l Die Volksstimme fragt Betroffene, wie sich die Corona-Krise auf ihre Arbeit auswirkt. Das Gespräch führte Herbert Spies.

Volksstimme: Wie geht es Ihnen?

Jens Hünerbein: Persönlich geht es mir gut. Auf meine Arbeit als Bürgermeister in Gommern wirkt sich die Corona-Pandemie jedoch deutlich negativ aus. Das sind sehr ungewisse Zeiten. Auch privat ist jetzt vieles anders. Sonst war ich fast jeden Abend und an den Wochenenden unterwegs. Wegen Corona bin ich nun viel zu Hause bei meiner Familie.

Welche Folgen hat die Krise für die Verwaltung in Gommern?

Uns fehlen im Haushalt rund 960 000 Euro. Die Gewerbesteuer ist bei den wegbrechenden Einnahmen der größte Posten. Außerdem müssen wir jetzt unverhofft mehr Geld ausgeben. Zum Beispiel für Schutzausrüstung. Gerade dafür sind die Preise zu Beginn durch die Decke gegangen. Und unsere Homepage kostet mehr, weil wir Informationen noch besser verbreiten müssen. Die Situation war schon vorher schwierig. Jetzt drückt Corona unseren Haushalt noch mehr an die Wand.

Was macht diese Ausnahmesituation mit Ihnen?

Als Bürgermeister stehe ich praktisch hinter dieser Wand. Brauchen wir eine harte Haushaltssperre und erfüllen nur noch die Pflichtaufgaben? Oder sollen wir je nach Liquiditätsentwicklung auf Sicht fahren? Es gibt so viele Fragezeichen.

Die Bundesregierung will den Kommunen mit einem Rettungsschirm helfen.

Ja. Aber auch dabei gibt es noch viel Ungeklärtes. Ich rechne damit, dass wir, wenn es keine zweite Infektionswelle gibt, am Jahresende dennoch auf einem Verlust in Höhe einer halben Million Euro sitzenbleiben.

Wieviel Freude macht Ihnen das Bürgermeisteramt noch?

Viel! Diese Arbeit ist meine persönliche Erfüllung. Außerdem bin ich Berufsoptimist. Einmal am Tag sollten wir trotz allem laut und herzhaft lachen.

Was berührt Sie in der Krise?

Die soziale Isolation vieler alter Menschen sehen zu müssen. Und viel Engagement. Ein Musiklehrer und sein Sohn haben vor einem Pflegeheim musiziert. Das macht mir Freude.