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Denkmalschutz Marode Scheune wird zur Zerreißprobe

Eine marode, denkmalgeschützte Scheune in Werben ist für Eigner Christian Apelt zur Zerreißprobe geworden. Am Ende stand der Abriss.

Von Karina Hoppe 09.02.2018, 17:00

Werben l Erzählt wird viel. Zum Beispiel, dass Christian Apelt die um 1800 erbaute Scheune an der Straße „Am Wehl“ von vornherein beziehungsweise generell nur abreißen wollte. „Das ist schlichtweg falsch“, so der 30-Jährige, der aus Werben stammt. Und von Hannover, wo er seit 14 Jahren lebt und als Fluggerätemechaniker arbeitet, wieder gerne dorthin zurückkehren möchte. Deswegen kaufte er besagtes Grundstück samt alter Scheune im Mai vergangenen Jahres. Dass das Gebäude, das sich außerhalb des Altstadtkerns befindet, ein Einzeldenkmal ist, habe Apelt da noch nicht gewusst. „Mein Ansinnen bestand darin, das Gebäude als Wohn-/Kultur-/Caféscheune umzubauen, um mir und meiner Familie in Zukunft Arbeits- und Wohnmöglichkeiten zu schaffen“, so Apelt, der den Werdegang des ganzen Dilemmas auf vier Din-A-4-Seiten niedergeschrieben hat. „Fakt ist, dass ich von Anfang an für alle sinnvollen Möglichkeiten zum Erhalt einer straßenbildprägenden Fassage offen war.“

Aus diesem Grunde hatte Apelt unmittelbar nach Kauf eine Baugenehmigung für die Umnutzung des Gebäudes gestellt und alle damit zusammenhängenden Maßnahmen bei verschiedenen Behörden und Verbänden angeschoben. Zudem besorgte er sich historische Baumaterialien, insbesondere Hänger voll Biberschwanzdachziegel für eine denkmalgerechte Deckung des Daches.

Nach Unterzeichnung des Kaufvertrages ereilte Apelt aber auch die Aufforderung des Landkreises, sofort und unverzüglich ein Sicherheitskonzept erstellen zu lassen. Im Sommer 2017 kam die zusätzliche Auflage, aus Sicherheitsgründen einen Zwei-Meter-Bereich entlang des der Straße zugewandten Giebels abzusperren. Später erweiterte der Kreis seine Auflage zu einer kompletten Straßensperrung.

Apels Architekt erarbeitete statt eines Sicherungs- gleich ein Sanierungskonzept, „da eine Sicherung einer Sanierung gleich gekommen wäre“. Es habe sich nämlich gezeigt, dass weit mehr als 60 Prozent des Gebäudes desolat sind und ausgetauscht werden müssten. Das Gutachten eines – staatlich geprüften – Statikers hätte ergeben, „dass aufgrund der massiv geschädigten Kubatur, der fehlenden Fundamente, der gebrochenen Holzverbindungen und verfaulten beziehungsweise nicht mehr existenten Schwellbalken in allen Bereichen des Gebäudes jederzeit mit dem Niedergang der Scheune zu rechnen ist“. Die Sanierung war mit rund 250 000 Euro veranschlagt. Aber selbst danach hätte Apelt immer noch nicht in dem Gebäude wohnen können, es hätte dann noch nicht einmal als Lager, Museum oder Herberge genutzt werden können. Weil dies für Apelt wirtschaftlich nicht tragbar war, beantragte er im September 2017 die Abrissgenehmigung. Und erhielt sie nach Hin- und Her.

So bestätigt auch der Landkreis: „Der Abriss erfolgte einvernehmlich. Im Vorfeld wurde auf der Basis des vorliegenden Sicherungskonzeptes und eines darauf aufbauenden Kostenvoranschlages zur Durchführung der Notsicherung ein Abstimmungsgespräch mit der oberen Denkmalschutzbehörde zum weiteren Verfahrensweg durchgeführt. Dabei ging es auch um den eventuellen Einsatz von Fördermitteln zur Durchführung der Notsicherung. Im Ergebnis dessen wurde die Strategie der Sicherung verworfen und das Gebäude zum Abriss freigegeben.“

Abgesehen davon, dass Apelt die Scheune selbst gerne behalten hätte, muss er eine trübe Rechnung aufmachen: Für Gutachten, Konzeptionierungen, Notsicherungen, Absperrungen, Anwalts- und Gerichtkosten und Eigenleistungen (ohne Kaufpreis) hatte er für seinen Traum von der Rückkehr nach Werben bisher knapp 30 000 Euro an Kosten. Sein Erspartes, das er sich über Jahre in Hannover für den Neuanfang in der Heimat zurückgelegt hatte, ist dahin. Abgesehen davon, dass Apelt in Folge des Stresses eine Gürtelrose heimsuchte und seine Freunde ihn gerne wieder lachen sehen würden.

Am Ende bleiben für Apelt viele Fragen offen: Warum gab es nicht schon in den letzten 20 Jahren Sicherungsmaßnahmen an dem Gebäude? Selbst, als die Straße Am Wehl mit schwerem Gerät saniert wurde, seien am Gebäude keinerlei Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden. „Auch im Nachhinein erfolgte keine Straßensperrung!“ Apelt hinterfragt den behördlichen Aktionismus gegenüber seiner Person, fühlte sich „massiv unter Druck gesetzt“. Geholfen hätten ihm nur seine Freunde und die Familie. „Von Behörden wurde ich mit Füßen getreten, hier will niemand, dass man zurückkehrt.“

Derweil zeigt sich der AWA, der sich seit Jahren ehrenamtlich für den Erhalt der Werbener Altstadt einsetzt, entsetzt über den Abriss. Er richtet sich mit Schreiben an die zuständigen Behörden und formuliert unter anderem: „Wir sind der festen Überzeugung: Wenn es ein ernsthaftes Interesse am Erhalt eines Baudenkmals gibt, ist dessen Erhaltung auch möglich! Dafür müssen alle Beteiligten aber rechtzeitig und gezielt zusammenarbeiten.“ Stadt, Landesverwaltungsamt und Denkmalbehörden hätten den Abriss verhindern können, sind sie sich sicher - „leider zeigte keiner ernsthaftes Interesse an der Erhaltung“.

Apelt will trotzdem nach Werben zurückkehren. Einen Neubau mit historischem Material wagen. Ein Gebäude, das in die Straße passt. „Wenn mir die Behörden keine Steine in den Weg legen.“