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Endlich rauchfrei? Patienten finden Hilfe im Krankenhaus

Für Raucherentwöhnung ist in Krankenhäusern normalerweise kein Geld übrig. In Neukölln engagiert sich das Vivantes-Klinikum dennoch für Patienten, die ihr Laster ablegen wollen.

Von dpa 22.06.2021, 16:23
Karin Vitzthum (l), Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention, Daniela Ludwig, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, und Sven Gläser, Chefarzt im Vivantes Klinikum sprechen im Patientenzimmer.
Karin Vitzthum (l), Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention, Daniela Ludwig, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, und Sven Gläser, Chefarzt im Vivantes Klinikum sprechen im Patientenzimmer. Annette Riedl/dpa

Berlin - Hier stehen nicht nur Verbotsschilder: Weil es Raucher bei der Entwöhnung intensiv unterstützt, ist das Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln am Dienstag erneut ausgezeichnet worden. Das Haus erhielt das silberne Zertifikat des Deutschen Netzes Rauchfreier Krankenhäuser & Gesundheitseinrichtungen (DNRfK) für weitere drei Jahre. „Das Zertifikat ist die höchste Auszeichnung in Deutschland“, sagte Christa Rustler, Geschäftsführerin des DNRfK. 

„Durch keine Droge sterben so viele Menschen, nämlich 127 000 pro Jahr, Tendenz steigend. Diese Menschen sterben teilweise qualvoll“, sagte die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig mit Blick auf Zigaretten. 

Das Neuköllner Krankenhaus bietet Patienten seit Jahren niedrigschwellige Angebote zur Raucherentwöhnung. So wird das Rauchen in allen Bereichen des Hauses bei Gesprächen mit Patienten thematisiert. Wer aufhören will, bekommt Hilfen. Das hauseigene Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention hält auch für externe Interessenten Angebote bereit, etwa Entwöhnungskurse. „Viele Raucher wollen aufhören, wissen aber nicht, wie“, sagt die therapeutische Leiterin Kathrin Vitzthum. In Deutschland probierten jährlich nur 17 Pozent der Raucher, tatsächlich aufzuhören.

„Bei uns wurden seit Jahren Strukturen im Interesse der Raucherentwöhnung aufgebaut, die nirgends rückvergütet werden“, sagte Stephan Eggeling, Chefarzt in der Klinik für Thoraxchirurgie. Die gesamte Arbeit werde aus Drittmitteln finanziert. Die Finanzierung der Raucherentwöhnung sei ein großes Problem, stellte Rustler fest. In der Corona-Pandemie hätten die Krankenhäuser viel Geld für die Behandlung von Covid-19-Patienten bekommen. „Am Tabakkonsum sterben aber viel mehr Menschen und es gibt nicht einmal Geld für ein Nikotinpflatster.“

Auch das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin-Kladow führt laut Rustler das silberne Zertifikat. Die Charité sei Mitglied des bundesweiten Netzwerks und engagiere sich für das Nichtrauchen, trage aber kein Zertifikat. Insgesamt führen bundesweit 34 Einrichtungen eine solche Auszeichnung. Das goldene Zertifikat werde in einem internationalen Wettbewerb vergeben und von vier Kliniken getragen, darunter zwei in Brandenburg: die Fontane-Klinik in  Motzen und die Salus-Klinik in Lindow.

Doch trotz des Zertifikats: Gänzlich rauchfrei ist auch das Neuköllner Klinikum noch nicht: Auf dem Klinikgelände gibt es vereinzelte Raucherinseln. Ein Rauchverbot lasse sich nur mit einem entsprechenden Gesetz durchsetzen, ist Rustler überzeugt. Oft komme  der Widerstand weniger von den Patienten als von Klinikmitarbeitern. Unter Pflegern liege der Raucheranteil bei 30 bis 40 Prozent. Die Zigarette ersetze oft eine nicht stattgefundene Pause.