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Möglicher Wechsel Pofallas zur Bahn facht Debatte über Sperrzeiten an

03.01.2014, 12:48
Überraschend ist Ex-Kanzleramtsminister Pofalla als künftiger Bahn-Manager im Gespräch. Foto: Michael Kappeler/Archiv
Überraschend ist Ex-Kanzleramtsminister Pofalla als künftiger Bahn-Manager im Gespräch. Foto: Michael Kappeler/Archiv dpa

Berlin - Der mögliche Wechsel von Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) in den Bahn-Vorstand hat eine neue Debatte über strengere Vorgaben für ausscheidende Spitzenpolitiker entfacht.

"Es kann nicht sein, dass Großunternehmen wie Daimler oder Deutsche Bahn sich mit hohen Gehältern Insiderkontakte zur Bundesregierung einkaufen", kritisierte die Organisation LobbyControl am Freitag. Sie forderte eine gesetzliche Sperrzeit von drei Jahren für die Übernahme von Lobbytätigkeiten. Von der Opposition, aber auch aus der SPD kam Kritik. Der Bund als Bahn-Eigentümer äußerte sich nicht zu Pofalla.

"Es gibt zur Zeit keinerlei Entscheidungsnotwendigkeit", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag. Er hob hervor, dass Pofalla dem Kabinett nicht mehr angehöre. Es handelte sich also nicht um einen direkten Wechsel aus einem Amt in ein anderes. Was Pofalla tue oder nicht tue, liege nicht in der Hand der Bundesregierung. Laut Bundesverkehrsministerium will sich der Bund erst zu einer Personalie äußern, wenn diese eine Angelegenheit des Bahn-Aufsichtsrats sei. "Die ist es noch nicht", sagte ein Sprecher. Die nächste reguläre Sitzung des Kontrollgremiums ist Ende März.

Pofalla ist als Vorstand bei der bundeseigenen Bahn im Gespräch, wie der Nachrichtenagentur dpa in Berlin bestätigt wurde. Laut "Saarbrücker Zeitung" (Freitag) soll der 54-Jährige ein neues Ressort für die Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik übernehmen. Erst Mitte Dezember war bei der Bildung der neuen Bundesregierung überraschend sein Rückzug aus der ersten Reihe der Politik bekanntgeworden. Über den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte es geheißen, er wolle nach einer Auszeit in die Wirtschaft wechseln. Sein Bundestagsmandat hat der Jurist behalten.

Im November war schon der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU) als Leiter Politik und Außenbeziehungen zum Autokonzern Daimler gegangen. LobbyControl forderte Union und SPD auf, strengere Regeln für Ex-Regierungsmitglieder vorzulegen. "Angesichts der fortgesetzten Seitenwechsel aus dem Kanzleramt ist hier Bundeskanzlerin Merkel persönlich in der Verantwortung." Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD eine "angemessene Regelung" erarbeiten, "um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden".

Linke-Chefin Katja Kipping sagte der "Passauer Neuen Presse" (Freitag): "Wir brauchen eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind." Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International forderte ebenfalls eine Pause. "Wenn es einen engen Sachzusammenhang gibt, drei Jahre, und wenn es keinen Zusammenhang gibt, null Jahre", sagte der Geschäftsführer von Tranparency Deutschland, Christian Humborg, dem Sender hr-iNFO.

Grünen-Chefin Simone Peter warnte vor Schaden für das Ansehen von Politik und Politikern, wenn Pofalla zur Bahn wechsele. "Es entsteht der Eindruck, dass es vor allem um die Versorgung eines engen Merkel- Vertrauten und weniger um die Interessen der Bahn und ihrer Kunden geht." Notwendig seien Karenzzeiten für Wechsel in die Wirtschaft.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte der "Passauer Neuen Presse": "Da entsteht der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird." CDU-Bundesvize Armin Laschet sagte im Radiosender WDR 5 mit Blick auf Pofalla: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass - wenn er dahingeht - dass er dann auch das Bundestagsmandat behält."

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kritisierte den möglichen Wechsel. "Ob die GDL einer Berufung Pofallas in den Bahn- Vorstand im Aufsichtsrat zustimmen wird, entscheiden wir erst, wenn es so weit ist", sagte GDL-Chef Claus Weselsky der "Wirtschaftswoche".