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Pierre Brice Ein letzter großer Auftritt

Pierre Brice war Winnetou: Im Juni verstarb der Schauspieler. Am Wochenende wurde sein Nachlass versteigert.

Von Nada Weigelt 08.11.2015, 23:01

Mühlenbeck (dpa) l Um Punkt 10 Uhr fällt erstmals der Hammer: Das erste Spielzeugauto von Pierre Brice, ein kleiner gelber Citroën zum Aufziehen, findet für 280 Euro einen neuen Besitzer. Am Ende der zweitägigen Auktion wird das letzte „Spielzeugauto“ des legendären Winnetou-Darstellers aufgerufen werden – ein metallicgrauer Jaguar mit 238 PS, Holz-Lenkrad und weißen Ledersitzen. Dazwischen liegt ein Leben von 86 Jahren.

Die 20 Jahre jüngere Witwe Hella Brice lässt fünf Monate nach dem Tod ihres Mannes mehr als 1500 Erinnerungsstücke aus dem gemeinsamen Haus in Frankreich versteigern. „Ich bin ganz zufrieden. Ich habe gut geschlafen und mit Pierre gesprochen“, sagt sie am Sonnabend bei ihrer Ankunft in der riesigen Auktionshalle in Mühlenbeck bei Berlin. „Die Versteigerung war ja sein eigener Wunsch.“

Der Ansturm vor allem im Internet ist so groß, dass mehrmals der Rechner zusammenbricht und die Auktion unterbrochen werden muss. Die legendäre Silberbüchse etwa, die eigentlich schon am Samstagabend unter den Hammer kommen sollte, konnte erst am Sonntagnachmittag aufgerufen werden. Schon vorab lagen die Online-Gebote nach Angaben von Familiensprecher Thomas Claasen im fünfstelligen Bereich. Ein privater Sammler erwarb das Stück letztlich für 65 000 Euro.

Einen Teil des Gesamterlöses will die Witwe an die Initiative „Dalai Lama future4children“ stiften, die missbrauchten Frauen und Mädchen in Südindien ein neues Zuhause geben möchte. „Pierre hätte sich das gewünscht – es war sein letztes Hilfsprojekt“, sagt sie. „Er hat mich gelehrt, loszulassen und zu teilen.“

Und schnell kommt in der Halle einiges zusammen. So geht das spitzenbesetzte Taufkleidchen von Klein-Pierre für 460 Euro weg, ein von ihm als Kind gebasteltes U-Boot mit rostigen Nägeln als Takelage bringt 550 Euro ein. Und ein weiterer Dolch aus dem Indochina-Krieg, der ihm einst das Leben rettete, holt gar 4500 Euro. Für Winnetou-Kostüme gibt es einmal 3900 Euro, ein andermal 4200.

Für viele der über hundert Menschen im Saal hat die Auktion auch eine persönliche Bedeutung. „Für mich ist es eine Brücke, um Abschied zu nehmen“, sagt Frank Wunderlich (63), der als Stunt- und Castingfotograf seit 1977 immer wieder Bilder von Pierre Brice gemacht hat.

Und Michael Petzel, Geschäftsführer des Karl-May-Archivs in Göttingen, meint: „Die Versteigerung gibt den Fans das Gefühl, bis zum Schluss an seinem Leben Anteil zu nehmen. Es ist sein letzter großer Auftritt.“