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Asylpolitik Das wird die Union der Vorsitzenden nicht verzeihen

Es war Angela Merkel, die den Asylstreit auf unverantwortliche Weise eskalieren ließ.

Von Alois Kösters 03.07.2018, 18:35

Angela Merkel kann sich in Flüchtlingsfragen nach wie vor auf eine Mehrheit in Deutschland und in den Redaktionsstuben verlassen. Und so war es am Ende der brachial agierende Bayer, auf dem sich zunehmend die Empörungsrituale in der öffentlichen Diskussion konzentrierten. Spätestens zu der Zeit, als auch staunenden Nachwuchspolitikern in der Union klar wurde, dass ein prinzipienfester Innenminister sie die Macht kosten könnte, hatte sich die Merkel-Blase wieder geschlossen.

Ausgelöst und befeuert hat diesen vom Ende her betrachtet völlig überflüssigen Streit aber keine andere als Merkel selbst. Der von ihr im Kanzleramt blockierte und jetzt veröffentlichte „Masterplan Migration“ enthält im Wesentlichen nichts anderes als die Ankündigung, künftig vorhandenes Recht konsequenter durchzusetzen. Und auch die von Merkel zur Schicksalsfrage Europas in absurder Weise überhöhte „Absicht“ künftig abzuweisen, wer woanders schon Schutz genießt, hätte Spielraum für Kompromisse gelassen. Kompromisse, die Horst Seehofer regelmäßig formuliert hat.

Skandalös ist, wie Merkel mit der Vorlage des Innenministers und Parteivorsitzenden umgegangen ist. Gar nicht. Anstatt auf den engsten politischen Partner einzugehen und nach Lösungen zu suchen, erklärt sie der Öffentlichkeit in der Talkshow „Anne Will“, dass sie von den Plänen des Innenministers, die auch in seinem Ministerium auf breite Zustimmung gestoßen sind, nichts hält. Wir erinnern uns: Den Angriff auf Helmut Kohl hatte sie durch einen FAZ-Artikel eingeleitet.

Derweil muss der Innenminister eine Pressekonferenz zum „Masterplan“ absagen, weil sie die Vorlage nicht freigibt. Ihr Consigliere Volker Kauder hat sogar die Frechheit zu behaupten, er kenne den Masterplan gar nicht. Fortan kolportieren die Medien die Mär vom dubiosen Plan, den keiner kennt.

Sollten diese völlig überraschenden gezielten Provokationen den ungeliebten Kabinettskollegen in den Rücktritt treiben? Ein sichtlich angeschlagener Seehofer versuchte ohne Rückendeckung der Kanzlerin bei den Innenministern der Länder für einen Masterplan zu werben, den er nicht präsentieren konnte. Schon einmal endete eine Intrige von Angela Merkel mit dem Rücktritt des frustrierten Bayern vom Vize-Fraktionsvorsitz. Möglicherweise begründet sich daraus die Durchhaltekraft und Entschlossenheit des in den vergangenen Jahren sichtlich gealterten Politikers.

Diesmal wollte er nicht geräuschlos vom Feld gehen wie so viele vor ihm, die Merkels absolute Macht in der Partei infrage gestellt hatten. Drohender Machtverlust und die fehlende Alternative zwangen die CDU noch einmal, die Wagenburg zu formen.

Aber viele CDU-Abgeordnete werden es Angela Merkel nicht vergessen, dass sie gegen ihre Überzeugungen noch einmal die Reihen schließen mussten für einen Kampf, den die Mehrheit in der CDU so nie geführt hätte. Diese eigene Schwäche werden sie ihrer Vorsitzenden nicht verzeihen. Auch der engste Kreis um Merkel – Peter Altmaier, Volker Kauder, Annegret Kramp-Karrenbauer, Armin Laschet – wird darüber nachdenken müssen, welche Rolle er nach Merkel in der Partei einnehmen will. Heute steht schon fest, dass ein von Merkel favorisierter Nachfolger keine Chance hat, von einem CDU-Parteitag gewählt zu werden.

Der Rauch verzieht sich. Aber unter der Asche ist noch Glut. Die Migrationspolitik wird weiter Zündstoff bieten. Und das Verhältnis zwischen Kanzlerin und ihrem wichtigsten Minister ist politisch und menschlich völlig zerrüttet. Einer von beiden wird diese Legislaturperiode nicht überstehen.