Bürgerschaftswahl CDU am Boden

Die Krise in Thüringen, der angekündigte Rücktritt der Parteichefin: Der Union blies in Hamburg ein heftiger Orkan ins Gesicht.

24.02.2020, 04:37

Berlin (dpa) l CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat das Desaster seiner Partei in Hamburg mit dem zweitschlechtesten Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 70 Jahren auch mit der Regierungskrise in Thüringen begründet. „Es ist ein bitterer Tag für die CDU Deutschlands“, sagte Ziemiak gestern Abend nach den heftigen Verlusten seiner Partei bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg. „Die Ereignisse in und um Thüringen haben nicht geholfen, dass die CDU in Hamburg auf ihre Konzepte, auf ihre Pläne für Hamburg hinweisen konnte.“

In Hamburg ist die ohnehin schon schwache CDU um weitere vier Punkte abgestürzt und erreicht nur noch 11 Prozent. In ihren Hoch-Zeiten mit Bürgermeister Ole von Beust an der Spitze kam sie auf 42,6 Prozent (2008) und 47,2 Prozent (2004).

Ziemiak sagte: „Das, was in Thüringen passiert ist, und alle Diskussionen, die mit Thüringen in Zusammenhang waren, waren alles andere als Rückenwind für die Wahlkämpfer der CDU in Hamburg.“ Alles Weitere werde die Parteispitze heute im Präsidium und Vorstand beraten.

Spitzenkandidat Marcus Weinberg hat den Wahlausgang für die CDU Hamburg als „enttäuschend“ bewertet. „Trotz eines kreativen und engagierten Wahlkampfs wurden die eigenen Wahlziele klar verfehlt“, sagte er. Der CDU sei es nicht gelungen, eigene Themen zu setzen. „Die bundesweiten Ereignisse der letzten Tage und Wochen überschatteten spürbar den Hamburger Wahlkampf“, sagte Weinberg. Christdemokraten und FDP stehen seit der Regierungskrise in Thüringen stark unter Druck. Beiden Parteien könnte die dortige Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU und AfD geschadet haben. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte in Folge der Erfurter Krise vor wenigen Tagen ihren Rückzug angekündigt. Weinberg meinte: „Diese Auswirkungen haben uns Ansehen und am Ende auch viele Stimmen gekostet.“ Die politischen Nachbeben in der CDU und die erneut aufgebrochenen Diskussionen um Personen, Positionen und Ausrichtungen hätten seitdem den Wahlkampf überschattet.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat die Wahlniederlage der CDU auf die Krise der Union im Bund zurückgeführt. „Für uns als Union gibt es überhaupt nichts zu beschönigen, das ist ein historisch schlechtes Ergebnis“, sagte er. Die Hamburger CDU habe im Wahlkampf schärfsten Gegenwind gehabt: „Dieser Gegenwind war schon ein Orkan, auch im Wahlkampf, da hat die CDU Hamburg nichts entgegenzusetzen gehabt.“

Die Schwesterpartei CSU leidet mit. Für CDU und FDP sei es ein schmerzhafter Wahlabend, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume. „Für die CDU ist entscheidend, dass es ihr rasch gelingt, wieder deutlich zu machen, für was sie steht.“ Etwas Mitgefühl zeigt der Berliner Bundes-Koalitionspartner SPD. Die schwere Niederlage der CDU sei kein Grund für Genugtuung oder Häme, meinte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Das Ergebnis gehe auch darauf zurück, dass die Union unklar sei – in ihrer Abgrenzung nach rechts, in ihrem Umgang mit der AfD, mit ihrem Kurs in Thüringen. „Das grenzt ja schon an Peinlichkeit, wie sich die CDU da in Thüringen verhält“, sagte Klingbeil.

Thüringens Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow sieht in den Wahlverlusten von CDU, FDP und AfD bei der Hamburger Bürgerschaftswahl einen Denkzettel für das politische Debakel in Thüringen. „Der Tabubruch des 5. Februars schlägt bis Hamburg durch“, sagte Hennig-Welsow in Erfurt.

Lange Gesichter gab es auch bei den Liberalen. Hamburgs FDP-Chefin Katja Suding hat die Vorgänge in Erfurt mitverantwortlich gemacht für das schwache Abschneiden ihrer Partei. Zuerst habe die FDP wie die CDU das Problem gehabt, im Wettrennen zwischen SPD und Grünen aufgerieben zu werden und unterzugehen. „Und dann kam Thüringen dazu. Wir kennen ja auch schon erste Zahlen, die zeigen, dass das für unsere Wähler durchaus eine Bedeutung gehabt hat. Deswegen war es ganz wichtig, dass wir uns hier in Hamburg auch ganz klar distanziert haben von den Vorgängen in Thüringen“, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende.