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Migration Griechenland hält Grenze dicht

Tausende Migranten hoffen auf Einlass in die EU, doch Griechenland hält seine Grenzen geschlossen.

03.03.2020, 23:01

Athen/Istanbul/Berlin (dpa) l Es werde von der Türkei aus keine Grenzübertritte geben, sagte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis am Dienstag in der Hafenstadt Alexandroupolis. „Griechenland kann nicht erpresst werden und lässt sich nicht erpressen.“ An die EU gewandt sagte er: „Griechenlands Grenzen sind auch Europas Grenzen.“ Als Zeichen der Solidarität mit der Regierung in Athen reiste EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an die griechische Landgrenze zur Türkei.

Im Nordosten Griechenlands wollte sich von der Leyen am Grenzposten Orestiada zusammen mit EU-Ratschef Charles Michel und dem Präsidenten des Europaparlaments, David Sassoli, ein Bild von der Lage machen. Auf der türkischen Seite der Grenze harrten Tausende Migranten aus, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan am Sonnbend verkündet hatte, die Türkei habe die Grenzen zur EU für Flüchtlinge geöffnet.

Griechische Sicherheitskräfte nahmen in der Nacht zum Dienstag 45 Migranten fest, die illegal über die Grenze gekommen waren, wie der griechische Staatssender ERT berichtete. Die Menschen stammten demnach hauptsächlich aus Afghanistan, Pakistan, Marokko und Bangladesch. Darüber hinaus sei die illegale Einreise von mehr als 5000 Migranten verhindert worden.

Nach UN-Angaben harren Tausende von Migranten bei Kälte auf der türkischen Grenzseite zu Griechenland aus. Viele wollen weiterziehen. Griechische Sicherheitskräfte setzten mehrfach Blendgranaten und Tränengas ein, um Menschen zurückzudrängen.

Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Dazu kommen viele Migranten und Flüchtlinge aus Afghanistan und anderen Ländern.

In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montagabend eine faire Lastenteilung: Er habe darauf hingewiesen, dass die Last der Flüchtlinge und die Verantwortung für sie fair geteilt und internationale Verpflichtungen eingehalten werden müssten, teilte die türkische Seite in der Nacht zum Dienstag mit. Erdogan hatte der EU am Montag offen mit einem neuen Massenandrang von Flüchtlingen gedroht.

Bundesaußenminister Heiko Maas schrieb am Montagabend auf Twitter: „Wir sehen die Last, die die Türkei stemmt, aber sie muss ihren Verpflichtungen aus dem EU-Abkommen weiter nachkommen. Die EU leistet ihren Beitrag für eine würdige Versorgung von Geflüchteten.“ Sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu erwiderte: „Welche Versprechen gegenüber der Türkei hat die EU gehalten, lieber Heiko Maas?“ Er warf der EU vor, nicht einmal die Hälfte der vereinbarten sechs Milliarden Euro sei bei den Geflüchteten angekommen, die freiwillige Aufnahme bleibe aus.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte in Wien vor schwerwiegenden Folgen, die ein Versagen des EU-Außengrenzschutzes in der neuen Migrationskrise hätte. „Wenn wir jetzt dem türkischen Druck nachgeben, wenn jetzt Präsident Erdogan der Sieger ist, der darüber entscheidet, ob Zehntausende Menschen die Europäische Union stürmen oder nicht, dann werden Hunderttausende nachkommen und das Europa ohne Grenzen nach innen wird Geschichte sein“, sagte Kurz.

Das EU-Türkei-Abkommen vom März 2016 sieht vor, dass Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug übernimmt die EU für jeden Zurückgeschickten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei und unterstützt das Land finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge. Außerdem hat die Türkei sich verpflichtet, gegen illegale Migration vorzugehen. In den vergangenen Jahren wurden aber viel weniger Menschen aus Griechenland zurückgeschickt als in die EU umgesiedelt wurden.

Erdogan war wegen seiner Syrien-Politik zuletzt deutlich unter Druck geraten. Heftig umkämpft ist die letzte große syrische Rebellenhochburg Idlib. Dort sind syrische Truppen mit russischer Unterstützung auf dem Vormarsch. Ihnen gegenüber stehen türkische Truppen, die dort im Einsatz sind. Sie unterstützen die Rebellen.