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Podiumsdiskussion Wird die Bundeswehr kaputt gespart?

Was kann die Bundeswehr für die europäische Sicherheit leisten? Zu wenig, findet eine Expertenrunde in Magdeburg.

Von Steffen Honig 08.02.2019, 00:01

Magdeburg l Die Weltlage ist unruhig. Thomas Reimann von der Deutschen Atlantischen Gesellschaft hat zu tun, alles Wichtige aufzulisten: Krim und Ostukraine, Afghanistan, Irak, IS, Al-Qaida  ... Ein Experten-Trio haben seine Gesellschaft und die SPD-nahe Ebert-Stiftung aufgeboten, um vor diesem Hintergrund die gemeinsame europäische Sicherheitspolitik zu analysieren.

Schon bei Referent Johannes Kahrs, SPD-Mitglied im Verteidigungsausschuss, der mit Klaus Beckmann, Chef der Hamburger Bundeswehr-Universität und Halvor Adrian, Bundeswehr-Kommandeur für Sachsen-Anhalt, im Podium sitzt, rückt der miserable Zustand der eigenen Truppen nach vorn.

Kahrs’ zentrale These: Die Bundeswehr wird kaputt gespart. Zentrale Figur Wolfgang Schäuble. Zentraler Ort: Bundeswehr-Beschaffungsamt Koblenz. Aber der Reihe nach: Laut Kahrs sei die Beschaffung von Rüstungsgütern noch zu Zeiten von Verteidigungsminister Wolfgang Jung ordentlich gelaufen. Es sei bestellt, angeschafft und bezahlt worden.

Dann habe Finanzminister Schäuble von Nachfolger Theodor zu Guttenberg heftige Einsparungen gefordert. Das Beschaffungsamt sei privatisiert worden, seither laufe nichts rund.

Nachfolgerin Ursula von der Leyen hätte versucht, die Defizite über Parallelstrukturen mit einem überdimensionalen Beratungswesen auszugleichen. Das Resultat ist bekannt: Von der Leyen hat dafür jetzt einen Bundestags-Untersuchungssauschuss am Hals.

Kahrs merkt süffisant an, dass die drei genannten Minister allesamt zur Union gehören. Er findet es zudem bemerkenswert, dass sich in der Union die Stimmen für eine Erhöhung des Wehretats erst erhoben haben, seit der Sozialdemokrat Olaf Scholz den Christdemokraten Schäuble als Finanzchef abgelöst habe.

„An Geld fehlt es nicht, die Bundeswehr muss nur ordentlich geführt werden“, postuliert Reserveoberst Kahrs, der gern mit militärischem Jargon operiert. Beispiel: „Export in Länder der Sandregion ist problematisch“, was etwa Saudi-Arabien meint.

Um Geld wird aber nicht nur national heftig gestritten. Zwei Prozent vom Bruttosozialprodukt (BIP) fürs Militär – das fordert USA-Präsident Donald Trump von den Nato-Verbündeten. Die Bundesrepublik ist gegenwärtig mit gut einem Prozent dabei. Eine Verdopplung würde einen Haushaltsposten von 80 Milliarden Euro ausmachen. Diesen Batzen könnte kein Wahlkämpfer der Bevölkerung erklären, so der Konsens im Podium.

Landeskommandant Adrian ärgert sich, dass die zwei Prozent von manchen „wie eine Montranz“ vor sich hergetragen würden. Zwei Prozent vom BIP könnten je nach Wirtschaftslage stark differieren.

Uni-Präsident Klaus Beckmann macht vor allem Werbung in eigener Sache. An seiner Hochschule würden inzwischen nicht militärische Führungskräfte ausgebildet, sondern, die Abschlüsse seien teilweise ebenso für eine zivile Karriere gut.

Vom Personal hängt alles ab, weiß auch SPD-Parlamentarier Kahrs, Vorsitzender des rechten Seeheimer Kreis seiner Partei. Er greift die überhastete Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland an. Die sei durchgezogen worden, ohne für ausreichend Ersatz zu sorgen. Die Lücken aber nun mit EU-Ausländern, etwa aus Rumänien und Bulgarien zu füllen, hält er für abwegig: „Wir brauchen keine Fremdenlegion im eigenen Land.“

Ein Saal-Gast wehrt sich gegen die pauschale Verurteilung Russlands als Krim-Besetzer und Separatisten-Helfer in der Ostukraine. Das erscheint wie Kreml-Propaganda. Kahrs niest den Mann im Kasernenhof-Ton zusammen. „Das ist rechtsradikaler Unsinn, den sie auf jeder AfD-Internetseite finden!“

Der solcherart Gescholtene hat keine Chance, sich zu wehren. Demokratische Streitkultur ist das nicht.