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ProtesteDem Iran droht ein Volksaufstand

Im Iran werden die regimekritischen Proteste immer heftiger. Nach Angaben des Staatsfernsehens wurden mindestens zehn Menschen getötet.

01.01.2018, 23:01

Teheran (dpa) l Der Iran wird von einer Welle regimekritischer Proteste erschüttert. Bis Montag starben nach Angaben des Staatsfernsehens mindestens zehn Demonstranten im Zentral-, West- und Südwest iran. Zwei weitere Menschen – ein alter Mann und ein Kleinkind – kamen bei einem Unfall während der Proteste im Westiran um. Das Staatsfernsehen berichtete, in mehreren Städten hätten angeblich bewaffnete Demonstranten staatliche Einrichtungen attackiert. Angriffe auf Polizeiwachen sowie Militärkasernen seien von Polizei und Sicherheitskräften vereitelt worden, hieß es.

Am Montag fand in Teheran eine Krisensitzung statt, an der Präsident Hassan Ruhani teilnahm. Ruhani sagte in der Sitzung, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. „Auch sind die Probleme der Menschen nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern sie fordern auch mehr Freiheiten“, sagte der Präsident.

„Aber die Regierung hat nicht alles unter ihrer Kontrolle“, sagte Ruhani, der sich als Präsident bei vielen strategischen Belangen oft dem erzkonservativen Klerus beugen muss. Seiner Meinung nach sollten die Proteste daher nicht als Gefahr, sondern als Chance angesehen werden.

Auch in seiner ersten Reaktion am Sonntagabend war Ruhani auf die Kritiker und Demonstranten zugegangen. Wie zuvor sein Innenminister rief auch Ruhani die Regimekritiker dazu auf, Proteste über legale Kanäle zu beantragen. In sozialen Netzwerken wurde der Vorschlag als Rhetorik bewertet. Das Innenministerium würde nach Meinung vieler Iraner niemals Anträge auf Proteste genehmigen, die nur ansatzweise Kritik am Establishment üben würden. Seit Donnerstag ist es in mehreren Städten im Iran zu heftigen Protesten gekommen. Die Kundgebungen richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch.

Am Sonnabend griffen die Proteste auch auf die Hauptstadt Teheran über. In der Nacht zum Montag protestierten in Teheran und weiteren Städten erneut Tausende gegen das Regime. Nach Augenzeugenberichten griff die Polizei in verschiedenen Teilen Teherans mit Wasserwerfern und Tränengas ein. Die Demonstrationen sollten auch am Montagabend fortgesetzt werden.

Da iranische Medien über die Proteste selbst kaum berichten, werden viele Berichte und Videos über soziale Netzwerke verbreitet. Eine neutrale Verifizierung der Ereignisse ist daher fast unmöglich.

Die Proteste sorgen auch für neuen Zündstoff in den Beziehungen zu den USA. US-Präsident Donald Trump twitterte am Sonntag, die Menschen im Iran würden nicht länger hinnehmen, „wie ihr Geld und ihr Wohlstand zugunsten von Terrorismus gestohlen und vergeudet wird“. Ruhani nannte im Gegenzug Trump am Sonntagabend einen Heuchler. Der US-Präsident konterte am Neujahrstag wiederum per Twitter, das „große iranische Volk“ sei über Jahre unterdrückt worden. Seinen Tweet beendete er in Großbuchstaben mit: „ZEIT FÜR EINEN WECHSEL!“

Das deutsche Auswärtige Amt rief die Regierung Ruhani dazu auf, die Rechte der Protestierenden zu achten und besonnen zu handeln. Meinung