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Energie Bund prüft Strahlung von Stromtrassen

Mehr als 30 Forschungsprojekte sollen Klarheit bringen, ob Stromtrassen ein Gesundheitsrisiko bedeuten.

11.07.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Wo Stromtrassen entstehen, gibt es oft Widerstand der Anwohner. Kritiker fürchten, dass starke elektrische und magnetische Felder der Gesundheit schaden. Bewiesen ist das nicht. Mehr als 30 neue Projekte, die vom Bundesamt für Strahlenschutz angeschoben werden, sollen nun die Debatte versachlichen – der Energiewende zuliebe.

Amtschefin Inge Paulini sagte, bisher seien keine negativen Folgen nachgewiesen. Es gebe aber Verdachtsmomente, die zu Sorgen in der Bevölkerung führten. Rund 18 Millionen Euro dürfte die Forschung kosten, bisher steht als Finanzierer das Bundesumweltministerium fest. Hintergrund: Um die Energiewende zu schaffen, braucht Deutschland Tausende Kilometer neuer Stromleitungen, die Ökostrom in alle Ecken der Republik bringen.

1. Wieso könnten Stromleitungen ein Gesundheitsrisiko sein?

Wo Strom fließt, entstehen elektrische und magnetische Felder. Auch in Lebewesen gibt es elektrische Ströme, etwa in den Nerven und im Herzen. Äußere elektrische und magnetische Felder können mit denen im Körper wechselwirken oder zusätzliche Felder erzeugen. Überschreiten die äußeren Felder bestimmte Schwellenwerte, können sie die Gesundheit gefährden und etwa Kammerflimmern auslösen.

2. Welche Risiken gibt es im Alltag dann?

Es gibt Studien, die auf ein erhöhtes Auftreten neurodegenerativer Krankheiten wie Alzheimer oder ALS hindeuten, wenn Menschen – etwa beruflich – sogenannten niederfrequenten Feldern ausgesetzt sind. Diese gibt es rund um Wechselstrom-Hochspannungsleitungen, aber auch im häuslichen Bereich. Andere Studien weisen darauf hin, dass Magnetfelder das Leukämie-Risiko bei Kindern erhöhen können. Die internationale Agentur für Krebsforschung (IACR) hat solche Felder als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft.

3. Was soll jetzt erforscht werden?

Die vorliegenden Studien beantworten sehr viele Fragen nicht – und es gibt andere Forschungsarbeiten, die ihnen widersprechen. Hier sollen neue Projekte Klarheit bringen. Aber nicht nur die Auswirkung der bereits üblichen Wechselstrom-Leitungen soll Thema sein, sondern auch mögliche Risiken der neuen Gleichstrom-Leitungen. Dabei geht es zum Beispiel um Luftmoleküle und Teilchen, sie sich an Leitungen im Freien elektrisch aufladen und vom Wind als „Wolken“ bewegt werden können. Die Frage ist, ob elektrisch aufgeladene Luftschadstoffe vom Körper verstärkt aufgenommen werden und damit gefährlicher werden.

4. Bringt es etwas, die neuen „Strom-Autobahnen“ zu vergraben?

Je nachdem. „Wenn Sie direkt über der Erdverkabelung stehen, ist das Magnetfeld höher als unter einer Freilandleitung“, erklärt Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strahlenschutz. Wenn man sich entfernt, nehme die Stärke aber beim Erdkabel schneller ab. Erdkabel zu bevorzugen, war vor allem auf Druck Bayerns so entschieden worden, es macht den Bau der großen Leitungen Südlink und Südostlink teurer und schwieriger.

5. Welche Bedenken gibt es noch?

Naturschützer kritisieren unter anderem, dass Vögel gegen die Leitungen fliegen. Schneisen, die in Wälder geschlagen werden, durchschnitten die Lebensräume von Tieren, sagt Eric Neuling vom Naturschutzbund Nabu. Landwirte sorgen sich unter anderem um ihre Böden – sie fordern, beim Vergraben von Erdkabeln die Erde zu schonen, und beklagen fehlende Erkenntnisse etwa zur Wärmeentwicklung.

6. Wie kommt der Stromnetzausbau eigentlich voran?

Die Bundesnetzagentur beklagt, dass der Netzausbau zu langsam geht. Die beiden großen „Strom-Autobahnen“ Südlink und Südostlink sind noch in Planung. Bis 2025 sollen sie fertig sein. Die Betreiber haben Routen vorgeschlagen, über den genauen Verlauf wird noch entschieden. Von 5900 Kilometern Leitung im Bundesbedarfsplangesetz sind erst 150 Kilometer realisiert.