1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Kritik an neuer Entsenderichtlinie

EU-Arbeitsmarkt Kritik an neuer Entsenderichtlinie

EU-Staaten billigen schärfere Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping.

24.10.2017, 23:01

Luxemburg (dpa) l Millionen entsandter Arbeitnehmer in der Europäischen Union sollen künftig besser bezahlt und geschützt werden. Die EU-Staaten billigten in der Nacht zum Dienstag mehrheitlich schärfere Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping in einer neuen Entsenderichtlinie – allerdings gegen die Stimmen von Staaten wie Polen und Ungarn und gegen den Protest der Wirtschaft. Kritiker hoffen auf Korrekturen im Vermittlungsverfahren mit dem EU-Parlament.

Es geht um rund zwei Millionen EU-Bürger, die von Firmen ihres Heimatlandes in einen anderen Mitgliedstaat zum Arbeiten entsandt werden. Allein in Deutschland waren nach Gewerkschaftsangaben 2016 mehr als eine halbe Million Entsandte tätig. Meist kommen sie aus Ländern mit niedrigeren Löhnen und Sozialbeiträgen in wohlhabendere EU-Länder und erledigen dort vergleichsweise preiswert Aufträge.

Die Entsenderichtlinie von 1996 garantiert ihnen Mindestlöhne und einige Vorgaben zum Arbeitsschutz. Doch beklagen Gewerkschafter, die Regeln seien so löchrig, dass die Menschen ausgebeutet und Sozialstandards in Ländern wie Deutschland oder Frankreich untergraben würden. Tatsächlich verdienen Entsandte nach Angaben der EU-Kommission häufig nur halb so viel wie heimische Arbeitnehmer.

Der Kompromiss der EU-Länder folgt nun dem Grundprinzip: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort. Künftig sollen Entsandte auch ortsübliche Zulagen, Prämien oder Schlechtwettergeld bekommen.

Die EU-Länder waren sich mehrheitlich auch einig, dass Entsendungen in der Regel nicht länger als zwölf Monate dauern sollen, in Ausnahmen 18 Monate.

Streitpunkt waren bis zuletzt Ausnahmen für das Transportgewerbe, also Lastwagenfahrer auf dem Weg durch Europa. Nun bleiben sie zunächst von der Reform ausgenommen und sollen eigene Regeln bekommen.

Der europäische Wirtschaftsverband Business Europe und die deutschen Arbeitgeber reagierten dagegen mit heftiger Kritik. Sie monieren vor allem, dass das freie Angebot von Dienstleistungen in der EU behindert werde. Dies sei „ein schwarzer Tag für den Binnenmarkt und die vier Grundfreiheiten in der EU“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall dem „Handelsblatt“.