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Gebäude-Nachnutzung Konferenz gegen Leerstand

Alte Fabrikgebäude stehen in vielen Städten leer. Die Kommunen entwickeln Konzepte, aber nicht überall klappt es mit der Nachnutzung.

10.10.2018, 23:01

Guben (dpa) l Vor dem Eingangstor der früheren Wollfabrik wächst das Gras, Fenster sind zugemauert, der Putz ist abgeblättert. Seit der Wende versucht die brandenburgische Grenzstadt Guben, wieder Firmen in die riesige Produktionsstätte in guter Innenstadtlage zu holen. Bislang fand sich kein Investor für das Denkmal. Die Zeit läuft, denn die Witterung setzt dem Gebäude zu. Leerstand bei Produktionsstätten und Gewerbeimmobilien beschäftigt vielerorts Kommunen in Deutschland. Aber nicht überall ist das ein Problem.

Wie viele solcher Gebäude bundesweit leer stehen, ist nicht zentral erfasst, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht davon aus, dass sich bei Gewerbeimmobilien die Lage in den vergangenen Jahren eher verschärft hat. „Nach Schätzungen des HDE hat sich die Zahl der Handels-Standorte zwischen 2012 und 2017 um 11.000 verringert“, sagt der Bereichsleiter für Standort- und Verkehrspolitik, Michael Reink. Bei den Gewerbeimmobilien rechnet der Verband bei der Leerstandsquote mit durchschnittlich zehn Prozent. Schuld ist auch der Boom bei der Online-Konkurrenz, der dem stationären Handel schon lange zusetzt.

Der Immobilienspezialist Bulwiengesa schätzt den Leerstand im sogenannten marktfähigen und aktiven Segment – damit sind etwa Gewerbeparks, Logistikzentren und moderne Produktion gemeint – deutschlandweit auf etwas weniger als fünf Prozent. Baurechtsexpertin Tine Fuchs vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) betont: „In industriell eher dünn besiedelten Regionen gibt es größere Gewerbe- und Indus-trieleerstände.“ Die Bundesstiftung Baukultur schätzt, dass der Leerstand höher ist als der von Wohnungen in Deutschland. Es sei häufig schwierig, eine Nachnutzung für Produktionsstätten zu finden, sagt der Stiftungs-Vorstandsvorsitzende Reiner Nagel. Ähnlich wie bei Kirchen handele es sich um Spezialbauten mit gewissen Deckenhöhen und Tiefen. Oftmals passe die Produktion einer Firma nicht zum Gebäude.

Ab Donnerstag diskutieren Experten, darunter die Bundesstiftung, auf einer zweitägigen Leerstandskonferenz im brandenburgischen Luckenwalde das Thema. Es sollen Beispiele aufgezeigt werden, wie eine Nachnutzung und Strategien für einstige Produktionsstätten entwickelt werden könnten.

Die Kleinstadt Guben ist ein Beispiel dafür, dass ganze Branchen wie die Textilindus- trie in der Region nach der Wende wegbrachen – große Produktionsstätten blieben zum Teil stehen. Die Stadt entwickelte Konzepte – vom Wohnen über Einzelhandel bis hin zum Frischemarkt. Doch nichts fruchtete. „Immer wieder hören wir von Interessenten: ‚Super Gebäude, aber falsche Stadt‘.“

Nicht überall in Deutschland haben Städte Probleme mit leerstehenden Firmengebäuden. In industriell starken Regionen sei es schwierig, noch leerstehende Gewerbeimmobilien oder Produktionsstätten zu finden, sagt DIHK-Expertin Fuchs. „Aus Düsseldorf und München wissen wir beispielsweise, dass es gar keine frei verfügbaren Gewerbeflächen mehr gibt und nun versucht wird, gemeinsam mit dem Umland neue Wirtschaftsstandorte zu erschließen.“

In manchen Städten werden einstige Produktionsstandorte umfunktioniert – und zum Wohnraum gemacht oder als Veranstaltungsorte von Kultur-events genutzt.