Geldinstitute Bus statt Bankfiliale

Wie die Geldversorgung auf dem Lande in Zeiten eines ausgedünnten Filialnetzes funktioniert.

Von Anna Ringle 12.07.2017, 23:01

Heideblick (dpa) l Nico Bandick hat wohl einen der ungewöhnlichsten Arbeitsplätze, die ein Bankkaufmann in Deutschland haben kann. Der Sparkassenmitarbeiter sitzt in Anzug und Krawatte hinter einem Schalter – in einem Bus. Damit fährt er durch Ortschaften in Brandenburg südlich von Berlin. Dort gibt es keine Bankfilialen. Auch andernorts in Deutschland haben sich Kreditinstitute Konzepte für die Geldversorgung und Bankgeschäfte auf dem Land ausgedacht. Nicht alle funktionieren gleich gut.

In Sachsen-Anhalt gibt es solche Busse nach Angaben des ostdeutschen Sparkassenverbands etwa im Harz, im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, im Saalekreis und im Burgenlandkreis. „Wir haben zwei Busse im Einsatz“, berichtet die Sprecherin der Sparkasse im Burgenlandkreis, Verena Fischer. 20 bis 25 Orte werden in der Regel einmal pro Woche angesteuert. Überweisungen einreichen, Daueraufträge einrichten, Bargeld abheben – alles möglich. Gerade ältere Menschen schätzten den Service, sagt Fischer. „Sie müssen sich dann nicht von Nachbarn oder ihren Kindern zur nächsten Filiale fahren lassen.“

Die Harzsparkasse schickt ebenfalls zwei Busse übers Land und hält in 30 Dörfern. Da, wo sich das Geldinstitut zurückzieht, will es dennoch präsent sein – mit seinem Service-Bus.

Auch in Brandenburg fällt der knallrote, gepanzerte Bus in den Dörfern und Orten auf. Hier kennt man sich, in den Vorgärten winken die Bewohner dem 29 Jahre alten Bankkaufmann Bandick oft zu, wenn er die Straßen entlangfährt. „Es macht Spaß, die Kunden werden nach einer gewissen Zeit offener“, beschreibt Bandick seinen Job. Eine seiner vielen Stationen ist ein zentraler Platz in Fürstlich Drehna. Einmal die Woche hält der Bus hier für mehrere Stunden. Von außen erinnert die rollende Bank an einen Linienbus, hinten ist der Einstieg – das Innenleben sieht so aus: Schalter samt Glasscheibe, Infoflyer in Regalen und der PC-Arbeitsplatz. Nach kurzer Zeit kommen die ersten Kunden.

„Tachchen“, ruft ein älterer Herr, stellt sein Fahrrad ab und steigt ein. Er ist wie viele andere Kunden sehr leger gekleidet, man kennt sich eben. „Wie immer“, sagt er zu Bandick und schließt eine Tür hinter sich, die den Schalterbereich von Sitzgelegenheiten im hinteren Teil des Busses trennt. Diskretion gibt es auch hier. Vor allem Ältere kommen und holen Bargeld ab. In dem Bus, den es schon viele Jahre in der Region gibt, können kleinere Geldbeträge abgehoben werden. Für aufwendigere Bankgeschäfte verweist Bandick die Kunden an seine Kollegen in den Geschäftsstellen.

„Wenn der Bus nicht wäre, hätten wir ein richtiges Problem“, sagt eine Frau. Die nächste Filiale ihrer Sparkasse sei mehr als 20 Kilometer entfernt. „Früher hatten wir hier alles: Fleischer, Bäcker und eine Bank – das ist alles weg.“ Eine jüngere Frau steckt Überweisungsträger in einen Briefkastenschlitz im Bus. „Die Internetleitung in meiner Wohnung ist zu schlecht für Online-Überweisungen, ich müsste den Laptop aus dem Fenster halten“, erklärt sie.

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse, die zwei solcher Busse betreibt, spricht von einem Kompromiss. Man wolle einerseits die Kunden flächendeckend versorgen, andererseits müsse man auf den demografischen Wandel und das veränderte Kundenverhalten mit Online-Banking reagieren. „Wir können nicht in jedem Ort mit einer Geschäftsstelle sein“, sagt Sprecher Robert Heiduck.

Zwar gibt es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch ein vergleichsweise dichtes Netz an Banken, doch seit Jahren sinkt sowohl die Zahl der Kreditinstitute als auch die der Bankfilialen. Nach jüngsten Angaben der Bundesbank gab es Ende 2016 bundesweit 1888 Institute und damit 72 weniger als Ende 2015. Bei den Zweigstellen ging auf den gesamten Markt bezogen die Zahl um 2019 Filialen auf 32.026 zurück.