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Handwerk „Ich habe einen kleinen Kaminkehrer als Glücksbringer dabei“

Die Volksstimme fragt Betroffene, wie sich die Corona-Krise auf ihre Arbeit auswirkt. Das Gespräch führte Herbert Spies.

22.05.2020, 23:01

Lauftext

Volkstimme: Wie geht es Ihnen?

Swantje Meier: Mittlerweile wieder ganz gut, denn die Situation entspannt sich. Zu Beginn der Corona-Krise waren die Leute sehr ängstlich, viele wollten mich und meinen Mitarbeiter nicht in ihre Häuser und Wohnungen lassen. Das war schwierig für uns. Die Kunden haben das hochgerechnet und gesagt: Sie sind in so vielen Haushalten, sie schleppen uns Corona ein. Eine Frau hat sogar eine Bescheinigung von mir verlangt, dass ich viren- und keimfrei bin. Jeder reagiert halt anders auf eine solchen Krise.

Wie hat sich die Pandemie finanziell für Sie ausgewirkt?

Nun, unsere Arbeiten müssen ja immer innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt werden. Die Behörden erlauben, auch mal etwas aufzuschieben, wenn keine Brandgefahr besteht. Ich habe 1996 meine Lehre gemacht, arbeite jetzt selbständig als bevollmächtigte Schornsteinfeger-Meisterin. Ich kann noch nicht abschätzen, ob sich die Krise finanziell auf meinen Betrieb auswirkt.

Leidet in dieser Zeit auch das Image der Schornsteinfeger?

Nein. Das ist nach wie vor sehr positiv. Und das macht mich sehr stolz. Immer wieder fragen Menschen, ob sie mich mal anfassen dürfen, denn das soll ja Glück bringen. Es gibt Brautpaare, die einen der goldfarbenen Knöpfe von meiner Uniform abdrehen. Dann soll die Ehe glücklich bleiben und halten, heißt es.

Was treibt Sie an?

Das freie Arbeiten, jeden Tag mit anderen Menschen. Ich habe keinen Chef, der mir im Nacken sitzt. Mein Beruf ist abwechslungsreich, ich bin viel an der frischen Luft, bleibe fit. Ich wollte schon Schornsteinfegerin werden, als ich im Kindergarten war.

Verraten Sie uns das Geheimnis, was sich unter Ihrem Zylinder befindet?

Ja. (lacht) Machmal ein Portemonnaie und einen Quittungsblock. Denn meine schwarze Uniform hat ja keine Taschen.

Was hat diese Krise mit Ihnen persönlich gemacht?

So viele Menschen stöhnen nur. Beschweren sich, dass sie eingeschränkt seien. Mein Mann, mein Sohn und ich genießen die zusätzliche Zeit miteinander. Wir sind dankbar und glücklich, dass wir uns haben.

Sind Sie auch abergläubisch?

Ja! (lacht) Ich habe immer einen kleinen Kaminkehrer aus Plastik als Glücksbringer dabei. Schon seit meiner Lehre.