Ikea-Eröffnung Möbelbranche in Aufruhr

In der deutschen Möbelbranche ist ein Kampf der Giganten entbrannt. In Magdeburg erhöht die Ansiedlung von Ikea weiter den Wettbewerbsdruck.

12.05.2017, 23:01

Magdeburg l An Magdeburgs Einrichtungshäusern wird gehämmert und gebohrt: Höffner renoviert derzeit sein Möbelhaus im Gewerbegebiet Pfahlberg. Auf dem ehemaligen Milchhof stehen die Arbeiten an der ersten Ikea-Filiale in der Landeshauptstadt kurz vor dem Abschluss. Wenn sich Ende August die Türen des blau-gelben Baus öffnen, wird die Möbel-Verkaufsfläche in Magdeburg von derzeit 92.000 auf über 110.000 Quadratmeter anwachsen. Das geht aus Zahlen der Branchendatenbank der BBE-Handelsberatung hervor, die der Volksstimme vorliegen.

In Magdeburg kommen Möbelfreunde seit Jahren auf ihre Kosten: Höffner, Porta, Poco, Roller – fast alle Branchengrößen buhlen um das Geld der Kundschaft. Die Wettbewerbsdichte, die von der BBE mit einem Index erfasst wird, liegt in Magdeburg 54 Punkte über dem Bundesdurchschnitt, nach der Ikea-Eröffnung werden es sogar 84 Zähler mehr sein.

„Magdeburg hat bereits heute eine enorm hohe Wettbewerbsdichte“, sagt BBE-Möbelexperte Sebastian Deppe. „Der Druck unter den Möbelhäusern wird nach der Ikea-Eröffnung weiter zunehmen.“ Die Schweden rechnen im ersten Jahr mit rund 1,2 Millionen Kunden.

Sebastian Deppe, der mit seinem Unternehmen nahezu alle großen Möbelketten berät, hat beobachtet, was in anderen Regionen nach dem Markteintritt von Ikea passiert. Die Schweden, sagt Deppe, werten einen Standort enorm auf. Hot-Dogs, Billy und Co. ziehen viele Menschen an. Von der Frequenzsteigerung könnten auch andere Möbelhäuser profitieren. „Der Kauf eines Möbelstücks ist häufig keine spontane Entscheidung“, erklärt Deppe. Vor allem im höherpreisigen Segment würden viele Kunden zwischen mehreren Anbietern vergleichen.

Die Ikea-Wettbewerber lassen sich angesichts der neuen Konkurrenz in der Landeshauptstadt nur ungern in die Karten schauen. Höffner rücke nicht von dem Ziel ab, den Umsatz im Markt wie jedes Jahr um zehn Prozent zu steigern, sagt Einrichtungshaus-Chefin Christine Gieß. Derzeit ist die Filiale allerdings geschlossen. Höffner macht sich hübsch. Die Berliner Kette, die deutschlandweit 19 Häuser besitzt, investiert in Magdeburg einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.

Alle zehn Jahre würden Konzept und Ambiente in den Höffner-Häusern überarbeitet, beteuert Gieß. Nach den Renovierungsarbeiten werde neben der Lager- und Verkaufsfläche auch die Mitarbeiterzahl steigen, kündigt die Möbelhaus-Chefin an. Derzeit peilt Höffner im August die Wiedereröffnung an. Mit einer groß angelegten Werbe-Offensive soll dann auch Ikea der ein oder andere Möbel-Käufer abgeluchst werden.

Porta erwartet in den ersten zwei Monaten nach der Ikea-Eröffnung etwas weniger Besucher als üblich, sagt eine Sprecherin. Im Schnitt kommen 2000 Kunden täglich in die Filiale im Bördepark. Jedes Jahr sind es gut 600.000. Das Unternehmen erwartet, dass sich die Besucherzahlen nach einigen Monaten wieder stabilisieren. Roller äußerte sich nicht.

Der deutsche Markt ist fest in der Hand der Branchengrößen: Bundesweit verfügt der Möbelhandel momentan über 23 Millionen Quadratmeter Ausstellungsfläche. Allein ein Viertel davon entfällt auf lediglich 165 Häuser, die jeweils mehr als 25.000 Quadratmeter Raum bieten. „Die Konzentration im Handel schreitet voran“, berichtet Sebastian Deppe. Bereits im vergangenen Jahr erwirtschafteten die zehn größten Möbelhändler des Landes über die Hälfte des Branchenumsatzes.

Kleinen Anbietern geht hingegen immer öfter die Puste aus, so Deppe. Viele mittelständische Unternehmen haben der aggressiven Preispolitik der Möbel-Giganten nichts entgegenzusetzen. In der Tat ist für die Kunden der Preis nach wie vor das wichtigste Kaufargument. Die Möbelhäuser setzen deswegen regelmäßig den Rotstift an. Mal gibt es die Mehrwertsteuer geschenkt, mal bieten die Händler sogar 30 bis 40 Prozent Nachlass an.

Bislang machen sich die Werbe-Aktionen bezahlt: Die Branche eilt von einem Verkaufsrekord zum nächsten. Rund 33,4 Milliarden Euro haben die heimischen Möbelhäuser 2016 eingenommen, 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr, meldet der Handelsverband Möbel und Küchen (BVDM).