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Urteil Richter geben Bewertungsportal Yelp recht

Das Grundsatzurteil des BGH bringt Rechtssicherheit im Umgang mit Einschätzungen zu Restaurants und Firmen - auch in Sachsen-Anhalt.

Von Bernd Kaufholz 15.01.2020, 00:01

Karlsruhe l Bewertungsportale im Internet müssen in die von ihnen angegebene Durchschnittsnote nicht alle abgegebenen Bewertungen einbeziehen. Es ist zulässig, nur „empfohlene Bewertungen“ einzubeziehen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) gestern in Karlsruhe in einem Grund- satzurteil.

Der VI. Zivilsenat gab damit dem Portal Yelp im Streit mit der Fitnessstudio-Betreiberin und früheren Bodybuilding-Weltmeisterin Renate Holland recht. Die entsprechende Auswahl sei von der Meinungsfreiheit der Portalbetreiber gedeckt.

Der deutsche Ableger des US-Portals Yelp sammelt Bewertungen vor allem für Restaurants und Läden und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Für die Berechnung einer Gesamtnote berücksichtigt Yelp nur „empfohlene Beiträge“ und nennt deren Anzahl. Die Einteilung erfolgt automatisch mit einem Algorithmus. „Nicht empfohlene Bewertungen“ bleiben unberücksichtigt, können aber gelesen werden. Gegen dieses Vorgehen klagte Holland, die inzwischen mehrere Fitnessstudios betreibt.

Im aktuellen Fall ging es um ein Studio, für das im Februar 2014 nur eine Bewertung mit drei von fünf Sternen berücksichtigt wurde. 24 überwiegend positive aber ältere Bewertungen blieben als „nicht empfohlen“ unberücksichtigt.

Der BGH hat dieses Vorgehen nun als rechtmäßig bestätigt. Yelp mache auf seiner Seite keine falschen Angaben. Insbesondere behaupte das Bewertungsportal nicht, dass der Durchschnitt aus allen Bewertungen berechnet werde. Vielmehr würden die Nutzer informiert, wie viele „empfohlene Beiträge“ es gibt und könnten aus dem Nebeneinander der Informationen auch folgern, dass der Durchschnitt auch nur aus diesen „empfohlenen Beiträgen“ berechnet wurde.

Auch ein unzulässiger Eingriff in die persönlichen und gewerblichen Interessen Hollands liege nicht vor. Deren Einteilung der Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ sei „durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt“, betonten die Karlsruher Richter. „Ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.“

Michael Schmidt, Präsident des Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e. V. in Sachsen-Anhalt, hält Bewertungsportale grundsätzlich für hilfreich. „Der Verbraucher kann sich im Internet im Vorfeld über die Betriebe informieren.“ Allerdings sei der Nachteil, dass die Bewertungen sehr subjektiv seien. Man wisse nicht, wie eine Bewertung zustande gekommen sei. Ob Koch oder Kellner vielleicht mal einen schlechten Tag hatten oder das Zimmermädchen aus Liebeskummer ein wenig nachlässiger war. „Auch dass positive Bewertungen gekauft werden können, ist zwar nicht die Regel, aber auch kein Geheimnis“, so Schmidt.

Die beste Bewertung sei immer noch die Mund-zu-Mund-Propaganda. „Wenn ein Bekannter eine Empfehlung gibt oder abrät, ist das sicherlich nicht die schlechteste Variante.“

Bei der Frage nach Fluch oder Segen von Internetbewertungen tendiere er eher zum zweiten. „Wer sicher gehen will, sollte sich an die Sterne-Bewertung in Deutschland halten. Die Hotel-Sterne-Standards sind objektiv.“