1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Test: Bezeichnung "Öko" bei Superfood oft irreführend

ProduktkennzeichnungTest: Bezeichnung "Öko" bei Superfood oft irreführend

Auf Bio-Ware ist Verlass. Doch die stets guten Ergebnisse beim Ökomonitoring sind laut Land kein Grund, auf die regelmäßige Prüfung zu verzichten. Das hippe Superfood ist da nämlich so gar nicht super.

16.06.2017, 15:28

Stuttgart (dpa) - Superfood trägt die Bezeichnungen "Öko" oder "Bio" häufig zu unrecht. Das geht aus einem Bericht des Landes Baden-Württemberg hervor.

Wegen teils deutlich überhöhter Rückstände etwa von Pflanzenschutzmitteln seien solche Aufschriften oder Siegel bei jeder dritten Probe irreführend gewesen. Das sagte Landesagrarminister Peter Hauk (CDU) in Stuttgart. Er stellte den laut Ministerium europaweit einzigartigen Ökomonitoringbericht vor. Abgesehen von den Mängeln beim Superfood hätten sich Öko-Lebensmittel das Vertrauen der Verbraucher einmal mehr verdient.

Die Beanstandungsquote bei frischem Gemüse oder Obst lag demnach wie im Vorjahr bei 1,1 Prozent. Bei verarbeiteten Erzeugnissen hingegen lag sie fünf Mal so hoch bei 5,5 Prozent. Rückstände von chemischen Pflanzenschutzmitteln wurden etwa in einer Probe Hülsenfrüchte gefunden, in Tee - vor allem aber in Nahrungsergänzungsmitteln, dem sogenannten Superfood. "Irreführend" sei dort das Siegel "Öko".

Nach ersten Hinweisen im Jahr zuvor, nahmen Experten der Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Superfood, dem Gesundheitsvorteile zugeschrieben werden, besonders unter die Lupe. 18 Proben Moringa, Chia, Weizengras, Gerstengras und Goji wurden untersucht. Zwei von drei Proben enthielten trotz der Bezeichnung "Öko" oder "Bio" auf der Packung teils deutliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.

Der Anteil an beanstandeten Proben ist beim Superfood nach Angaben der Lebensmittelüberwachung mit 46 Prozent auffallend hoch. Superfood fiel auch durch besonders viele Kennzeichnungsverstöße von 86 Prozent auf. Referatsleiterin Petra Mock sagte: "Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Kennzeichnung und Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln in großem Umfang, gerade auch im Internet, unzutreffend sind."

Der Trend zu Bio-Lebensmitteln halte an, sagte der Minister. So sei der Umsatz von Bio-Ware 2016 deutschlandweit um fast zehn Prozent auf 9,5 Milliarden Euro gestiegen. Im vergangenen Jahr hat sich der Gesamtumsatz der von den Marktforschern erfassten Superfood-Artikel Schätzungen zufolge von 25 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro nahezu verdoppelt.

Die ökologisch bewirtschaftete Fläche wird indes stetig größer. In Baden-Württemberg sind es 150 000 Hektar, 10,6 Prozent der Agrarfläche. Knapp 3800 Betriebe - fast jeder zehnte - arbeiten nach Öko-Grundsätzen.

Die Verbraucher legten großen Wert auf Rückstandsfreiheit, betonte Hauk. "Sie sollen darauf vertrauen können, dass der höhere Preis von Öko-Produkten gerechtfertigt ist." Mehr als 600 Bioprodukte nahmen die Experten unter die Lupe. Irreführende Produkte müssten vom Markt. Von den 445 auf Pestizide (Gifte) untersuchten Bio-Proben waren 65 Prozent ganz ohne Rückstände, 29 Prozent enthielten geringe Spuren und sechs Prozent über dem Orientierungswert von 0,01 Mikrogramm pro Kilo. Ab diesem Wert wird überprüft, ob der Betrieb gegen gesetzliche Regelungen für den Ökologischen Landbau verstößt.

Ministerium zum Ökolandbau

Ökomonitoring 2016

PM vom Freitag

Superfood

Chia-Samen, Amaranth, Quinoa und Matcha-Teepulver: Unter dem Label Superfood boomen Lebensmittel mit angeblichen Gesundheitsvorteilen. Beispielsweise der Verkauf von Chia-Samen schnellte zuletzt nach oben. Auch die Nachfrage nach Kokos- und Mandelmehl oder grünem Matcha-Tee steigt, ebenso wie der Absatz von Amaranth, der an Hirse erinnert. Zu den Favoriten der Kunden gehört auch die Anden-Pflanze Quinoa. Zu den Neuentdeckungen der Szene zählt die Frucht des afrikanischen Affenbrotbaums Baobab.

Auch Discounter haben die Trend-Produkte mittlerweile im Sortiment. Nach Angaben von Experten wird Superfood vor allem von Frauen gekauft. Die Gesundheitswirkung ist aber umstritten. Gute Inhaltsstoffe könnten Verbraucher auch in heimischen Produkten wie Beeren, frischen Kräutern oder Kohl finden, sagt etwa Angela Clausen, Ernährungswissenschaftlerin von der Verbraucherzentale NRW.