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Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel

Eine Thailänderin erbt einen bayerischen Bauernhof - und einen feindseligen Schwiegervater gleich mit. Nun müssen die beiden miteinander leben lernen. Eine ARD-Komödie setzt sich neben allem Slapstick auch mit dem aktuellen Thema Rassismus auseinander.

Von Christina Peters, dpa 10.12.2015, 23:01

Berlin (dpa) - Ein Wintermorgen im tief verschneiten Oberbayern. Die Stimmung zwischen dem alten Landwirt Hans (Michael Gwisdek) und seinem Sohn Joe (Stefan Murr) könnte kaum frostiger sein. Da steht plötzlich die junge Thailänderin Lamai (Mai Duong Kieu) auf dem Hof und fragt nach Joe.

Bleiben soll sie? Nur über meine Leiche, schimpft der Alte. Doch es ist Joes Leiche, die morgens drauf nach einer Liebesnacht starr im Bett liegt. Und Lamai ist nicht nur eine Urlaubsromanze, sondern Joes Witwe - die Alleinerbin des Hofes.

In der Komödie Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel geht es in bester vorweihnachtlicher Tradition um Verbitterung und Liebe, aber auch um Vorurteile und Menschlichkeit. Das Erste zeigt den Film am Freitag um 20.15 Uhr.

Fassungslos erfährt die trauernde Dorfgemeinschaft: Ihr Dorfpfarrer Otti (Simon Schwarz, Tatort, About A Girl) war es, der Joe und Lamai nach einem ausgelassenen gemeinsamen Urlaub am Strand von Phuket traute. In hohem Bogen fliegt Lamais rosafarbener Koffer zunächst wieder vom Hof, doch schließlich muss Hans einsehen: Ab jetzt muss man sich wohl oder übel zusammenraufen. Mit Joes Ex-Frau Wiebke (Marlene Morreis), die das Erbe selbst beansprucht, will er nämlich erst recht nichts zu tun haben.

So beginnt ein Tauziehen zwischen der Witwe und dem Schwiegervater. Stück für Stück erkämpft sich Lamai ihr Leben auf dem Hof, baut einen Trauer-Altar und übt morgens im Hof Kampfsport. Arbeit gebe es keine für sie, sagt der Alte. Lamai macht Schnaps, entgegnet sie trotzig und macht sich mit Joes alter Alkohol-Destille ans Werk. Nur langsam entwickeln die beiden Sturköpfe Respekt füreinander. Irgendwann sieht Hans den Tai-Chi-Übungen nicht mehr verächtlich zu, sondern ahmt sie am Fenster heimlich nach.

Trotz aller Situationskomik wird dank feiner schauspielerischer Arbeit deutlich, dass beide unter Einsamkeit und Trauer leiden. Gerade der mehrfach ausgezeichnete Michael Gwisdek (Good Bye Lenin!, Elementarteilchen) schafft immer wieder Momente, in denen die ruppige Hülle nachgibt und einen zutiefst verletzten Mann erkennen lässt, der selbst nicht mehr weiß, wo er hingehört.

Obwohl der Film eine Komödie ist und vor allem Marlene Morreis als intrigante Ex-Frau und Simon Schwarz als nur widerwillig frommer Pfarrer immer wieder für Aufheiterung sorgen, setzt sich Regisseur Sven Bohse (16 über Nacht!) überraschend ernsthaft mit dem Thema Rassismus auseinander. Lamai wird nicht nur von Schlitzaugen ziehenden Jungen im Bus verspottet, sondern auch vom Dorf-Polizisten belästigt und entkommt in einer Schlüsselszene nur knapp einer Vergewaltigung.

Wenn ich beim Dreh erlebe, wie man mich laut Drehbuch anguckt und was gesagt wird, dann kommt in mir - ohne es zu wollen - schon etwas hoch, sagte die Nachwuchs-Schauspielerin Mai Duong Kieu, die bereits im Kinofilm Wir sind jung. Wir sind stark. mit dem Thema Rassismus konfrontiert war, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Ich bin in Chemnitz aufgewachsen, da war das Thema beinahe jeden Tag aktuell. Überall gab es Ressentiments gegenüber Ausländern. Meine Eltern haben mir jedoch beigebracht, mit erhobenem Haupt geradeaus zu laufen, und dass ich mir die Beschimpfungen nicht zu Herzen nehmen soll.

Für den Film lernte die gebürtige Vietnamesin extra Thailändisch. Das Tai-Chi, das Lamai im Hof übt, wurde ihr hingegen in die Wiege gelegt: Ihr Vater ist Kung-Fu-Lehrer. Das ist in meinem Fall kein Klischee! sagt die Schauspielerin und lacht.

Immer wieder unterbricht der Film die bläulich-weiße Szenerie des bayrischen Gebirges mit sonnigen Rückblenden aus Lamais Heimat. Wie ein Stilbruch wirkt auch der Soundtrack mit Liedern britischer Indie-Folk-Bands wie Daughter oder Mumford and Sons. Und auch zum Schluss gibt es kein Happy End im klassischen Sinne: Stattdessen stellt sich die Frage, ob Heimat automatisch Glück bedeutet. Die Antwort bleibt offen.

Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel