TV-Tipp Woodstock

Finanziell war es 1969 ein Desaster - zugleich war Woodstock eine Sternstunde der Popkultur. Eine geplante Neuauflage im Sommer 2019 scheiterte. Zum Trost zeigt Arte die XL-Version des Konzertfilms.

Von Christof Bock, dpa 15.08.2019, 23:01

Berlin (dpa) - Weder die Beatles noch die Rolling Stones waren dabei - dennoch gilt das Woodstock-Musikfestival von 1969 als ein Meilenstein der Popkultur. In dieser Woche ist das Weltereignis genau 50 Jahre her. Eigentlich hatte der damalige Organisator Mike Lang zum runden Jubiläum eine Neuauflage mit Stars wie Miley Cyrus und Jay-Z geplant.

Doch das Remake fiel vor wenigen Wochen dann doch ins Wasser. Immerhin zeigt Arte an diesem Freitag noch einmal das Original im Fernsehen: "Woodstock" in der mehr als dreistündigen XXL-Version ("Director's Cut") ist bei dem Kulturkanal um 22.10 Uhr zu sehen.

Die Darstellung des Konzerts im Dörfchen Bethel nördlich von New York, 1971 als bester Dokumentarfilm mit dem Oscar prämiert, beginnt mit den ersten Vorbereitungen wie dem Mähen der Wiese und verfolgt das Festival bis zum Abbau. Schon schnell wird klar, dass viel mehr Menschen anreisen als erwartet. "Wir sahen die ganzen Städter letzte Nacht hier ankommen", erzählt eine Frau in die Kamera, die zufällig im Dorf Urlaub macht. "Als würde ein Heer in diesen Ort einfallen. Unglaublich!" Endlose Blechlawinen ziehen sich bis zum Horizont.

Auch die Sperrzäune halten dem Ansturm bald nicht mehr stand: "Alle Kassierer bitte zur Hauptkasse. Die brauchen wir nicht mehr." Gegen Proteste der Finanziers wird Woodstock zum Gratiskonzert erklärt. Das Bild, als der Zaun fällt, zeigt den Urknall eines Millionendefizits.

Massen breiten sich auf dem Festivalgelände aus - junge Menschen in Batikhemden, im Indianerlook oder fransigen Gewändern, bunt geschminkt, langhaarig, barbusig. Joints gehen herum.

Das Line-up ist bis heute legendär: Crosby, Stills & Nash, Joan Baez, Canned Heat, Janis Joplin, Grateful Dead, Jefferson Airplane, The Who, Santana und viele andere. Besonders hängen blieben bei vielen Menschen zwei Szenen: Zum einen die Beatles-Coversion eines gelernten Installateurs aus Sheffield - Joe Cocker rührte mit "With a Little Help from My Friends" die Massen. Und dann die Nationalhymne "The Star-spangled Banner", gespielt von Jimi Hendrix auf der E-Gitarre.

Das Publikum bildet zeitweise eine der größten Siedlungen im Bundesstaat New York. Station für Station zeigt der "Woodstock"-Film, wie die gewaltige Hippiekommune schrittweise an den Rand des Chaos gerät. "Keiner kommt hier weg, damit muss man einfach leben", sagt ein Helfer. Armeehubschrauber bringen Verletzte weg. "Ich muss hier raus, hier sind zu viele Menschen. Ich ertrage es nicht mehr. Es ist einfach zu voll", klagt eine Zuschauerin und fängt an zu schluchzen.

Und ein Mädchen, das seit 30 Stunden wach ist: "All diejenigen, die ihre ausgeflippten Freunde ausrufen lassen! Ich selbst vermisse gerade meine Schwester. Wir haben uns verloren. Sie hatte Mescalin genommen. Wir verloren uns beim Auftritt von Richie Havens." Gewiss gehe es ihr gut. Der Optimismus, das Vertrauen in den Nächsten, in die Liebe - das ist die Stimmung, die Fernsehzuschauer bis heute spüren.

Während das Woodstock-Festival zum finanziellen Flop geriet, spielte der Film in den ersten 18 Leinwand-Wochen fünf Millionen Dollar ein. Sidney Westerfeld, ein Ladenbesitzer aus der Umgebung, bringt es auf den Punkt: "Dieses Ereignis war einfach zu großartig. Es war zu groß für die Welt. Niemand hatte je zuvor so etwas gesehen!"

Mehr über Woodstock