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Drei Fragen an Hauptversammlung abgesagt? Was Aktionäre wissen müssen

Einmal im Jahr rufen Aktiengesellschaften zur Hauptversammlung. In diesem Jahr werden viele Aktionärstreffen verschoben. Was bedeutet das für Anleger?

Von Interview: Falk Zielke, dpa 25.03.2020, 03:34

Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Das Frühjahr ist in der Regel die Zeit der Hauptversammlungen. Denn einmal im Jahr müssen Aktiengesellschaften ihre Anteilseigner einladen, um wichtige Beschlüsse zu fassen. "Das ist gesetzlich vorgeschrieben", erklärt Sven Erwin Hemeling vom Deutschen Aktieninstitut im Interview mit dem dpa-Themendienst. Das Problem: Die Hauptversammlungen sind als Präsenzveranstaltungen vorgesehen. Wegen der Corona-Krise ist das aber derzeit nicht möglich. Was jetzt?

Warum sind Hauptversammlungen überhaupt so wichtig?

Hemeling: Die Hauptversammlung ist neben Vorstand und Aufsichtsrat das wichtigste Entscheidungsgremium einer Aktiengesellschaft. Die Aktionäre fassen auf dem Treffen unter anderem Beschlüsse zur Dividendenausschüttung oder zu Kapitalmaßnahmen, wie beispielsweise Kapitalerhöhungen. Auch der Abschlussprüfer wird in der Regel auf der Hauptversammlung bestellt und der Vorstand des Unternehmens entlastet. Gerade in Krisenzeiten ist die Kapitalbeschaffung für Unternehmen aber von besonderer Bedeutung.

Die Aktionärstreffen müssen deshalb einmal im Jahr stattfinden – und zwar bei deutschen AGs acht Monate und bei europäischen SEs sechs Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres. Daher finden auch die meisten Hauptversammlungen von März bis Juni statt.

Sind Hauptversammlungen nicht auch virtuell möglich?

Hemeling: Das Aktiengesetz schreibt vor, dass Hauptversammlungen als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden müssen. Das ist in der derzeitigen Situation nicht möglich, denn meist kommen sehr viele Aktionäre zu den Versammlungen. Es gibt zwar die Möglichkeit, seine Stimmrechte als Aktionär auch elektronisch auszuüben oder anderen dafür eine Vollmacht zu übertragen. Komplett virtuelle Hauptversammlungen, die auch ein uneingeschränktes Frage- und Rederecht umfassen, gibt es aber nicht.

Dafür gibt es auch mehrere Gründe: Es fehlt zum einen an Dienstleistern, die solche virtuellen Hauptversammlungen rechtssicher möglich machen. Darüber hinaus erscheint sehr fraglich, ob die erforderliche Infrastruktur in der Kürze der Zeit geschaffen werden kann.

Was können Aktionäre jetzt tun?

Hemeling: In Deutschland arbeitet der Gesetzgeber aktuell an Lösungen, wie eine Hauptversammlung auch ohne die persönliche Teilnahme der Aktionäre stattfinden kann. In anderen Ländern wie der Schweiz wurden die Gesetze bereits so geändert, dass Hauptversammlungen ohne Publikum möglich sind. Aktionäre konnten ihre Stimmabgabe elektronisch ausüben.

Diese Möglichkeit haben Aktionäre in Deutschland ja grundsätzlich auch jetzt schon. Und davon sollten sie auch Gebrauch machen. Jeder sollte sich fragen, ob er in der derzeitigen Situation wirklich sein Rede- und Fragerecht auf einer Hauptversammlung in Anspruch nehmen muss. Aktionäre können auch einem Vertreter des Unternehmens oder einer Aktionärsvereinigung eine Stimmrechtsvollmacht erteilen.