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Bildhaft: Guido Knopp über den Ersten Weltkrieg

17.12.2013, 10:44

Hannover Der Beginn des Ersten Weltkrieges, eines im Ausmaß bis dahin unbekannten Mordens, ist der Ausgangspunkt für einen "Dreißigjährigen Krieg des 20. Jahrhunderts". Die These vom Weltbürgerkrieg ist das Fazit von Guido Knopp (65) in seinem Buch "Der Erste Weltkrieg. Die Bilanz in Bildern".

"Je mehr Abstand wir von dieser Epoche haben, umso mehr wird deutlich, dass es ein Weltbürgerkrieg ist 31 Jahre lang", schreibt der frühere Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte in seinem kurzweiligen, in knappe Kapitel untergliederten Buch zur "Urkatastrophe" im Hochsommer 1914.

Den bis dato größten Waffengang der Weltgeschichte mit Millionen Toten, mit dem Stellungskrieg und seinen Materialschlachten sieht der Journalist als Epochenbruch. "Der Zweite Weltkrieg speist sich aus dem Ersten. Dazwischen gab es keinen echten Frieden, nur eine Zwischenkriegszeit."

Knopp beschreibt fast 100 Jahre nach dem Beginn des Krieges einfach, kurz und prägnant anhand von Fotografien in zwei- bis vierseitigen Kapiteln Ereignisse, Menschen und Alltag in den Jahren dieses Grauens. Anders als in Gesamtdarstellungen lässt er vieles aufgrund der Komplexität aus und schafft dennoch ein Bild jener Kriegsjahre. Die vielen unterschiedlichen Geschichten, basierend auf dem damals neuen Medium Fotografie, schaffen ein Bild der Realität vor 100 Jahren, ohne Vollständigkeit zu versprechen. Das Buch ist in seinen mehr als 70 Kapiteln kein umfassendes Militär- oder Politikkonvolut, sondern eine flüssig zu lesende Darstellung von Kriegserfahrungen und Gesellschaftsgeschichte angereichert mit kleinen erklärenden Hintergründen und einer knappen Zeittafel.

"Anfangs hatte man in den Generalstäben allen Ernstes noch geglaubt, dass ein paar Schlachtenmaler genügen würden, das Kriegsgeschehen für die breite Masse adäquat darzustellen", schreibt Knopp. "Doch die Welt des 19. Jahrhunderts war endgültig passé." Das Medium Fotografie wurde als Propagandamittel eingesetzt, um die guten eigenen Soldaten und den bösen Feind zu zeigen. Fotos von zerschossenen Gesichtern und zerrissenen Leibern zwischen den Schützengräben passte da für die breite Öffentlichkeit nicht ins Bild.

Knopp beschreibt die Schlacht von Verdun, die Wirkung neuer Waffen, den letzten Tag des Krieges mit Tausenden Toten, aber auch spontane Waffenstillstände an Weihnachten, die Arbeit der Krankenschwestern und die alltägliche Not in der Heimat und der Soldaten. Angesichts der immensen Opferzahlen bei Verdun schreibt Knopp: "Dieser Krieg zerriss alles die Körper, die Sinne, die Moral."

Neben Ereignissen und Alltag stehen auch Charaktere im Mittelpunkt: Rasputin, Mata Hari, der Flieger Hermann Göring, der "Schattenkaiser" Wilhelm II., und natürlich auch der Meldegänger Adolf Hitler. Sein später stilisiertes Bild vom "tapferen Gefreiten" ist nach Knopp nicht haltbar und besonders beliebt war er wohl auch nicht. "Er galt als Eigenbrötler, weil er Alkohol und Tabak, Frauen und Bordelle mied und jeden vehement beschimpfte, der sich auf derart landesverräterische Weise im Feindesland vergnügte."

- Guido Knopp: Der Erste Weltkrieg. Die Bilanz in Bildern, Verlag Edel Books, Hamburg, 384 S., 24,95 Euro, ISBN 978-3-8419-0241-2.