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Bloggen und Dichten Stadtschreiber entdecken Halle und Magdeburg

Halle und Magdeburg fördern seit Jahren Stadtschreiber mit Stipendien. Die Schriftsteller bringen sich in das urbane Leben.

Von Mike Händler 05.09.2018, 09:06

Magdeburg/Halle (dpa) l Nellja Veremej bloggt über Magdeburg und Marko Dinic bringt Schülern in Halle die Literatur nahe. Das gehört zu den Tätigkeiten der beiden Stadtschreiber, die für ein halbes Jahr in Sachsen-Anhalt weilen. Die Stipendiaten tauchen in das urbane Kulturleben ein. Zugleich können die Autoren eigene Projekte vorantreiben.

Die 1963 geborene Schriftstellerin Veremej veröffentlicht seit März alle zehn Tage einen Beitrag auf dem Magdeburger Stadtschreiber-Blog. Leicht zu finden ist der Blog nicht auf der Homepage der Stadt Magdeburg aber nicht. Dort schafft Veremej, die 2013 ihren Debüt-Roman "Berlin liegt im Osten" veröffentlichte, interessante Bezüge vom Leben in der Elbestadt hin zu anderen Themen.

Anfang Mai schrieb sie beispielsweise über "Krieg und Frieden". Das "Magdeburger Ehrenmal" im Dom kam der Schriftstellerin dabei in den Sinn. Die Plastik von Ernst Barlach (1870-1938) erinnert an den Ersten Weltkrieg. Und die Autorin erweiterte das Spektrum ihrer literarischen Gedanken anlässlich des Siegestags im Zweiten Weltkrieg, den Russland in St. Petersburg am 9. Mai feierte. In der Stadt, wo sie einst Philologie studierte.

Die literarische Durchdringung von Magdeburg mit ihrem Blog ist eine Zielstellung Veremejs. "Ich entscheide selbst, worüber ich schreibe", sagte sie. Das sei auch der Sinn des Förderstipendiums, das seit 2013 an Bewerber aus dem deutschsprachigen Raum vergeben wird. Die Autorin arbeitet derzeit an einem Text über das Mittelalter und die Ottonen. Dafür habe sie bereits Halberstadt und Quedlinburg bereist. "Einige Szenen spielen auch in Magdeburg", sagte die Schriftstellerin.

Marko Dinic treibt die Neugier an. "Ich kam nach Halle, weil ich es nicht kenne", sagte der 1988 in Wien geborene und und in Belgrad aufgewachsene Schriftsteller. Dinic war 2016 mit seinem Werk "Als nach Milosevic das Wasser kam" für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert.

Dass der Österreicher nun seit Mai die Marktkirche und die Peißnitz als Stipendiat kennenlernen kann, liegt einer Änderung des Vergabemodus' in Halle zugrunde. Denn von 1991 bis 2017 war es nur Autoren aus Halle und Umgebung vorbehalten, sich als Stadtschreiber zu bewerben.

"Das Amt des Halleschen Stadtschreibers ist ein sehr freies Amt", sagte Dinic. "Beworben habe ich mich mit der Arbeit an meinem zweiten Roman." Das stehe im Zentrum seines Aufenthaltes an der Saalestadt. Hinzu kommen Lesungen sowie das Schreiben von Artikeln und Kritiken. Das erste Mal weilt der Wiener überhaupt in Sachsen-Anhalt. "Mir gefällt, dass die Menschen hier offen und freundlich sind", sagte Dinic.

Unterschiedliche Dinge faszinieren die Stadtschreiber an ihren Wirkungsstätten. Der "liebste und bestaunenswerteste Ort" ist nach Aussage des Wieners der Szene-Klub "Hühnermanhattan" in Halle. "Hier treffen sich alle zwei Wochen die wunderbarsten Dichterinnen und Dichter Halles", sagte er. "Das ist jedes Mal ein Ereignis, das mich staunend zurücklässt." Und überdies begegne ihm die Saalestadt als "diverse und bunte" Stadt.

Ob der Aufenthalt in Halle in seine literarische Arbeit einfließt? Dinic kann es noch nicht mit Sicherheit sagen: "Ich beobachte und verarbeite", sagte er. "Die eine oder andere Begebenheit wird sicherlich literarisch ihre Spuren hinterlassen."

Hans Apel nennt Nellja Veremei zuerst, wenn sie über ihre Faszination von Magdeburg spricht. "Ich schätze ihn mehr als alle anderen zeitgenössichen Künstler", sagte sie. Und da gibt es noch die schönen Kirchen, die grünen Ecken und die Lage am Fluss – alles Beispiele dafür, was die Stadt für die Berlinerin so attraktiv und gemütlich macht.