1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Buch
  6. >
  7. Stern\'sche Druckerei wird 400 Jahre alt

Stern\'sche Druckerei wird 400 Jahre alt

07.05.2014, 11:38

Lüneburg - Der Betrieb geht ins fünfte Jahrhundert. "Die von Stern\'sche Druckerei ist wahrscheinlich die älteste in Familienbesitz befindliche Druckerei der Welt", sagt Christian von Stern, der die Firma in 14. Generation leitet.

Die nüchternen Gebäude im Osten Lüneburgs lassen zunächst wenig von der langen Geschichte ahnen, doch schon im Eingangsbereich künden alte Holztruhen und Gemälde von vergangenen Zeiten und großer Tradition. "Das sind Johann und Heinrich von Stern, sie haben das Unternehmen 1614 gegründet", erklärt der 50-Jährige, während er auf zwei Bilder der Ahnengalerie zeigt. Dann öffnet sich eine schalldichte Tür und mit einem Schritt geht es von der Vorhalle mit Museumscharakter in die Moderne.

Das Rattern gewaltiger Maschinen beherrscht die Sinne, sechs Tage die Woche wird hier in zwei Schichten gearbeitet. "Wir drucken hier die 35 000 Exemplare der "Lüneburger Landeszeitung" und die Nachtausgabe der "Hamburger Morgenpost"", erklärt Geschäftsführer Andreas Jörß. Dazu kommen Werbebroschüren, Wochenzeitschriften und andere Blätter.

Erst 1982 ist das Unternehmen ins Industriegebiet gezogen. Am alten Standort wurde es zu eng für moderne Maschinen und Gabelstapler. In der Altstadt kündet noch ein Mosaik im Gehweg "Sternsche Buchdruckerei - 1614" vom alten Standort. In der gewaltigen Johanniskirche dahinter haben die von Sterns eine eigene Familiengruft, die Fenster der Seitenkapelle zeigen die Namen der Firmengründer und eine Bibel. "Mit Bibeln hat alles begonnen", sagt von Stern in seinem Büro, ein mächtiger Barockschrank beherrscht den Raum. "Wir waren zunächst maßgeblich für den Bibeldruck in der Region, dann für den Buchdruck überhaupt", beschreibt er die Anfänge.

"Ich lebe nicht den ganzen Tag in dem Bewusstsein, dass unser Haus 400 Jahre alt ist und verdammt nochmal 400 Jahre alt werden möge - dann droht man an der Verantwortung zu zerbrechen", sagt er. "Aber sicher ist es anders als bei einem Start-up-Unternehmen." So kommt sein Vater, seit 14 Jahren im Ruhestand, noch fast täglich, um nach dem Rechten zu schauen. Privatbesitz verpflichtet: "Eine Menge des Tafelsilbers der vergangenen Jahrhunderte wurde als Kapital in die Firma gesteckt, ein Großteil unseres Privatvermögens immer wieder eingebracht - das ist auch jetzt wieder ein Gebot der Stunde."

Die Stern\'sche Druckerei dürfte zu den ältesten noch aktiven Druckereien in Deutschland überhaupt gehören, heißt es beim Institut für Buchwissenschaft der Gutenberg-Uni Mainz. Erste Drucke des Hauses in Lüneburg ließen sich für 1624 nachweisen. Die 1625 in Leipzig gegründete Mintzel-Druck habe im vergangenen Jahr Insolvenzantrag gestellt. Auch der IHK Hannover ist keine ähnlich alte Druckerei in Niedersachsen bekannt. Bei der Schlüterschen Verlagsgesellschaft in Hannover reicht die Tradition bis 1747 zurück, die Druckerei wurde jedoch vor einigen Jahren geschlossen. Auch das Verlagshaus Gerstenberg in Hildesheim hat eine mehr als 200-jährige Geschichte.

In der Stern\'schen Druckerei gab es in den 400 Jahren immer wieder einschneidende Veränderungen. "Der Übergang vom Bleisatz zum Desktop-Publishing am Computer war eine Revolution", sagt von Stern. "Aber auch die Anschaffung einer Schnellpresse durch Dorette von Stern war ein bemerkenswerter Sprung nach vorn." Die Dame mit der strengen Frisur von dem Gemälde in der Eingangshalle leitete das Unternehmen von 1835 bis zu ihrem Tod 1863.

Über Umsatz oder Gewinn möchte von Stern nicht so gern sprechen. "Das Unternehmen ist wirtschaftlich noch intakt, aber wir hatten schon deutlich bessere Zeiten", sagt er nachdenklich. "Mein größtes Bestreben ist, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, aber wir mussten auch in der Vergangenheit immer wieder konsolidieren." Diversifikation sei alles, auch eine Kneipe, ein Café oder eine Kindertagesstätte seien schon angedacht worden. Auch eigene Verlegertätigkeit werde bereits praktiziert.

Im Internet-Zeitalter sieht Christian von Stern Gefahren und Chancen für das Unternehmen zugleich. "Das ist eine Herausforderung, aber auch Inspiration. Wir müssen selber Impulse geben statt uns nur anzupassen. Vielleicht müssen wir auch Sardinen in Büchsen verpacken. Dann können wir auch 500 Jahre alt werden, aber es wird ein verdammt harter Weg", sagt von Stern. "Um als Unternehmen so alt zu werden, muss man sich immer wieder neue Sachen einfallen lassen."